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Schwarz. Weiß. Tot.: Storys

Titel: Schwarz. Weiß. Tot.: Storys Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Deon Meyer
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Schuhmodel Maria, Signore?«, fragte ich.
    Er legte eine gepflegte Hand unter das Kinn. Der Denker. »Ja«, antwortete er endlich.
    »Sie ist tot«, sagte ich, mit einem Wink in Richtung Schuh.
    Er saß da wie eine Statue, sekundenlang. »Wie tragisch«, sagte er, und es klang aufrichtig. War er erblasst? Schwer zu sagen,
     wenn einer so braungebrannt war.
    »Signore, Sie haben meine Frage noch nicht beantwortet, ob es sich dabei um einen Ihrer Entwürfe handelt.«
    Wieder musterte er mich, meine Kleidung, mein Gesicht. »Ja, es ist mein Entwurf.«
    »Aber nicht Ihr Fabrikat?«
    »Nein.«
    Ich wartete. Er geriet nicht ins Schwitzen.
    »
La Camera di Sandri
«, sagte er schließlich.
    »Die Firma Sandri. Paolo Sandri? Hat er Ihren Entwurf gestohlen?«
    »


    »Aber wie?«
    Er lehnte sich in seinem Stuhl zurück und fuhr sich mit |116| den manikürten Fingern durch die Haare. »Ispettore, ich möchte ein Geständnis ablegen. Aber vorher würde ich gern meinen Anwalt
     anrufen.«
    »Selbstverständlich, Signore.«
    »Wissen Sie, ich war gestern bei Maria zu Hause. Um sie zur Rede zu stellen. Sie hat für mich gemodelt. Aber Maria hatte ein
     Problem. Ein Drogenproblem. Kokain. Das ist ein teures … Hobby.«
    »Und Paolo Sandri hat sie ausgehalten?«
    »
Sì.«
     
    Paolo Sandri. Der neue Stern am Schuhhimmel. Er war klein. Fast knabenhaft. Seine Haare waren silbrigweiß gefärbt, und er
     hatte kein Sitzfleisch. Unablässig war er in Bewegung. Zu viel überschüssige Energie. Er redete, gestikulierte und verzog
     dabei das ganze Gesicht, von den dunkelblauen Augen bis zu den vollen Lippen. Er protestierte. Er fluchte in der Art der Jugendlichen,
     mit amerikanischen Schimpfwörtern. Walter Tocci ist ein Soundso. Paolo Sandri bestiehlt niemanden. Sehen Sie sich bloß mal
     um, Ispettore, hier, überall. Meinen Sie, ich hätte es nötig, zu stehlen? Tocci. Er ist ein dies und jenes. Menschlicher Dreck.
     Doch dann, nach einigen Minuten, setzte er sich schließlich doch und bat darum, seinen Anwalt anrufen zu dürfen.
     
    Gatto saß auf der Treppe und wartete auf mich. Er war wirklich kein schönes Tier. Rostbraun, schwarz und weiß. Die Ohren zerfetzt
     von tausend Katzenkämpfen. Eines seiner Augen war grün, das andere braun. Am linken Schulterblatt |117| hatte er eine kahle Stelle. Er wartete, bis ich an ihm vorbei war, dann stand er geduldig auf und lief mir hinterher.
    »Tut mir leid, dass ich so spät komme«, sagte ich.
    Er antwortete mir nie. Er war ein guter Zuhörer. Ich schloss die Wohnungstür auf und ließ ihn voranschreiten. Langsam. Würdevoll.
    Er stolzierte in die Küche und setzte sich an der Stelle, an der die Dielen jämmerlich knarzten. Sein Lieblingsplatz. Ich
     rollte das Zeitungspapier auf, in das die Sardinen eingewickelt waren, und begann, die Fische in Stücke zu schneiden. Seine
     Zähne waren nicht mehr die besten.
    »Es gibt drei Verdächtige«, begann ich. Er drehte mir sein eines halbes Ohr zu und zuckte kurz mit dem Schwanz.
    »Jeder hat ein Motiv. Maria hat Walter Tocci, den Schuhdesigner, hintergangen. Gestern Abend hat sie es ihm gebeichtet. Und
     dann hat sie Paolo Sandri angerufen, der die Entwürfe anderer kopiert. Er ist noch jung, ein aufstrebender Unternehmer. Ehemaliges
     Model. Er war sehr wütend auf sie. Und auch er hat sie gestern Abend besucht. Sie haben sich gestritten.«
    Ich schob den Fisch vom Schneidebrett in Gattos Futternapf und stellte diesen vor ihn hin. Träge stand er auf und schlich
     näher. Er schnupperte an dem Futter.
    »Ganz frisch. Signora Angelo hat es mir versprochen.«
    Er begann zu fressen.
    »Und dann haben wir noch Pierluigi Castagnetti, ihren Freund. Exfreund. Der hat behauptet, in Korsika gewesen zu sein. Sie
     hat ihn vor kurzem verlassen.«
    Ich schob einen Stuhl an den Tisch und setzte mich.
    »Vielleicht könnte man auch Signora Fabricius, ihre |118| Agentin, zum Kreis der Verdächtigen zählen. Marias Verrat hätte auch ihrer Firma schaden können. Aber Dottore Visconti behauptet,
     der Mörder müsse ein Mann gewesen sein.«
    Ich streckte den Arm aus und zog das Foto von Claudia zu mir heran. Von meiner Claudia. Ich seufzte.
    Gatto blickte auf und sah mir für einen Moment in die Augen.
    »Aber wenn wir richtig kombinieren, wissen wir, wer der Schuldige ist. Denn wir sind in der Lage, objektiv zu beobachten.
     Wir gehören nicht zu diesen Kreisen. Wir sind
verruche
. Schönheit ist uns nicht in die Wiege gelegt. Ein kleiner

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