Schwarz wie Samt
inzwischen bekommen und sich nicht bei mir gemeldet.
Seine Stimme am Telefon war mir so fremd, dass ich im ersten Moment glaubte, ich hätte mich verwählt. Als er dann sagte: „Ich komme gerade von meiner ersten Fahrt zurück und bin noch ganz aufgeregt“, wusste ich, dass er sich über mein Geschenk gefreut hatte. Trotzdem machte er mir Vorwürfe, weil ich so viel Geld ausgegeben hatte. Doch ich beruhigte ihn: „Wenn ich wieder zurück bin, werde ich auch ab und zu damit fahren, er gehört dir nicht ganz allein.“
Wir sprachen miteinander, wie wenn alles zwischen uns wie früher wäre. Salman machte mir keine Vorwürfe, wie ich es erwartet hatte. Schließlich war meine Reise nach Berlin einer Flucht gleichgekommen. Ich hatte ihn einfach sitzen lassen, jetzt wo er endlich am Ziel seiner Wünsche war und die neue Stelle angetreten hatte. Er erzählte mir von seinem ersten Fall, in dem es um Wirtschaftskriminalität ging. Da war Salman ganz in seinem Element. Er war Verteidiger eines Mannes, der aus einer angesehenen Familie Kairos kam, die mit Geldwäsche zu tun hatte. „Du verteidigst also einen Kriminellen“, bemerkte ich nebenbei. Doch Salman sagte darauf: „Auch Kriminelle haben Recht auf einen guten Verteidiger! Schließlich waren sie nicht immer auf der schiefen Bahn!“
Als ich ihm erzählte, dass die Schwanenfamilie Junge bekommen hatte, antwortete er mit Trauer in der Stimme: „Sie hatten mehr Glück damit wie wir.“ Ich sagte darauf: „Ich werde sie weiterhin füttern, damit sie mich auch auf die Terrasse lassen!“
Als ich den Hörer aufgelegt hatte, fühlte ich mich Salman wieder ein Stück näher, trotz der großen Entfernung, die jetzt zwischen uns lag. Vielleicht würde sich nach meiner Rückkehr wieder alles zum Guten wenden. Gleich darauf machte ich einen Termin beim Gynäkologen, um endlich die überfällige Untersuchung hinter mich zu bringen. Seit meinem letzten Arztbesuch in Nairobi war ich sehr beunruhigt und meine laufende Gewichtsabnahme, obwohl ich immer hungrig war und viel aß, bereitete mir Sorgen.
Ich bekam sofort einen Termin, als ich sagte, worum es ging. Leider war der Arzt, der mich das letzte Mal untersucht hatte inzwischen in den Ruhestand gegangen, so dass mich sein Nachfolger empfing. Dr. Garimba war aus Indien und hatte hier in Deutschland seine Ausbildung erhalten. Er erzählte mir in aller Ausführlichkeit seinen Werdegang. Seine braunen Augen strahlten eine innere Zufriedenheit aus und wie er auf dem Stuhl saß, die langgliedrigen Hände locker auf dem Schreibtisch gefaltet, sah er aus wie ein lebender Buddha. Ich fühlte, wie die ganze Anspannung der letzten Tage von mir abfiel und ich mich beruhigt in seine Hände geben konnte. Mit Entsetzten musste ich an das Krankenhaus in Kairo denken, wo nicht nur unmögliche hygienische Zustände geherrscht hatten, sondern auch die Ärzte auf mich den Eindruck gemacht hatten, schnell etwas zu tun, um über die eigene Unfähigkeit hinwegzutäuschen.
Dr. Garimba untersuchte mich sorgfältig und brachte auch eine neues Ultraschallgerät zum Einsatz. Auf diesem Gerät zeigte er mir mein Innenleben und erklärte mir genau, was er alles sah. Er fand nichts Auffälliges. Natürlich war in meiner Krankenakte die Zellveränderung vermerkt und Dr. Garimba meinte, hier müsse unbedingt durch eine Gewebeprobe eine neue Diagnose erstellt werden. Ich verschwieg ihm, dass die Kairoer Ärzte bereits ein Fortschreiten des Zellwachstums festgestellt hatten und mich operieren wollten. Vielleicht hatte sich alles zurückgebildet und die neue Diagnose war besser. Ich erzählte ihm noch, dass ich ein Kind verloren hatte und er wollte die genauen Umstände dazu erfahren. Ich schob es auf den Flug von Nairobi nach Kairo, aber Dr. Garimba wiegte nur bedenklich den Kopf. Er konnte sich meiner Meinung nicht anschließen.
Er sagte: „Ich kann mir nicht vorstellen, dass eine gesunde Frau wegen eines Fluges ein Kind verlieren kann. Vielleicht war es der Auslöser, aber sicher nicht die Ursache. Doch leider ist es zu spät, diese Angelegenheit noch zu klären.“ Ich konnte ihm nicht sagen, wie sehr ich mir dieses Kind gewünscht hatte und ich darauf gehofft hatte, dass er eine erneute Schwangerschaft bei mir feststellen würde. Aber Dr. Garimba erklärte mir, dass ich erst etwas zu Kräften kommen sollte, bevor ich wieder schwanger werden konnte. Mit einem Augenzwinkern sagte er: „Es ist ja schön, wenn man eine Modelfigur hat, aber sie haben
Weitere Kostenlose Bücher