Schwarz wie Samt
Hinsicht Abstand zu gewinnen. Vielleicht würde er dann wieder zur Besinnung kommen.
Am nächsten Morgen ging Salman ohne Gruß aus dem Haus und ich war wieder den ganzen Tag allein. Ich hatte auch jegliche Lust verloren, an irgendeiner Universität, die hauptsächlich von Muslimen besucht wurde, mein Studium fortzusetzen. Und Arabisch zu lernen, schob ich auch noch immer vor mir her. Salman hatte ein paar Mal den Versuch gestartet, mir wenigstens einzelne Sätze beizubringen, aber ich hatte alles durcheinander geworfen.
Er sagte dann immer wieder: „Du willst es gar nicht lernen, es ist wirklich nicht schwer!“ Damit hatte er auch Recht, ich wollte es nicht. Ich war enttäuscht und trotz unserer schönen Wohnung konnte ich Kairo keinen Reiz mehr abgewinnen. Ohne Freunde und Bekannte war es schwierig, richtig Fuß zu fassen. Ich hatte ein paar Mal versucht, auf dem Bazar mit Frauen ins Gespräch zu kommen, doch außer erstaunten Augen und verwirrtem arabischen Gestammel, hatte ich damit nichts bezweckt.
Ich wusste, dass Salman in einer Woche seine neue Stelle antreten würde. Er hatte sich einen Gebetsteppich, einen neuen Koran und einen neuen Anzug gekauft, in dem er aussah, wie alle anderen Ägypter. Außerdem hatte er sich die Kopfhaare abrasieren lassen und trug jetzt immer ein kleines Käppchen. Das alles hätte ich ertragen, wenn er nicht angefangen hätte, mich schlecht zu behandeln und mich nur noch zu benutzen.
Als ich ihm vorhielt, dass er sich verändert hatte, sagte er: „Es ist zu meinem und zu deinem Besten, wenn wir uns hier anpassen.“ Damit war für ihn alles gesagt. Er hatte sich bereits angepasst, er war jetzt ein Mitglied der moslemischen Gesellschaft, ich noch immer Christin. Deshalb war ich ein Fremdkörper in seinem Leben. Seine Freunde waren nicht die meinen und würden es wohl auch nie werden. Vermutlich hatte er auch keinem seiner Freunde erzählt, dass er mit einer Europäerin verheiratet war. Ich hatte begriffen, dass uns jetzt nicht nur der andere Glaube trennte, sondern eine ganze Welt.
Als sich Salman zum ersten Mal in unserem neu eingerichteten Wohnzimmer auf seinem Gebetsteppich niederließ und seine Gebete murmelte, hatte ich das Gefühl, in einem falschen Film zu sein. Ich war aus dem Zimmer gegangen, um nicht in Weinen auszubrechen. Dieses Schauspiel hatte sich inzwischen so oft wiederholt, dass ich mich bereits daran gewöhnt hatte. Trotzdem fand ich es noch immer seltsam. Genügte es nicht, dass er mit seinen Freunden regelmäßig die Moschee besuchte und täglich im Koran las? Obwohl mir schien, dass Salman eine Rolle spielte, die ihm fremd war, wagte ich nicht, ihn danach zu fragen. Ich sehnte mich so nach seinen zärtlichen Umarmungen, seiner sanften Stimme an meinem Ohr und die Wärme, die er mir gegeben hatte. Davon war nichts mehr übrig geblieben. Seine Liebe beschränkte sich auf die Befriedigung seiner sexuellen Lust und er nahm mich, wie es ihm gerade einfiel. Was ich dabei empfand, war ihm anscheinend inzwischen egal. Salman war extrem ehrgeizig, was mir erst hier in Kairo bewusst geworden war. Er würde sein Ziel, am obersten Gerichtshof zu arbeiten, erreichen. Da war ich mir sicher. Aber welche Rolle war mir dabei zugedacht?
Die Rolle der braven Hausfrau im Hintergrund? Selbst wenn er mir Freiheiten zugestand, die jeder Muslimin in Kairo verwehrt waren, konnte ich nicht darauf hoffen, dass sich mein Leben grundsätzlich ändern würde.
In Berlin war inzwischen auch Sommer und ich beschloss, nicht mehr länger zu warten und nach Deutschland zu fliegen. Trotzdem gab ich die Hoffnung nicht auf, dass er sich nach meiner Rückkehr aus Deutschland wieder in den verwandeln würde, der er für mich gewesen war.
Mein Geschenk zu seinem Amtsantritt würde ihm sicher gefallen und ihm zeigen, dass ich ihn noch immer liebte. Dass ich nach Berlin fliegen wollte, hatte er sehr ruhig aufgenommen. Als ich ihm versicherte, dass Shalima auch weiterhin den Haushalt versorgen würde, war er zufrieden. Er fragte nicht einmal, wann ich wieder zurückkehren würde. Ich sagte trotzdem: „In ein paar Wochen bin ich wieder da und dann wird alles besser.“
Salman sah mich nur fragend an und antwortete: „Besser?“ Ich wusste was er damit meinte: In seinen Augen würde Nichts besser werden, wenn ich mich nicht änderte. Wenn er glaubte, dass auch ich zum Islam übertreten würde, dann irrte er. Diese Religion war mir fremd und würde mir auch fremd bleiben. Ich sah Salmans
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