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Schwarzbuch Bundeswehr - Überfordert, demoralisiert, im Stich gelassen -

Titel: Schwarzbuch Bundeswehr - Überfordert, demoralisiert, im Stich gelassen - Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: C. Bertelsmann
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kompensierbar.«
    Da dieser Plan für 2009 bis 2014 erstellt worden ist, geht die Bundeswehr also selbst davon aus, frühestens in der Dekade ab 2020 einigermaßen einsatzbereit zu sein!
    Die Soldaten, die aktuell im Gefecht stehen, werden über so viel Langmut, so viel Wegsehen, so viel Schönfärberei für die Öffentlichkeit entsetzt sein. Denn es vergeht kein Tag, an dem nicht in krassem Widerspruch zu den Erkenntnissen im Bundeswehrplan, im Weißbuch der Bundeswehr, bei Anfragen von Abgeordneten und in Dokumenten des Verteidigungsausschusses irgendein Verantwortlicher die Bundeswehr als »voll einsatzbereit« bezeichnet, irgendein Experte die existierenden Probleme besserwisserisch vom Tisch wischt, irgendein Lobbyist die Lösung aller Probleme verspricht – sobald nur seine Verträge unter Dach und Fach sind.
    Die Soldaten im Einsatz werden weiterhin in Abständen ihr Lager verlassen müssen, im Vertrauen darauf, dass alles dafür getan wurde, sie in ihrem Fahrzeug optimal zu schützen. Die Panzerung muss einem Beschuss standhalten können, Minen oder Splitter durch sogenannte »unkonventionelle Spreng- und Brandvorrichtungen« dürfen im Fahrzeuginneren keine Wirkung mehr entfalten, der Fahrer, die Kommunikationstechnik und alle Waffensysteme müssen problemlos funktionieren. Genau darauf kommt es unseren Soldaten an. Bis zum Jahr 2016 versucht die Bundeswehr, 5500 Fahrzeuge aller Varianten und Klassen zu beschaffen, die der Truppe das Gefühl geben könnten, ihre Sicherheitsbedürfnisse seien bei den Verantwortlichen in guten Händen. Doch selbst bei diesem finanziell überschaubaren und beschaffungstechnisch nicht allzu komplizierten Vorhaben gibt es Probleme: »… darüber hinausgehende Beschaffungen für Anfangs-, Grund- und Zielausstattungen können erst langfristig eingeplant werden. Die Umsetzung des Finanzkorridors in den Haushalt erfordert eine Anpassung der bisherigen Schichtungen der Rüstungstitel.«
    Dazu ein letztes Mal in diesem Kapitel Klartext: Gelder sollen und müssen also verschoben werden. Da auch bei der Bundeswehr jeder Euro nur einmal ausgegeben werden kann und fast alle Euro durch fragwürdige Investitionen an anderer Stelle bereits gebunden sind, muss der verbleibende Rest so eingesetzt werden, dass Wirtschaftsinteressen möglichst nicht nachteilig beeinflusst werden. Vertragskündigungen? – geht also nicht. Reduzierte Auftragserteilung? – keinesfalls. Standortschließungen? – äußerst problematisch. Budgeterhöhung? – kaum durchsetzbar.
    Wieder wird eine Entscheidung zulasten des einzelnen Soldaten fallen, das ist sicherer als alle gepanzerten Fahrzeuge, die die Bundeswehr jemals beschaffen könnte. Warum wird dann aber alles darangesetzt, der Öffentlichkeit vorzumachen, bei der Bundeswehr sei alles in Ordnung oder zumindest auf dem besten Weg? Es gibt nur eine Erklärung dafür: Es wird dadurch einfacher, Probleme, die nicht mehr zu vertuschen sind, als absolute »Ausnahmen« darzustellen, für die »ausnahmsweise« Sondermittel zur Verfügung stehen müssten, der Wehretat »einmalig« angehoben werden müsse. So hat man zum Beispiel nach mehreren Todesfällen in Afghanistan, die nachweislich infolge fehlenden einsatztauglichen Materials zustande kamen, Gelder freigesetzt, um zusätzliche gepanzerte Fahrzeuge anzuschaffen und ganz schnell schweres Gerät ins Einsatzland zu bringen. Doch wäre so ein Vorgehen der Regelfall , und hätte man schon viel früher das vorhandene Geld richtig eingesetzt, niemand müsste für bewusst irreführende Darstellungen geradestehen, die Bundeswehr würde ein ganz anderes Ansehen in der Öffentlichkeit genießen und – am allerwichtigsten – mancher Soldat wäre noch am Leben.

4. Die Bundeswehr im Ernstfall
    Wie Vertuschung funktioniert

     
    Am 4. September 2009 ereignete sich einer der spektakulärsten und skandalträchtigsten Vorfälle in der Geschichte der Bundeswehr: Im afghanischen Kundus wurden zwei Tanklastzüge bombardiert. Von US -Streitkräften – aber auf Anforderung der deutschen Militärs vor Ort. Diese Bombardements haben, quasi als Kollateralschaden, fundamentale Mängel der Bundeswehr aufgedeckt, und zwar in doppelter Hinsicht. Zum einen belegen sie, wie undurchsichtig die Kommunikation der Bundeswehr gegenüber Politik und Öffentlichkeit ist, zum anderen stehen sie für gravierende Pflichtverletzungen – bei den militärisch Zuständigen innerhalb der Bundeswehr, aber auch bei den politisch

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