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Schwarz wie Samt

Schwarz wie Samt

Titel: Schwarz wie Samt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Maya Trump
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sie wieder zu sehen, telefonierten wir nur miteinander. Meine Mutter hatte bereits mit dem Anwalt gesprochen, der sie in den Zeugenstand rufen würde. Mit meinem Einverständnis würde sie dann die Briefe meines Vaters als Beweismittel vorlegen. Der Anwalt war zuversichtlich, dass wir damit den Prozess gewinnen würden.
    Ivan begrüßte uns im Foyer des Gerichts mit einem strahlenden Lächeln. Zu meiner Mutter sagte er: „Gloria, wie schön, dich wieder zu sehen!“ Meine Mutter verweigerte ihm den Handschlag und sagte zu mir leise: „Impertinent, er ist einfach impertinent!“ Mich hatte Ivan nicht einmal angesehen, er behandelte mich wie Luft. Wir gingen schnell an ihm vorüber und folgten unserem Anwalt in den Gerichtssaal. Ich ging mit ihm nach vorne und meine Mutter nahm im Zuschauerraum Platz.
    Das Hohe Gericht erschien zu dritt und wir durften uns setzen. Zunächst wurde die Anklageschrift vorgelesen, was man mir und meiner Mutter vorwarf: „Erschleichung des Erbes und unrechtmäßige Besitznahme von Grundstücken und Häusern.“ Dann folgte eine lange Ausführung, was diese Ansprüche alles beinhalteten. Auch ein früheres Testament Onkel Jacobs wurde verlesen und das neuere, nach dem das Erbe an mich gegangen war. Zunächst kam der Gegenanwalt zu Wort. Er erklärte noch einmal in aller Ausführlichkeit, was man uns vorwarf und dass besonders ich eine heimliche Beziehung zu Onkel Jacob unterhalten hätte, um das Erbe an mich zu bringen. Solche Anschuldigungen waren für uns völlig neu und mein Anwalt sah mich fragend an. Ich schüttelte nur den Kopf und erklärte ihm, dass davon nichts stimmte. Ich hatte Onkel Jacob nicht persönlich gekannt, obwohl er mein Vater gewesen war. Schließlich kamen wir an die Reihe und mein Anwalt hatte das Wort.
    Er nahm zu den einzelnen Anklagepunkten Stellung und sagte zunächst nur, dass die Anklage zu Unrecht bestehe und er das auch beweisen könne. Ivan sprang bei diesem Satz auf und rief:
    „Nichts werden sie beweisen können, denn ich bin der einzige Sohn und einzige Erbe meines Vaters!“ Mein Anwalt nahm diesen Einwurf zum Anlass, dem Richter eine neue Zeugin zu präsentieren. Meine Mutter wurde aufgerufen. Ivan hatte sich wieder hin gesetzt und blickte auf meine Mutter. Er war blass geworden und ahnte, dass die Wahrheit ans Licht kommen würde.
    Meine Mutter hatte im Zeugenstand Platz genommen und wurde vereidigt. Sie sah krank und zerbrechlich aus. Sie sah mich nicht an, als sie dem Richter erklärte, dass Arven Lassnig die leibliche Tochter von Jacob Lambertz ist. Der Richter stutzte einen Moment, bis er die Aussage begriffen hatte.
    Er sagte: „Sie behaupten also“, wenn ich sie recht verstehe, „dass Sie, Frau Lassnig, geborene Lambertz ein Kind ihres Bruders zur Welt gebracht haben und die hier anwesende „Arven Lassnig“ die Tochter von Jacob Lambertz ist.“ Meine Mutter nickte nur und griff nach ihrer Handtasche. Sie beförderte den Stapel Briefe zu Tage, der auf ihrem kleinen Tisch gelegen hatte. Dabei sagte sie: „Ich habe hier den Beweis für die Vaterschaft“ und reichte die Briefe an den Richter weiter. Der Gegenanwalt rief „Einspruch“, worauf der Richter antwortete: „Nicht stattgegeben!“ In aller Ruhe las der Richter den Brief, bevor er ihn an seinen Beisitzer weitergab. Dann sagte er: „Die Verhandlung ist unterbrochen. Ein neuer Termin wird ihnen bekannt gegeben.“ Unsere Anwälte erhoben sich und verschwanden zusammen mit dem Richter im hinteren Teil des Gerichts.
    Meine Mutter kam zu mir an den Tisch und wir verließen gemeinsam den Raum, ohne Ivan zu beachten, der mit gesenktem Kopf noch auf seinem Stuhl saß. Erst im Auto sagte ich zu meiner Mutter: „Danke, dass du das getan hast!“. Sie nickte nur und blickte auf der anderen Seite aus dem Fenster. Mit Anstrengung hörte ich sie sagen: „Jetzt werde ich es auch deinem Vater mitteilen“. Sie sagte immer noch „Vater“, obwohl er es nicht war. „Hoffentlich reichen die Beweise und die Angelegenheit ist damit ein für alle Mal beendet!“, sagte ich und lehnte mich zurück. Meine Mutter gab mir keine Antwort, sie hatte die Augen geschlossen und atmete schwer.
    Am liebsten hätte ich sie in den Arm genommen und sie getröstet, so wie sie es oft mit mir getan hatte. Aber ich war der festen Meinung, dass ihr Kummer verdient war und ich ihr nicht helfen durfte. Aber ich nahm mir vor, sie gegenüber meinem Vater in Schutz zu nehmen. Schließlich hatte sie mit dieser Aussage

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