Schwarzbuch Bundeswehr - Überfordert, demoralisiert, im Stich gelassen -
taktischer Ebene nur zum Teil zeit- und bedarfsgerecht. Ein homogener, Ebenen übergreifender Informationsverbund kann damit erst mittel- und langfristig erreicht werden. Eine umfassende Befähigung zur vernetzten Operationsführung aller Ebenen und funktionaler Bereiche konzentriert sich auf die Befähigung der Eingreifkräfte und ist noch im Aufbau … vor allem in internationalen Einsätzen.«
Der Soldat der Unterstützungstruppe in unserem Beispiel hat Pech – er wird die Situation nicht lange überleben, da die Bundeswehr nicht in der Lage ist, mit ihrer Ausrüstung zeitgemäß zu kommunizieren und schon gar nicht in Auslandseinsätzen mit Partnernationen.
Aber ein Plan existiert zumindest schon: »Mit dem Projekt Verbundfähige Funkgeräteausstattung soll für die Streitkräfte eine neue Generation von Funksystemen eingeführt werden … Bis 2015 soll der Einstieg in eine Anfangsausstattung erreicht werden.«
Und wieder einmal wird das Obergeschoss eines neuen Hauses in Angriff genommen, wo doch noch nicht einmal das Fundament dafür ausgehoben ist: »Für die Kampftruppe ist ein integriertes Führungs- und Waffeneinsatzsystem für landbasierte Operationen eingeplant. Im Planungszeitraum sind lediglich Anfangsausstattungen realisierbar, der weitere Ausbau war nicht einplanbar.«
Für das Fundament dieses Hauses jedoch wird eingestanden: »Die Fähigkeit zur Identifizierung eigener Kräfte im Einsatz steht in der nächsten Dekade zur Verfügung.« Aber genau hier wäre für die Sicherheit unserer Soldaten der Ort, einmal die richtigen Prioritäten zu setzen.
Hier noch ein Beispiel aus dem Bereich internationaler Kommunikationsfähigkeit der Bundeswehr. Es gibt ein sogenanntes Aufklärungssystem HELIOS II , das als Satellitenaufklärungssystem die Aufgabe hat, weltweit sämtliche relevanten Informationen zu verarbeiten. Von Anfang an war Deutschland als Partner Frankreichs in dieses Projekt eingebunden, inzwischen sind aber eigene Folgeprojekte eingestellt worden, was zur Folge hat, dass die Bundeswehr heute im Bereich Satellitenaufklärung den Anschluss verpasst hat. »Negative Folge ist eine temporäre Abkoppelung Deutschlands, was dazu führen wird, anschließend die von anderen Partnern getroffenen Entscheidungen und Standards ohne weitere Einflussmöglichkeiten akzeptieren zu müssen.« Bei Entscheidungen kann Deutschland also nur hoffen, auf gleicher Linie mit den internationalen Partnern zu liegen – wäre das nicht der Fall, könnte im übertragenen Sinn einfach »der Strom abgedreht« werden.
Nach der Kommunikationsfähigkeit als Grundbedingung eines verantwortungsvollen Umgangs mit der Sicherheit unserer Soldaten im Einsatz, nun zur zweiten angeführten und praktischen Grundbedingung, der
Transportfähigkeit.
Wie bereits an vielen Beispielen und Zitaten deutlich wurde, gibt es nach wie vor das Problem, dass die Bundeswehr nicht in der Lage ist, Menschen und Material ohne Schwierigkeiten von A nach B zu schaffen. Im Bundeswehrplan wird dafür der Begriff »Verlegefähigkeit« benutzt, und gleich zu Beginn eingestanden, dass man sie nicht hat: »Die konzeptionell begründete Fähigkeit zur militärischen, strategischen Seeverlegefähigkeit konnte planerisch nicht abgebildet werden. Die Seeverlegung von Personal und Material unter Bedrohung und bei fehlender Infrastruktur ist weiterhin nicht möglich. Hier gilt es, eine wirksame Lösung ab 2012 zu finden.«
Und bis dahin? »Im Bereich des strategischen Seetransports wurde als Übergangslösung bis 2011 mit dem Königreich Dänemark eine Vereinbarung über gesicherten Zugriff auf gewerblichen Seetransportraum geschlossen.« Die Übergangslösung hat allerdings einen Haken: Sie tritt nur in Kraft, wenn »… in einem nahezu bedrohungsfreien Umfeld und bei hinreichender Hafeninfrastruktur ein Transport möglich ist«.
Natürlich sahen auch die Verantwortlichen diese problematische Lücke und schlossen sie zumindest auf dem Papier des Bundeswehrplans sofort: »… Möglichkeiten zum Schließen der erkannten Lücke bei der hierzu komplementären gesicherten militärischen Seeverlegefähigkeit sind deshalb ergänzend zu untersuchen.«
Nach HELIOS II haben wir bei der »Seeverlegefähigkeit« also schon zum zweiten Mal die Tatsache, dass die Bundeswehr aufgrund mangelnder eigener Fähigkeiten extrem abhängig geworden ist von der Kompetenz unserer Partner. Es fällt schwer, zu glauben, dass dies ein Beleg für funktionierende Arbeitsteilung
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