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Schwarz wie Samt

Schwarz wie Samt

Titel: Schwarz wie Samt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Maya Trump
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jeden Tag aufs Neue zu entscheiden, was ich tun oder lassen könnte. Niemand machte mir Vorschriften. Aber der Alltag sollte mich schneller einholen, als ich ahnte.
    Schon am nächsten Morgen fand ich auf meinem Frühstückstablett eine Nachricht aus Kenia. Frau Koch wollte mich nicht so früh wecken, aber um Neun Uhr empfing ich die Nachricht: Meine Mutter hatte angerufen und mitgeteilt, dass mein Vater ins Krankenhaus gekommen war. Er hatte einen Herzinfarkt erlitten. Ich sollte zuhause anrufen.
    Nachdem mein Telefon noch nicht angemeldet war, musste ich ins Hotel hinübergehen und telefonieren. Meine Mutter hörte sich sehr besorgt an. Sie würden Vater nach Kairo fliegen um ihn dort operieren zu lassen, sobald es sein Zustand erlaubte. Die medizinische Versorgung im Krankenhaus in Nairobi war nicht besonders gut, betonte meine Mutter und sie musste sich intensiv um Vater kümmern, da das Personal nicht gut ausgebildet war. Ich bot ihr an sofort nach Kenia zu kommen, aber sie bestand darauf, dass ich vorerst in Berlin blieb. Sie würde mich auf dem Laufenden halten.
    Meine gute Laune war erst einmal verflogen. Ich liebte meinen Vater über alles. Er war immer mein Fels in der Brandung. Ein Herzinfarkt war sicher eine schlimme Sache. Ich hatte Angst um ihn. Doch ich konnte Nichts tun.
    Deshalb machte ich mich sofort auf den Weg zur Universität, um mich einzuschreiben. Es war das Beste, sofort mit dem Studium anzufangen, damit ich abgelenkt war. Das erste Semester begann bereits in drei Wochen.
    Diese Zeit wollte ich nutzen, um einige Renovierungsarbeiten in der „Grünen Oase“ einzuleiten. Frau Koch war froh, als ich ihr mitteilte, dass ich die Lobby freundlicher gestalten wollte. Obwohl sie auf mich wie eine alte Gouvernante wirkte, war sie jeder Neuerung aufgeschlossen. Von ihr kam der Vorschlag, neue Korbmöbel anzuschaffen, um den Vorraum gemütlicher zu gestalten. Natürlich konnten wir nicht so viel verändern, wie ich mir gewünscht hätte. Mein Budget war zu klein. Aber die kleinen Neuerungen würden auch ihre Wirkung zeigen. Wir könnten versuchen, etwas im Kolonialstil zu renovieren, meinte Frau Koch. Ich musste über diesen Vorschlag lachen, denn den Kolonialstil hatte ich in Kenia zur Genüge kennen gelernt. Jedes Hotel dort war, wenn es etwas auf sich hielt, auf diese Weise eingerichtet. Es fiel mir deshalb nicht schwer, ihren Vorschlag aufzugreifen. Da befand ich mich geschmacklich auf sicherem Boden. Frau Koch würde mit ihrem ganzen Erscheinungsbild hervorragend in eine solche Einrichtung passen. Ihre langen Röcke, ihre Rüschenblusen und die gelockten, aber zu einem Knoten gebändigten Haare über der hohen Stirn waren wie aus dem letzten Jahrhundert. Ein bisschen Nostalgie würde zum Rest des Hotels passen.
    Die Fassade musste auch verändert werden, denn der blass blaue Anstrich sollte einer sanften gelben Tönung weichen. Eine grüne Leuchtschrift mit dem Namen des Hotels würde über dem Eingang stehen. Zu guter Letzt bemühten wir doch einen Innenarchitekten, der unsere gemeinsamen Ideen unter einen Hut brachte.
    Bereits nach drei Wochen war es so weit. Die meisten Änderungen waren vollbracht. Wir konnten eine kleine Einweihungsparty geben. Die Renovierung würde zwar noch etwas länger dauern, aber alle waren von dem bisherigen Ergebnis begeistert und das musste gefeiert werden. Frau Koch hatte einen kleinen Kreis der häufigsten Gäste eingeladen und ich hatte Ivan verständigt. Er würde natürlich auch Marek mitbringen. Von ihm hatte ich in den letzten Wochen nur ab und zu eine Postkarte erhalten. Es war immer das Gleiche darauf gestanden: „Du fehlst mir! Ich liebe Dich. Bis bald. Dein Marek.“ Ich fand diesen Text nach dem dritten Mal bereits ziemlich langweilig. Fiel ihm denn nicht mehr ein?
    Doch dann stand er vor mir. Braun gebrannt, mit hochgekrempelten Hemdsärmeln, strotzend vor Kraft und Tatendrang. Er wirbelte mich durch die Luft, als ob ich eine Feder wäre. „Marek, lass mich herunter!“ rief ich erschrocken. Er setzte mich ab und drückte mir dabei fast die Luft ab, indem er mich über und über mit Küssen bedeckte. Auf so eine stürmische Begrüßung war ich nicht vorbereitet gewesen.
    Ivan stand daneben und verfolgte das Schauspiel amüsiert. „Lass mir auch ein bisschen von dem Goldstück übrig“, sagte er gut gelaunt. Er umarmte mich ebenfalls und drückte mir einen Kuss auf die Wange. „Heute Abend wollen wir richtig feiern“, sagte Ivan, indem er sich auf

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