Schwarz wie Samt
Schlüssel in der Hand als er sich an mich wandte:
„Willst du dir nicht meine neue Wohnung ansehen, wenn wir schon davor stehen?“ „Eigentlich schon, aber ist es nicht schon spät?“, wandte ich ein. Marek grinste nur und nahm mich bei der Hand. Wir gingen durch ein langes Treppenhaus ins dritte Obergeschoss und durch einen schwach erleuchteten Flur bis zu einer großen Eichentür. Marek öffnete umständlich zwei Schlösser, eines über der Klinke und eines darunter. Ich staunte über so viel Sicherheit, aber er sagte:
„Wir sind hier in Kreuzberg, da muss man vorsichtig sein!“ Marek knipste das Licht an und vor mir lag ein großer Raum, der kaum ausgeleuchtet war. Die Decke war sehr hoch und mit Stuck verziert und auf der rechten Seite des Raumes erhob sich ein Kubus, der vielleicht vier auf vier Meter maß. Dort hinauf führte eine Metallleiter. Mitten im Raum stand eine kleine Sitzgruppe mit rotem Lederbezug auf einem weißen Teppich. Diese Einrichtung war so ungewöhnlich, dass ich völlig überrascht war. Die Küche war eine lange Zeile entlang des Raumes, nur durch eine Glaswand abgeteilt. Darin stapelten sich Schüsseln und Gläser.
Marek ging zur vorderen Fensterfront und zog an einem Seil. Dadurch schlossen sich zwei Vorhänge, die die Küche und die Fenster zur Straße völlig verschwinden ließen. Marek sagte: „Das dort oben ist mein Schlafzimmer und hier sind wir im Wohn- und Esszimmer.“ „Und was ist das?“, ich deutete auf den Kubus.
Marek sagte: „Komm ich zeige es dir.“ Er öffnete die Tür des überdimensionalen Holzwürfels und knipste das Licht an. Darin stand ein Schlagzeug und ein Regal mit Notenblättern. „Ich lebe hier in einem Mietshaus und wenn ich diese Türe schließe, dann kann ich ungehemmt Krach machen, ohne die Leute zu stören“, sagte er und sah mich triumphierend an. „Ich habe mir diese Kiste selbst gebaut und isoliert.“
Ich war beeindruckt. Marek setzte sich ans Schlagzeug und legte los. Ich hielt mir die Ohren zu, denn die Lautstärke war kaum auszuhalten. „Jetzt gehe hinaus und schließe die Türe“, sagte er. Es war wirklich nur noch Zimmerlautstärke, was durch die isolierten Wände drang.
Marek kam wieder heraus und sagte: „Das ist also mein neues Reich. Ich mach uns noch eine Flasche Wein auf!“. Ich wollte protestieren, aber er hatte mich schon auf das rote Ledersofa gezogen und hielt mir ein leeres Glas hin, in das er gekonnt einschenkte ohne zu Kleckern.
„Ich bin gestern erst mit dem Einrichten fertig geworden“, sagte Marek, indem er mir zuprostete. Du bist mein erster Gast! Das müssen wir doch feiern.“
Eigentlich war mir nicht nach Feiern zumute. Ich wagte nicht, das Gespräch noch einmal auf Iwan zu lenken. Denn Marek war mir jedes Mal ausgewichen, wenn ich seinen Namen erwähnte. Morgen war die Beisetzung und ich hatte vor, wenigstens am Grab ein paar Blumen niederzulegen. Frau Koch hatte angedeutet, dass sie mich begleiten würde. Marek hatte sein Glas abgestellt und schlang seinen Arm um meine Schulter: Bevor ich auch nur annähernd Widerstand leisten konnte, küsste er mich schon. Obwohl ich versuchte, seine Küsse nicht zu erwidern, fühlte ich, wie meine innere Abwehr dahinschwand und ich mich seiner Umarmung hingab.
Mareks Zunge erkundete meinen Hals und als er begann, meine Bluse aufzuknöpfen, war es schon zu spät. Ich wollte seine Hände auf meinem Körper spüren und seine Leidenschaft, die mir so gefehlt hatte. Er zog mir ein Kleidungsstück nach dem anderen aus. Als er meinen Slip abstreifte, und mich auf dem roten Sofa ganz nach vorne zog, war meine Erregung bereits so stark, dass ich es kaum erwarten konnte, ihn in mir zu spüren. Ich krallte mich in den Lederkissen fest und wand mich ihm entgegen. Mein Kopf war leer und nur die Lust zwischen meinen Beinen pulsierte wie ein elektrischer Strom. Das Gefühl begehrt zu werden, das ich so lange vermisst hatte, entschädigte mich für viele unangenehme Dinge, die ich in der letzten Zeit aushalten musste.
Als ich am nächsten Morgen das Haus verließ und zu meiner Wohnung zurückfuhr, fühlte ich mich wie neu geboren. Ich spürte keine Reue. Selbst mein Spiegelbild, das ich im Fenster der U-Bahn sah, zeigte wieder eine selbstbewusste und glückliche junge Frau. Meine Lippen waren noch angeschwollen und der Geruch von Mareks After Shave würde mich den ganzen Tag begleiten.
Im Hotel wurde gerade das Frühstück serviert, so dass ich mich auch unter die Gäste
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