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Schwarz. Weiß. Tot.: Storys

Titel: Schwarz. Weiß. Tot.: Storys Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Deon Meyer
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getrennt.«
    »Kennen Sie den Mann?«
    »Ja, er arbeitet auch als Model für uns, aber er würde nie …«
    »Ich verstehe, Signora Fabricius. In diesem Stadium der Ermittlungen sind wir noch dabei, Informationen zu sammeln. Wir müssen
     alles wissen, auch wenn es Ihnen unwichtig erscheinen mag.«
     
    Sein Name war Pierluigi Castagnetti, und er behauptete, Maria sei ein Biest gewesen.
    Er machte viel Aufhebens um seine Haare, die lang, dick und schwarz herunterhingen, meist in seine Augen. Die nackten Arme,
     die aus den T-Shirt-Ärmeln herausragten, waren stark und muskulös.
»Ha scopato intorno«
, sagte er. Sie habe ihn ständig mit anderen Männern betrogen, deshalb habe er sie verlassen. Mit den Händen unterstrich er
     seine Worte. Selbst für einen Italiener gestikulierte er viel. Verdorben sei sie gewesen und verschwenderisch. Sie habe Kokain
     geschnupft und nie Geld gehabt, selbst wenn sie zehntausend Euro im Monat verdiente –
»con i suoi piedi maledetti«
. Mit ihren verdammten Füßen. Sie sei mit jedem ins Bett gehüpft, der ihr half, ihre Sucht zu befriedigen oder ihr Budget
     aufzubessern. Ja, ein richtiges Biest, aber es habe eine Weile gedauert, bis er es herausgefunden habe, sagte er und warf
     zum x-ten Mal die Haare in den Nacken.
    |110| »Wo waren Sie vorgestern Abend?«, fragte ich, schon im Gehen begriffen, und er antwortete, er sei auf Korsika gewesen, bei
     einer Fotosession für die
Femina
.
    Und dann, als ich schon an der Tür war, sagte er ganz unverblümt:
»Le vostre verruche, Ispettore …«
Ihre Warzen, Inspektor.
    »Sì?«
    »Può essere rimosso.«
Kann man entfernen lassen.
    »Weiß ich.«
     
    In Mailand war diese Gegend als
triangolo dorato
bekannt, das Goldene Dreieck. Es umfasste nur einen Quadratkilometer und wurde begrenzt von der Via della Spiga, Via Monte
     Napoleone und Via Sant’Andrea. Dort waren sie alle ansässig: Miuccia Prada, Gianfranco Ferré, Giorgio Armani, all die weltberühmten
     Namen.
    Flavio’s, das große Schuhgeschäft, befand sich in der Via della Spiga Nummer 127. Als ich die Tür öffnete, kam mir ein junges
     Pärchen entgegen. Der Mann warf einen Blick auf mein Sakko und flüsterte der Frau etwas ins Ohr. Sie sah sich um, jedoch mit
     einem nicht ganz so gehässigen Blick wie er.
    Ich stellte mich einer Verkäuferin vor – groß, schlank, im Minirock – und zog den Pump aus der braunen Papiertüte. »Kann mir
     bei Ihnen vielleicht jemand über dieses Modell Auskunft geben? Es handelt sich um ein Beweisstück.«
    »Ist das Blut?«
    »Ja.«
    »
Il mio dio!
Warten Sie, ich hole Ihnen Carlo.«
    Als Carlo von hinten aus einem Büro kam, erschien er |111| mir zunächst zu jung, um von irgendetwas eine Ahnung zu haben außer von Schulbüchern. Er war komplett in schwarzes Leder gekleidet
     und musterte mich von Kopf bis Fuß. »Wir haben einige Gucci-Modelle im Angebot«, bemerkte er herablassend.
    »Meine Schuhe sind überaus bequem, danke sehr«, erwiderte ich.
    Ich stellte mich vor und zeigte ihm den Schuh, der in einer durchsichtigen Plastiktüte steckte.
    »Ist sie tot?«
    »Ja.«
    »
Scopata
. Was möchten Sie wissen?«
    »Was können Sie mir über diesen Schuh erzählen?«
    Er nahm ihn mir aus der Hand, drehte und wendete ihn.
    »Komisch«, sagte er.
    Ich wartete. Zwei junge Frauen stolzierten vorbei, behängt mit Einkaufstüten. Schöne Frauen: Mit feingliedrigen Beinen schwebten
     sie elegant auf ihren hohen Absätzen einher.
    »Ich wusste gar nicht, dass die schon erhältlich sind«, sagte Carlo, und im ersten Moment dachte ich, er meine die Frauen,
     aber dann sah ich, dass er noch immer den Schuh betrachtete.
    »Oh«, sagte ich.
    »Dieses Modell sieht aus wie eines aus der Chiodo-Kollektion von Walter Tocci, aber mit der rechnen wir nicht vor September.«
    Ich zückte mein Notizbuch. »Und woher wissen Sie, wie die Modelle dieser Chiodo-Kollektion aussehen?«
    »Weil ich bei der
Molla ed Estate -
Präsentation war«, antwortete |112| er in einem Ton, als wisse das außer mir jeder. »Im Januar.«
    »Also sind diese Schuhe im Einzelhandel noch nicht erhältlich?«
    »Wenn das so wäre, wären wir die Ersten, die sie anbieten würden«, erwiderte er in demselben überheblichen Ton.
     
    Bei Walter Tocci empfing man mich mit der Auskunft, der Lieferanteneingang sei hinten, bis ich erklärte, dass ich
Ispettore
Ferdinando Adornato vom
Reparto di Giustizia
sei und Tocci persönlich sprechen wolle – im Zusammenhang mit einem

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