Schwarz wie Samt
Wir verbrachten den Tag abwechselnd auf Salmans einfachem Lager und in seiner kleinen Wohnküche. Ich war so glücklich mit ihm.
Er verzichtete darauf, in die Universität zu gehen, so lange ich hier war. Er wollte mit mir zu den Pyramiden fahren. Dazu mieteten wir uns ein Auto mit Fahrer und starteten am nächsten Morgen sehr früh. Obwohl ich die Pyramiden aus dem Fernsehen oder von Abbildungen kannte, war ich davon überwältigt. Wir kletterten ein Stück weit die Königspyramide hinauf, doch auf halber Höhe bekam ich plötzlich Höhenangst und Salman musste mich festhalten. Ich konnte nur in die Ferne sehen. Es war ein atemberaubendes Panorama. Wir setzen uns auf den heißen Stein und genossen die Stille. Salman sagte: „Gut dass wir so früh hier sind, später kommen hier die Touristenbusse und dann ist es aus mit dem Frieden. Einige Araber mit Pferden standen bereits am Fuß der Pyramiden bereit, um Touristen abzufangen. Er zeigte mit dem Finger auf sie und bemerkte: „Das sind die Geier, die auf ihre Opfer lauern.“ Ich musste lachen. Anschließend fuhren wir noch nach Memphis, um uns die Königsstadt anzusehen. Salman kaufte für mich einen kleinen goldenen Anhänger, der den Kopf der Nofretete darstellte. Er überreichte ihn mir mit dem Satz: „Für meine Königin“.
Die großen Statuen am Eingang zum Mausoleums waren beeindruckend und ich fühlte mich zurückversetzt in die Zeit der Pharaonen. Die Händler mit ihren bunten Gewändern und Ständen, die von Edelsteinfiguren und Schmuck überladen waren, schienen aus einer anderen Welt zu stammen. Der Boden war sandig und es wehte ein heißer Wind. Als wir zurück zu unserem Taxi kamen, hatte sich bereits eine feine Staubschicht auf unsere Kleidung gelegt. Es nutzte nichts, dass ich mich abklopfte und Salman kommentierte mein sinnloses Tun mit den Worten: „Du wirst dich daran gewöhnen, dass hier alles mit diesem Goldstaub überzogen ist.“ Er rechnete offensichtlich damit, dass ich bei ihm blieb.
Mir wurde das Herz schwer. Ich wusste noch immer nicht, wie ich mich entscheiden sollte. Ich liebte Salman und konnte mir kaum vorstellen, wieder in das kalte Berlin zurückzukehren.
Doch ich musste den Rechtsstreit mit Ivan durchstehen. Salman hatte mir klar gemacht, dass meine Chancen wirklich nicht gut standen. Er kannte zwar das deutsche Erbrecht nicht, wie er zugab, aber allein aus dem Brief des Anwalts, den ich ihm vorgelesen hatte, schloss er, dass meine Aussichten, dieses Erbe voll zu erhalten, ziemlich aussichtslos waren. Er hatte mir empfohlen, meine Mutter einzuschalten, die sicher mehr über die Gründe aussagen konnte, warum mein Onkel mir und nicht seinem Sohn die Immobilien hinterlassen hatte. Wahrscheinlich war es wirklich die einzige Möglichkeit, Licht ins Dunkel zu bringen.
Ich beschloss meinen Flug umzubuchen und nach Nairobi zu fliegen, so sehr ich es hasste, sie wieder mit der Angelegenheit zu behelligen. Vielleicht würde meine Mutter mit mir nach Berlin kommen und mir helfen, die Angelegenheit zu regeln. Schließlich verdankte ich die Erbschaft ihrem Bruder Jacob, der sicher einen Grund gehabt hatte, warum er mich und nicht seinen Sohn Ivan als Erben eingesetzt hatte. Ich hatte das Gefühl, dass ich noch immer nur die halbe Wahrheit wusste.
Eingestaubt und müde kamen wir um Mitternacht in Salmans Wohnung an. Wir duschten gemeinsam in seiner kleinen Wohnküche, die gleichzeitig Bad und Küche war und setzten alles unter Wasser. Als wir unter die dünne Baumwolldecke krochen und Salman sich an mich schmiegte, fühlte ich mich so geborgen, dass ich ihm ins Ohr flüsterte: „Ich will für immer bei dir bleiben, heirate mich Salman.“
8. Kapitel
Als ich als Mrs. Martinez in Nairobi aus dem Flugzeug stieg, regnete es in Strömen. Tropfnass kam ich vor der Botschaft an. Die Wachen hatten wieder einmal gewechselt, sie kannten mich nicht. Sie wollten meinen Ausweis sehen, bevor sie mich aufs Grundstück ließen. Ich zeigte ihnen meinen alten Pass, der noch meinen Geburtsnamen trug, da sie mich bei meinen Eltern anmelden mussten. Sie nahmen sofort eine devote Haltung an, als sie Lassnig lasen und eskortierten mich zum Eingang. Mein Vater war in seinem Büro und meine Mutter war unterwegs.
Ich wurde von den Hausangestellten freundlich begrüßt und meine frühere Nanny, die jetzt als Mädchen für alles arbeitete, sagte: „Aber Arven, ich habe dein Zimmer gar nicht hergerichtet, niemand hat mir gesagt, dass du kommst.“
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