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Schwarz-Indien

Schwarz-Indien

Titel: Schwarz-Indien Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jules Verne
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Nell’s ganz im Ernste gesprochen habe?
    – Nein, Jack, das glaube ich kaum.
    – Nun, so werde ich es jetzt thun.
    – Du, im Ernste sprechen?
    – Mein lieber Harry, begann Jack, ich wäre im Stande, einem Freunde einen guten Rath zu ertheilen.
    – So thu’ es, Jack.
    – Nun, so höre! Du liebst Nell so innig, wie sie es verdient, Harry! Dein Vater, der alte Simon, und die alte Madge, Deine Mutter, lieben sie ebenfalls, als wär’ es ihr eigenes Kind. Es würde Dir nicht viel kosten, sie ganz zu Eurer Tochter zu machen. – Warum heirathest Du sie nicht?
    – Kennst Du denn, um so zuversichtlich zu sprechen, auch Nell’s eigene Meinung hierüber?
    – Darüber ist sich Jedermann klar, auch Du, Harry, und eben deshalb bist Du auch weder auf mich, noch auf irgend einen Anderen eifersüchtig. – Doch genug, die Leiter wird sich sogleich nach unten bewegen und…
    – Warte noch, Jack, bat Harry und hielt seinen Kameraden, der den Fuß schon von der festen Leiter zurückgezogen hatte, um ihn auf die bewegliche zu setzen, zurück.
    – Recht schön, Du willst mich hier wohl viertheilen lassen!
    – Höre mir aufmerksam zu,Jack, antwortete Harry, denn was ich sage, meine ich ernsthaft.
     

    Harry und Nell. (S. 141.)
     
    – Ich bin ganz Ohr… das heißt bis zur nächsten Bewegung der Leiter, nicht länger.
    – Jack, fuhr Harry fort, ich brauche Dir ja nicht zu verheimlichen, daß ich Nell liebe und sie herzlich gern zu meinem Weibe machen würde…
    – Das ist ja schön…
    – Doch wie sie jetzt noch ist, würde ich mir Gewissensbisse machen, von ihr eine für ewig bindende Erklärung zu fordern.
    – Was willst Du damit sagen, Harry?
    – Sieh, Jack, Nell hat die Tiefen der Kohlengrube, in der sie jedenfalls einst geboren wurde, noch niemals verlassen. Sie weiß nichts, sie kennt noch nichts von der Außenwelt. Ihre Augen, vielleicht auch ihr Herz, hat noch sehr Vieles zu lernen. Wer weiß, welche Gefühle sie haben wird, wenn sie erst andere Eindrücke vom Menschenleben erhalten hat! Jetzt hat sie, so zu sagen, noch gar nichts Irdisches an sich, und mir scheint, es hieße sie betrügen, bevor sie sich nach eigener Anschauung entschieden hat, ob sie den Aufenthalt in der Kohlengrube jedem anderen vorzuziehen Willens ist. – Verstehst Du mich nun, Jack?
    – Ja… so ungefähr…. Vorzüglich sehe ich schon, daß Du es dahin bringen wirst, mich auch die nächste Bewegung der Leiter verfehlen zu lassen.
    – Jack, antwortete Harry sehr ernsthaft, und wenn diese Maschinen sich niemals mehr bewegten, wenn die Leiter unter unseren Füßen verschwinden sollte, Du wirst hören, was ich Dir zu sagen habe.
    – Ah, Harry, so höre ich Dich gern zu mir sprechen. Wir beschließen also, daß Du Nell, bevor sie die Deine wird, erst noch in ein Pensionat nach dem alten Rauchfange schickst.
    – Nein, Jack, erwiderte Harry, ich werde die Erziehung Derjenigen, die mein Weib werden soll, schon selbst zu leiten wissen.
    – Und daran dürftest Du auch weit besser thun, Harry!
    – Vorher aber will ich jedenfalls, wie ich Dir eben sagte, daß Nell aus eigener Anschauung Kenntniß von der Außenwelt erhält. Ein Vergleich, Jack: wenn Du ein junges, blindes Mädchen liebst, von der man Dir sagte, »binnen einem Monat wird sie geheilt sein!« würdest Du nicht mit der Hochzeit warten, bis die Heilung da wäre?
    – Wahrhaftig, ja, antwortete Jack.
    – Nun wohl, Jack. Nell ist auch noch blind, und bevor sie meine Frau wird, will ich, daß sie es wisse, daß sie mich und meine Lebensverhältnisse vor anderen, die sie erst kennen lernt, vorzieht. Ihre Augen müssen mit Einem Worte erst das Licht des Tages gesehen haben!
    – Schön, Harry, sehr schön, rief Jack Ryan, nun verstehe ich Dich ganz. Wann wird diese Operation vor sich gehen?…
    – In einem Monat, Jack, Nell’s Augen gewöhnen sich allgemach an die Helligkeit unserer Strahlenbündel. Das ist die Vorbereitung. In einem Monat, hoffe ich, wird sie die Erde und ihre Wunder, den Himmel und seinen Glanz gesehen haben! Wird wissen, daß die Natur dem Blicke des Menschen einen weiteren Horizont ausgespannt hat, als den einer finsteren Kohlengrube. Sie wird erkennen, daß das Weltall keine sichtbaren Grenzen hat!«
    Während Harry sich so von seiner Phantasie hinreißen ließ, hatte Jack die Leiter verlassen und war auf den oscillirenden Apparat hinüber getreten.
    »He, Jack, rief Harry, wo bist Du denn?
    – Unter Dir, antwortete lachend der lustige Kamerad. Während Du

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