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Schwarz-Indien

Schwarz-Indien

Titel: Schwarz-Indien Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jules Verne
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ferner in dem Kohlenwerke verbringen, wie der alte Simon, wie Madge und Harry, so steht Dir das la frei! Ich zweifle nicht daran und würde diese Entscheidung sogar gern sehen. Du wirst dann aber wenigstens beurtheilen können, was Du ausschlägst und was Du annimmst, um ganz nach freiem Willen zu handeln. Komm also!
    – Komm, liebe Nell, bat auch Harry.
    – Harry, ich bin bereit, Dir zu folgen!« antwortete das junge Mädchen.
    Um neun Uhr führte der letzte Zug durch den Tunnel Nell und ihre Begleiter nach der Oberfläche der Grafschaft. Zwanzig Minuten später stiegen sie an dem Bahnhofe aus, in dem eine speciell für Neu-Abersoyte hergestellte Zweigbahn der Eisenbahn von Dumbarton nach Stirling mündet.
    Schon herrschte tiefe Dunkelheit. Vom Horizont nach dem Zenith bewegten sich in großer Höhe noch einige leichte Dünste, welche eine erfrischende Brise aus Nordwesten dahin trieb.
    In Dumbarton angekommen, verließen Nell und ihre Begleiter sofort den Bahnhof.
    Vor ihnen dehnte sich zwischen großen Bäumen eine lange, nach dem Ufer des Forth führende Straße aus.
    Der erste physische Eindruck, den das junge Mädchen empfand, war der der reinen Luft, die ihre Lungen begierig einsogen.
    »Athme recht tief, Nell, sagte James Starr, sauge sie ein, diese Luft mit allen belebenden Gerüchen der Landschaft.
    – Was ist das für Rauch, der da über uns hinzieht? fragte Nell.
    – Das sind Wolken, erklärte Harry, halb verdichtete Dunstmassen, die der Wind vor sich her treibt.
    – O, rief Nell, wie gern flög ich mit ihnen dahin. Aber was sind das für leuchtende Punkte, welche dort durch die Lücken in den Wolken schimmern?
    – Das sind die Sterne, von denen ich Dir erzählte, Nell. Es sind ebensoviele Sonnen, ebensoviele Mittelpunkte von Welten, welche wahrscheinlich der unsrigen gleichen.«
    Jetzt traten die Sternbilder auf dem dunkelblauen Firmamente, das der Nachtwind rein fegte, deutlicher hervor.
    Nell betrachtete die unzähligen Sterne, die über ihrem Kopfe kreisten.
    »Aber, sagte sie, wenn das Sonnen sind, wie kommt es, daß meine Augen deren Glanz vertragen?
    – Mein Kind, bemerkte James Starr, das sind wirklich Sonnen, aber solche, welche in unmeßbarer Ferne von uns wandeln. Der nächste dieser Sterne, deren Strahlen bis zu uns gelangen, ist die Wega, im Sternbild der Leier, welche Du dort nahe dem Zenith erblickst, und doch ist diese noch fünfzigtausend Milliarden Lieues von uns entfernt.
     

    »Sie und er?« – Niemals. (S. 148.)
     
    Ihr Glanz kann Dich hier also nicht blenden. Unsere Sonne aber wird morgen früh in einer Entfernung von achtunddreißig Millionen Lieues aufgehen, und kein menschliches Auge vermag sie direct anzusehen, denn sie leuchtet mehr als ein Schmelzofen. Doch komm jetzt, Nell, komm!«
     

    »Das sind die Sterne.« (S. 151.)
     
    Man wandte sich nach jener Straße. James Starr führte das junge Mädchen an der Hand. Harry ging auf ihrer anderen Seite. Jack Ryan lief hin und her, wie ein jnnger Hund, wenn ihm sein Herr zu langsam geht.
    Der Weg war menschenleer. Nell sah die Schattenrisse der großen vom Winde etwas bewegten Bäume an der Seite. Sie hielt dieselben für Riesen, welche ihre hundert Arme bewegten. Das Geräusch des Windes in den hohen Aesten, das tiefe Schweigen, wenn jener sich legte, die weite Linie des Horizontes, wenn die Straße eine Ebene durchschnitt, Alles erfüllte sie mit neuen Empfindungen und prägte sich ihrem Geiste mit unverlöschlichen. Zügen ein. Während sie zuerst eifrig Fragen stellte, schwieg Nell jetzt, und ihre Begleiter unterbrachen, wie durch gemeinsame Uebereinkunft, dieses Schweigen nicht. Sie wollten durch ihre Worte die empfindliche Einbildungskraft des jungen Mädchens nicht störend beeinflussen, sondern ihre Gedanken über das Alles sich ganz von selbst entwickeln lassen. Gegen halb zwölf Uhr erreichten sie das nördliche Ufer am Golf des Forth.
    Dort erwartete sie eine schon vorher von James Starr gemiethete Barke, welche die kleine Gesellschaft in wenigen Stunden nach dem Hafen von Edinburgh überführen sollte.
    Nell sah das zitternde und am Strande in Folge der Brandung leicht schäumende Wasser, welches mit flimmernden Sternen besetzt schien.
    »Ist das ein See? fragte sie.
    – Nein, antwortete Harry, das ist ein Golf mit fließendem Wasser, die Mündung eines Stromes, oder fast schon ein Meeresarm. Schöpfe ein wenig von diesem Wasser mit der hohlen Hand, Nell, und Du wirst sehen, daß es ganz anders schmeckt als

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