Schwarz wie Samt
einfaches Formular und der Beamte gab uns die Hand und beglückwünschte uns. Damit waren wir entlassen.
Als wir wieder auf der Straße standen, umarmte mich Salman und steckte mir einen Ring aus Roter Koralle an den Finger. Wir fuhren dann in ein kleines Hotel am Stadtrand von Kairo direkt am Nil, um dort eine Nacht zu verbringen. Diese kleinen Hotels waren auf Hochzeitsgäste vorbereitet. Bereits am Eingang wurden wir mit Blumen begrüßt und zu unserer Suite geleitet. Der Boden des Schlafraumes war mit Blütenblättern übersät und Räucherkerzen verströmten einen betäubenden Duft von Moschus und Sandelholz. Ich hatte keine Ahnung gehabt, dass Salman für uns ein solches Zimmer reserviert hatte und er freute sich über die gelungene Überraschung.
Es war wie im Märchen. Ein Sonnenuntergang über dem Nil und ein Tablett mit kleinen Köstlichkeiten, die wir auf der kleinen Terrasse zu uns nahmen waren der romantische Rahmen unserer Hochzeitsnacht. Als es dunkel wurde und die ersten Sterne erschienen, trug mich Salman auf das vorbereitete Lager. Für ägyptische Frauen war dies der Moment, für den sie sich ein Leben lang aufbewahrt hatten und den sie mit Furcht herbeisehnten. Für uns wurde es eine Nacht der Leidenschaft, die erst im Morgengrauen in erschöpftem Schlaf endete.
Es war meine letzte Nacht mit Salman in Kairo gewesen und mein Abflug am Nachmittag war ein Abschied für mindestens einen Monat. So lange würde es dauern, bis ich den Gerichtstermin hinter mir hatte und unsere Hochzeitsfeier in Deutschland vorbereiten konnte.
Die Tage in Nairobi vergingen viel zu schnell und als ich zusammen mit meiner Mutter im Flugzeug saß und Afrika unter uns in den Wolken verschwand, fühlte ich, dass ich nicht so bald zurückkehren würde.
Meine Mutter schlief im Flugzeug immer sofort nach dem Start ein und so konnte ich ungestört aus dem Fenster schauen und meinen Gedanken nachhängen. Die Hektik, die zu Hause in Nairobi unseren Tag bestimmt hatte, war mir sehr auf die Nerven gegangen. Ich würde mindestens eine Woche brauchen, um wieder zur Ruhe zu kommen. Meine Mutter verstand es, nicht nur die Angestellten in ständigem Aufruhr zu halten, auch mein Vater und ich waren durch ihre ununterbrochenen Aktivitäten und Zeitvorgaben gestresst und übellaunig geworden.
In Berlin konnte ich mich in mein Haus zurückziehen und Mutter würde im Hotel wohnen. Ich war trotzdem etwas erleichtert, dass sie mit nach Berlin kam, um die Angelegenheit mit Iwan noch einmal zu besprechen, denn sie kannte ihn besser und ich hoffte, dass sie ihn umstimmen würde.
Gloria Lassnig schlief nicht so fest, wie ihre Tochter annahm, sie tauchte in Gedanken in die Vergangenheit ein. Denn immer wenn sie die Augen schloss, wurde sie von ihren Erinnerungen aus der Kindheit oder Jugend wieder eingeholt. In einem Hotelbetrieb aufzuwachsen, in dem die Eltern so beschäftigt waren, dass sie kaum nach ihren Kindern sehen konnten, war für sie und ihren Bruder Jacob schwer gewesen. Sie hatten nur sich, denn die wenigen Freunde waren aus Familien, die geringe oder gar keine finanziellen Mittel hatten, ihre Kinder so zu versorgen, wie es für die Geschwister selbstverständlich war. Sie hatten die modernste Kleidung, die schönsten Spielsachen und das beste Essen, das in der DDR zu bekommen war. Beziehungen waren auch in der DDR von jeher das Wichtigste gewesen. Und die Eltern verfügten durch die Hotelgäste, die zum großen Teil hohe Beamte der kommunistischen Partei waren, über viele gewinnbringende Verbindungen.
Gloria hatte erst Jahre später erfahren, dass ihr Vater neben seinem Hotelgewerbe eine große Nummer auf dem Schwarzmarkt war. So waren sie zu Außenseitern geworden, was in der sozialistischen Gesellschaft große Probleme brachte. Besonders Jacob hatte darunter zu leiden, denn er wurde von den Lehrern oft als Beispiel vorgeführt, wie schlecht erzogen er war. Jacob drückte sich so oft es ging, um die Pflichten, die ein Jugendlicher in der DDR hatte. Er nahm nicht an den Veranstaltungen teil, die vom Kader vorgeschrieben waren und besuchte auch die Jugendgruppen der sozialistischen Arbeiterbewegung nur widerstrebend. Dort fiel er auf, weil er sich entweder der Meinung enthielt oder die Vorschriften missachtete.
Wenn dann die Eltern wiederholt vorgeladen wurden und sich Belehrungen über ihre Erziehung anhören mussten, gab es zu Hause drastische Strafen. Jacob wurde ohne Essen und Trinken einen Tag lang in die Wäschekammer
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