Schwarz wie Samt
Schwiegereltern haben auch dazu beigetragen, dass Maria vor Heimweh fast gestorben ist. Ich musste sie gehen lassen.“
„Wirst du auch wieder nach Polen zurückkehren?“ fragte ich skeptisch.
„Nein, sicher nicht. Ich muss schließlich Geld verdienen und außerdem kann ich sowieso nicht zurück! Maria braucht Geld für sich und die Kleine und ich lebe hier in Berlin besser als irgendwo. Seit ich das Engagement beim Rias angenommen habe, kann ich über Aufträge nicht klagen. Als Studiomusiker kann man nicht schlecht leben.“
„Du gehst also nicht mehr mit einer Gruppe auf Tournee?“
„Nein, das hat sich erledigt, seit Iwan mich rausgeworfen hat.“
„Da sind wir ja beim Thema“, warf ich ein. „Weißt du, wie es zu dem Unfall gekommen ist?“ „Ich weiß nur, dass Iwan seit längerer Zeit auf harten Drogen war, es war einfach abzusehen, dass irgendwann etwas Derartiges passieren musste. Er hat schon immer gekokst, aber mit Heroin hat es ihn erst seit einem halben Jahr erwischt.“
Ich stocherte in meinem guten Essen lustlos herum. Mein Gewissen war alles andere als rein, als ich das hörte. Vor einem halben Jahr hatte Iwan den Prozess gegen mich verloren. Hatte ihn das so in Schwierigkeiten gestürzt, dass er zu harten Drogen gegriffen hatte? Ich ließ Marek meine Vermutung nicht merken.
Er und sah mich an und sagte: „Ich weiß, dass es übel klingen muss in deinen Ohren, „aber ich bin froh, dass er nicht mehr lebt und mich nicht weiter belästigen kann.“
Ich konnte gar nichts darauf sagen, denn vor meinen Augen sah ich den schwer verletzten Iwan in seinem total zerstörten Auto blutend liegen und sterben. Natürlich war ich daran nicht schuld, aber er war mein Halbbruder und in meinem Innersten fühlte ich doch, wie es wehtat.
Marek nahm meine Hand und sagte: „Ich werde dir irgendwann die ganze Geschichte erzählen, damit du mich besser verstehst, aber nicht heute. Ich freue mich so, dich wieder zu sehen und wir wollen uns den schönen Abend nicht verderben.“
Er hatte Recht, das Essen war vorzüglich, der Wein auch und schließlich hatte ich in der letzten Zeit genug Unangenehmes erlebt. Der Chef des Lokals kam selbst, um uns die weitere Essensfolge anzukündigen und Marek sagte:
„Schön, dass es dir so gut schmeckt, du bist so schlank geworden, dass du ruhig etwas zulegen kannst.“, dabei sah er mich zärtlich an und ich konzentrierte mich wieder auf meinen Teller, um nicht wieder weiche Knie zu bekommen. Als wir den letzten Wein ausgetrunken hatten, brachte uns der Kellner im Namen des Hauses noch ein Dessert und einen süßen Likör.
Ich erzählte Marek von Kairo und wie ich mich dort häuslich eingerichtet hatte. Von den Problemen mit Salman sagte ich nichts, auch nicht, dass Salman konvertiert war. Marek hörte mir interessiert zu und fragte als ich geendet hatte: „Und du kannst die Pyramiden wirklich von deinem Fenster aus sehen?“ „Ja“, sagte ich, aber nur früh morgens, wenn Kairo noch nicht unter einer Dunstglocke verschwunden ist.“
Marek schüttelte den Kopf: „Ich glaube, dieser Anblick würde mich einfach umhauen“, sagte er. „Es wundert mich, dass du freiwillig wieder nach Berlin gekommen bist.“ „Schließlich habe ich hier ein Hotel zu betreuen und außerdem überlege ich mir, ob ich nicht doch hier mein Studium zu Ende bringe. In Kairo ist das fast unmöglich, da ich zu viel Ablenkung habe.“
Ich konnte Marek unmöglich erzählen, dass ich vor Langeweile dort fast gestorben wäre und mich nach Deutschland gesehnt hatte. Auch von meiner Schwangerschaft erzählte ich ihm nichts. Und vor allem nicht davon, dass auch er als Vater in Betracht gekommen wäre. Nach dem Essen gingen wir noch ein Stück spazieren. Kreuzberg war so lebendig wie kein anderer Stadtteil in Berlin. Hier gab es an jeder Ecke eine Kneipe und es waren viele Jugendliche und Ausländer unterwegs. Ich genoss das Gefühl, wieder unter Gleichgesinnten zu sein und nicht befürchten zu müssen, ohne Kopftuch als Freiwild zu gelten.
Als ich Marek erzählte, dass ich in Kairo oft nur mit einem Kopftuch zum Einkaufen ging und kaum luftige Kleidung trug, um nicht aufzufallen, fragte er ungläubig: „Ich habe gedacht, dass es dort unglaublich heiß ist, schließlich gibt es doch die Wüste.“
„Heiß ist es in der Tat, aber daran gewöhnt man sich, ans Kopftuch tragen dagegen nicht“, antwortete ich ihm lachend.
Wir waren wieder bei seinem Auto angelangt. Er hatte bereits den
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