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Schwarz wie Samt

Schwarz wie Samt

Titel: Schwarz wie Samt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Maya Trump
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„Beruhige dich, Marisa, gab ich ihr zur Antwort, „niemand weiß, dass ich komme, es soll eine Überraschung sein!“ Natürlich war mein Vater telefonisch verständigt worden. Er kam eine halbe Stunde später aus seinem Büro, trotz der Besprechung, die gerade stattfand, und empfing mich mit offenen Armen: „Liebling, wie schön, dass du uns besuchst!“ rief er und umarmte mich. „Das ist ja eine schöne Überraschung!“
    Im ersten Moment wollte ich ihm erzählen, dass ich geheiratet hatte und wie glücklich ich war. Ich nahm mich stattdessen zusammen und sagte: „Ich freue mich auch riesig, wieder bei Euch zu sein. Leider komme ich hauptsächlich wegen dieser Erbgeschichte, die jetzt auf mich zukommt. Mein Vater ließ mich wieder los und sah mich an, ernst entgegnete er: „Wir wollen nicht gleich heute Probleme wälzen. Heute Abend gehen wir erst mal richtig aus und du musst uns erzählen, was in Berlin so los ist.“
    Die Begrüßung mit meiner Mutter viel weniger euphorisch aus. Sie sagte mit vorwurfsvoller Stimme: „Du hättest dich wenigstens telefonisch anmelden können. So muss ich alle Termine für die nächsten Tage absagen.“ Meine Mutter hasste Überraschungen. Sie war ein Mensch, der am liebsten alles bis ins kleinste Detail plante. Sie ging nie ohne ihren Terminkalender aus, der dick wie ein Telefonbuch war und sie notierte darin akribisch jedes Gespräch und alle Verabredungen, ob sie nun wichtig waren oder nicht. Ich hatte ihn einmal aus Langeweile durchgeblättert und als sie mich dabei ertappte, gab es fürchterlichen Ärger. Als ob ich ein Sakrileg begangen hätte.
    Der Abend in einem indischen Lokal, wo meine Eltern häufig Gäste bewirteten, verlief sehr harmonisch. Die Kellner lasen meiner Mutter jeden Wunsch von den Augen ab und es war selbstverständlich, dass wir die ganze Aufmerksamkeit des Personals und der Gäste hatten. Ich war gar nicht mehr daran gewöhnt, so im Mittelpunkt zu stehen und fühlte mich bei jedem Bissen beobachtet. Die legeren Sitten, die ich mir in Berlin angewöhnt hatte, musste ich wieder vergessen. Trotzdem genoss ich es, fein zu speisen und gepflegte Konversation zu machen.
    Während der zehn Tage mit Salman hatte ich einige Kilogramm abgenommen, denn das Essen hatten wir oft einfach vergessen. Ich war wieder so schlank wie nach dem Abitur. Mein Vater konnte es sich nicht verkneifen, mich zu fragen, ob das Essen in meinem Hotel so schlecht war, dass man lieber darauf verzichtete. Ich schüttelte nur den Kopf und antwortete, dass das Studium so anstrengend wäre und ich einfach nicht immer Zeit zum Essen hatte. Meine Eltern freuten sich sehr darüber, dass ich ernsthaft studierte und gute Ergebnisse nachweisen konnte.
    Als ich spät nach Mitternacht in meinem alten Bett lag und mir überlegte, wie ich es meinen Eltern beibringen sollte, dass ich Hals über Kopf Salman geheiratet hatte, verließ mich aller Mut. Ich fand kaum Schlaf in dieser Nacht und am nächsten Morgen fasste ich den Entschluss, ihnen vorerst nicht die Wahrheit zu sagen. In meinem tiefsten Inneren spürte ich auch so etwas wie Besorgnis, dass ich vielleicht unüberlegt und viel zu schnell diese Entscheidung getroffen hatte. Doch das unbeschreiblich gute Gefühl, das ich in seinen Armen erlebte, entschädigte mich für all die Vertrauensbrüche der Vergangenheit. Und ich war süchtig nach seinen Berührungen und nach dem Sex, der mich alles vergessen ließ.
    Es war für mich schlimm genug, dass ich meiner Mutter erklären musste, wie sich die Rechtslage in meiner Erbstreitigkeit darstellte. Sie reagierte darauf, wie ich es erwarte hatte: mit einem hochroten Kopf, hysterischem Weinen und wüsten Beschimpfungen über Ivan. Sie wollte es nicht verstehen, dass ich die Sache unbedingt allein durchfechten wollte. Mein Vater hielt sich aus der Diskussion völlig heraus. Aber auch das war normal. Meine Mutter betonte immer wieder, wie gut sie Ivan kannte und wie wenig Ahnung ich von seiner Bösartigkeit hatte. Ihre Einschätzung von Iwan gipfelte in der Aussage: „Du wirst sehen, er wird dich vernichten mit allem was ihm zur Verfügung steht.“
    Über so viel Agression konnte ich nur den Kopf schütteln. Ich hatte Iwan auch näher kennen gelernt und mein Eindruck war viel harmloser gewesen. Er hatte sich um mich bemüht, hatte mir regelrecht den Hof gemacht und mit der Hilfe, die er im Hotel geleistet hatte, war er für mich eine große Entlastung gewesen. Dass er mir plötzlich mein Erbe streitig

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