Schwarz wie Samt
Schlaf. Zu viel war in den letzten Tagen geschehen, auf das ich kaum einen Einfluss hatte.
Meine Gedanken wanderten wieder zurück zu Marek. Ich war mir plötzlich nicht mehr so sicher, dass er es in der U-Bahn wirklich gewesen war. Er wusste doch nichts von meiner Heirat. Wenn er wirklich in Berlin war, was hielt ihn davon ab, sich bei mir zu melden? Natürlich war ich nicht besonders erpicht darauf, ihn wiederzusehen, aber schließlich war unser Abschied vor einem halben Jahr nicht endgültig gewesen. Er hatte mich verlassen, obwohl er mich geliebt hatte und ich wusste noch immer nicht warum. Solche Ungewissheiten ertrug ich sehr schlecht. Ich hätte wenigstens gerne den Grund gewusst. Gegen Morgen schlief ich endlich ein.
Am nächsten Morgen wurde ich durch Kaffeeduft geweckt. Salman hatte mein Frühstück heraufgebracht. Es war wie immer vom Hotel angeliefert worden. Auf dem Tablett lag auch das kleine Holzkästchen, das ich auf dem Tisch vergessen hatte. Es war noch immer verschlossen. Salman nahm es in die Hand und sah mich fragend an. „Soll ich es öffnen?“, fragte er indem er es hochhob. „Ja, wenn das ohne Schlüssel möglich ist“, antwortet ich. Er schmunzelte und holte eine Haarnadel aus dem Badezimmer. Nach kurzem Herumprobieren, ging das Schloss tatsächlich auf. Das Kästchen enthielt viele kleine Papierpäckchen, eng aneinander geschlichtet. Salman öffnete eines vorsichtig. Der Inhalt war ein kleiner trüber Stein, hellgrau, unregelmäßig geformt. Ich nahm ihn in die Hand und besah ihn von allen Seiten. Er sah nicht besonders spektakulär aus. Wir öffneten auch die anderen Päckchen. Es kamen weitere, ähnlich aussehende Steinchen zum Vorschein. Ich war etwas enttäuscht, denn das Kästchen hatte sehr geheimnisvoll ausgesehen. Salman legte die Steinchen unverpackt wieder zurück und ging mit dem Kästchen nach unten.
Als ich ihm mit dem Frühstückstablett folgte, drehte er sich plötzlich um und sagte: „Jetzt weiß ich, was diese Steine bedeuten: Es sind ungeschliffene Edelsteine, vielleicht sogar Diamanten!“ „Und was können wir damit anfangen?“, fragte ich.
„Du musst sie zu einem Edelsteinschleifer bringen, dann werden wir sehen, ob sie einen Wert besitzen.“
„Gut, wir nehmen sie mit nach Kairo, dann werden wir weitersehen!“ Ich konnte mir beim besten Willen nicht vorstellen, wie Onkel Jakob an ungeschliffene Edelsteine gekommen sein sollte. Aber ich erlebte in Berlin nur Überraschungen, auf die ich nicht vorbereitet war. Zunächst wollte ich unser Hochzeitsfest vorbereiten. Salman war von diesem Fest nicht besonders begeistert, denn er wusste, dass alle meine Freunde kommen würden, die er noch nicht kannte. Aber ich beruhigte ihn: „Sie wissen alle schon, dass ich einen ausgefallenen Geschmack habe und sind schrecklich neugierig auf dich. Wir werden heute in die Stadt fahren und uns schicke Sachen kaufen.“ Salman sah ein, dass Widerstand zwecklos war. Er sagte nur: „Ich habe einen schönen Kaftan dabei, den kann ich zum Fest anziehen.“ „Ja“, sagte ich, aber darunter brauchst du einen Anzug, das ist bei uns so üblich!“
Salman sah in westlichen Sachen so umwerfend aus, dass ich ihn unbedingt in einen schicken Anzug stecken wollte. Ich ging mit ihm zu einem bekannten Herrenausstatter nach Westberlin. Das Geschäft lag am Kudamm und wir wurden sehr freundlich begrüßt. Nachdem ich erklärt hatte, für welchen Zweck wir einen Anzug brauchten, sah der Verkäufer Salman nur kurz an und kam dann mit zwei Anzügen zurück, die ihm beide wie auf den Leib geschneidert passten. Wir entschieden uns für einen dunkelblauen Anzug mit passendem Hemd und Krawatte. Salman sah aus, wie aus dem Modemagazin und ich war mit unserer Wahl sehr zufrieden.
Die Auswahl meines Kleides war viel schwieriger. Erst im fünften Geschäft wurden wir fündig. Es war ein Traum von einem Ballkleid: hellblaue Seide mit Tüllrock, der mit Blüten bestickt war. Erst als wir zum Essen ins „Kaminski“ gingen, entspannte sich Salman etwas. Er sagte, als ich unsere Pakete neben uns auf einem Stuhl stapelte: „Warum ist in Europa alles so kompliziert? Wieso ist dieser Aufwand nötig, wenn wir doch schon verheiratet sind?“ Ich konnte es ihm nicht richtig erklären, warum es für mich so wichtig war, auch in Deutschland noch einmal unsere Hochzeit zu feiern. Die Zeremonie in Kairo war so kurz und formlos gewesen, dass ich einfach noch ein rauschendes Fest wollte, um allen zu zeigen, wie
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