Schwarz wie Samt
mir diese Gedanken durch den Kopf gingen, näherte sich die Party ihrem Ende. Frau Koch fing an, die leeren Schüsseln des Buffets wegzuräumen. Ein paar tanzten noch selbstvergessen im hinteren Teil der Lobby. Die schönen Möbel waren beiseitegeschoben worden und das Personal war bereits gegangen. Marek und Ivan saßen auf zwei Hockern vor dem Tresen und unterhielten sich. Plötzlich wurde ihre Unterhaltung lauter.
Ivan packte Marek an der Schulter und zerrte ihn vom Hocker. Er schrie: „Du bist nicht nur ein lausiger Musiker, du mischt dich auch in alle meine Angelegenheiten!“
Marek schrie zurück: „Arven ist nicht deine Angelegenheit, da verwechselst du etwas!“
Es ging um mich! Warum stritten sie? Ich musste sofort etwas tun. Bevor ich jedoch zwischen die beiden gehen konnte, hatte Ivan schon ausgeholt und zugeschlagen. Marek fiel mit dem Rücken gegen eine Säule und ging zu Boden. Er hielt sich das Kinn und als ich ihm half aufzustehen, sah ich, dass er aus der Nase blutete.
Ivan stand schon wieder neben mir und rief: „Glaube nur nicht, dass ich nicht weiß, was hier vorgeht!“ Dabei sah er abwechselnd mich und Marek an. Ich stellte mich schützend vor Marek und antwortete ebenso laut und gereizt: „Jetzt reicht es! Ihr seid betrunken! Entschuldige dich bei Marek für diese Verletzung!“ Doch Ivan drehte sich um und ging wortlos aus dem Hotel. Frau Koch kam mit einer Schüssel kalten Wassers und einem Lappen. Wir wischten Marek das Blut ab und setzten ihn auf einen Sessel. Marek sah mich schuldbewusst an:
„Du musst glauben, wir sind Raufbolde“, sagte er kleinlaut. „Es ist völlig egal, was ich glaube“, antwortet ich ihm,
„Hauptsache ihr legt diesen Streit wieder bei.“ Marek stand auf und wir gingen zu meinem Häuschen. Ich machte erst einmal einen Kaffee, um ihn wieder aufzumuntern. Wir waren beide so aufgelöst, dass wir unmöglich schlafen konnten. Marek saß auf dem Sofa und sah zu mir auf, als ich ihm den Kaffee einschenkte. In seinem Blick lag Enttäuschung .Er sagte mit Vorwurf in der Stimme:
„Ich wusste nicht, dass du mit Ivan auch etwas angefangen hast!“
„Was soll das heißen?“, erwiderte ich aufgebracht: „er ist mein Cousin und ich war nur freundlich zu ihm!“
„So kann man das natürlich auch nennen“, antwortete Marek, indem er in seinem Kaffee herumrührte.
„Er nennt dich immer sein Goldstück und vor zehn Minuten hat er mir mit diesem Schlag ins Gesicht klar gemacht, dass du zu ihm gehörst.“ Ich musste mich hinsetzen. Wie kam Ivan auf die Idee, ich würde ihm gehören? Marek sagte weiter:
„Er wird mich aus der Band werfen, wenn ich nicht die Finger von dir lasse“, hat er mir angedroht. „Das wäre für mich eine Katastrophe!“
„Aber ich habe mit Ivan nichts angefangen“, beteuerte ich noch mal. Marek sah mich niedergeschlagen an:
„Du kennst ihn nicht!“, sagte er leise. „Er hat mich in der Hand!“
„Was heißt das: „Er hat dich in Hand?“, fragte ich noch immer ziemlich aufgebracht.
„Ich kann es dir im Moment nicht erklären, aber es ist eine Tatsache“, antwortete Marek, dabei sah er mit leerem Blick an mir vorbei. Dann stand er auf und sagte, bitte rufe mir ein Taxi. Ich kann heute nicht bei dir bleiben.
Ich ging auf ihn zu und umarmte ihn: „Aber warum denn? Ivan ist doch gegangen. Bitte bleib bei mir“, sagte ich. So hatte ich mir den Abschluss dieses Abends nicht vorgestellt.
Doch Marek löste sich sanft aus meiner Umarmung und ging zum Telefon. Er rief ein Taxi. Er sagte: „Arven, es tut mir leid, dass es so kommen musste, aber ich melde mich wieder bei dir!“ Damit verließ er mein Haus. Ich sah ihm nach, wie er gebeugt und mit schleppenden Schritten über den Kiesweg zum Hotel ging, wo bereits das Taxi auf ihn wartete.
Warum hatte er solche Angst vor Ivan? Ich musste es herausfinden. Ich wollte Marek nicht verlieren. Ich fand in dieser Nacht keinen Schlaf. Ich überlegte alle möglichen Gründe, warum Marek von Ivan so abhängig war. Morgen würde ich Frau Koch fragen, vielleicht hatte sie eine Ahnung, was zwischen den beiden vorgefallen war.
Am nächsten Tag erhielt ich einen Anruf meiner Mutter. Sie waren bereits in Berlin gelandet und kamen direkt mit dem Taxi in „Die grüne Oase“. In Berlin war es bereits herbstlich. Der Garten hinter meinem Haus sah trist aus und die Rosenbüsche, die den Kiesweg säumten, waren längst verblüht und bekamen braune Blätter. Der Gärtner hatte um das Hotel herum
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