Schwarz wie Samt
Veränderung im Zusammenhang mit dieser Religion und bisher hatte sich für mich nichts Gutes dabei ergeben.
Wie ich mich auch bemühte, er sah einfach darüber hinweg. Immer öfter musste ich an die Worte meiner Mutter denken, die mich gewarnt hatte: „Das ist ein fremder Mensch, eine Klasse, die deiner nicht würdig ist, usw.“ Würde sie am Ende recht behalten? Ich hoffte immer noch, dass sich die Sache zu meinen Gunsten ändern würde.
An meinem Abflugtag war Salman natürlich nicht anwesend. Er hatte sich nur kurz von mir verabschiedet, er hatte es eilig, weil er wieder an die Universität musste. Dass ich ausgerechnet jetzt nach Berlin flog, wo er am Montag zum ersten Mal in seiner neuen Kanzlei anfangen würde er und ich ihn allein ließ, ärgerte ihn. Als ich ihm sagte, dass am Montag eine Überraschung auf ihn wartete, hatte er mir nur geantwortet: „Überraschungen liebe ich nicht besonders!“ Das war typisch für Salman: alles musste berechenbar sein. Ich war sicher, dass ihm das Auto gefallen würde und freute mich schon auf seinen Anruf in Berlin.
Ich flog wieder einmal mit der Air Berlin, ich hatte einen günstigen Charterflug ergattert und genoss es, bereits im Flugzeug wieder Deutsch zu hören. Seit fast einem halben Jahr in Kairo und auch während meines kurzen Ausfluges nach Nairobi hatte ich nur Englisch gesprochen. Selbst mit meiner Mutter sprach ich nicht Deutsch, diese Sprache war allein Berlin vorbehalten. Ich fand mich selbst etwas sentimental und schämte mich für dieses Gefühl. Eine moderne Frau, die eigentlich kein richtiges Heimatgefühl besaß, konnte doch nicht plötzlich auf ein paar deutsche Laute mit Herzklopfen reagieren. Bisher war es mir völlig gleichgültig gewesen, welcher Nationalität ich angehörte und wo ich mich aufhielt, Hauptsache ich fühlte mich an dem Ort wohl, wo ich gerade war.
Wahrscheinlich hing dieses Gefühl mit meiner momentanen Orientierungslosigkeit zusammen. Schließlich wusste ich im Moment nicht genau wohin ich gehörte. Salman, den ich für meine Zuflucht gehalten hatte, war mir plötzlich fremd geworden. Meine Eltern waren auch keine Alternative mehr und was erwartete mich in Berlin? Ein leeres Haus, Arbeit im Hotel und vielleicht ein paar Freunde.
Ob ich Marek wiedersehen würde, war mir auch noch unklar. Mein Leben war in der Schwebe, vielleicht im Umbruch begriffen. Ich kämpfte mit den Tränen, als das Flugzeug von der Landebahn abhob und Kairo unter mir im Dunst verschwand. Wann würde ich hierher wieder zurückkehren? Es gab viel mehr Fragen als Antworten.
Während des Fluges versuchte ich etwas zu schlafen, aber mein Sitznachbar war so gesprächig und verwickelte mich immer wieder in eine Unterhaltung, die mich gar nicht interessierte. Selbst als mir immer wieder die Augen zufielen und ich hinter vorgehaltener Hand gähnen musste, ließ er nicht locker. Es handelte sich um einen Immobilienmakler, der eine Nilkreuzfahrt gemacht hatte. Sein Arbeitsgebiet war der Aufkauf von halb verfallenen Häusern im Osten Berlins, die er an westdeutsche Investoren mit Gewinn weiterverkaufte. Als wir in Berlin landeten, hatte er mir seine gesamte Laufbahn inklusive seiner Geschäftspraktiken erzählt und drückte mir zum Abschluss noch seine Visitenkarte in die Hand.
Ich hatte vermieden zu erzählen, dass auch ich ein Objekt aus dem Osten bewirtschaftete und damit gut Geld verdiente. Statt dessen hatte ich ihn wissen lassen, dass ich in Kairo mit einem erfolgreichen Anwalt verheiratet war. Immerhin hatte er mich davon abgehalten weiterhin in trüben Gedanken meine Situation zu analysieren. Dazu würde ich in Berlin noch genug Gelegenheit haben.
Kühle Abendluft empfing mich in Berlin. Mit einem Taxi fuhr ich durch die Stadt, die mir wie ausgestorben erschien, nach dem lebhaften Verkehr in Kairo. Es war erst neunzehn Uhr und der Ostteil der Stadt wirkte auf mich verlassen. Es waren kaum Fußgänger unterwegs und der Verkehr bewegte sich so ruhig dahin wie ein Fluss. Ich ließ das Taxi direkt vor dem Hoteleingang anhalten und der Fahrer schleppte meine Koffer bis zum Empfangstresen.
Frau Koch stand mit einem jungen Mann am Aufzug und drehte sich langsam zu mir um. Ein Strahlen ging über ihr Gesicht. Sie kam auf mich zu und umarmte mich ganz herzlich. „Was für eine Freude, dich wieder hier zu sehen!“, sagte sie etwas förmlich.
„Ja ich freue mich auch“, gab ich zur Antwort. Dann kamen die üblichen Höflichkeitsfragen nach meinem Flug, nach
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