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Schwarzbuch Bundeswehr - Überfordert, demoralisiert, im Stich gelassen -

Titel: Schwarzbuch Bundeswehr - Überfordert, demoralisiert, im Stich gelassen - Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: C. Bertelsmann
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und die von ihm ausgehende Anfälligkeit für das Gedankengut der »Neuen Rechten« sind in der Truppe Minderheitenprobleme. Die Mehrzahl der Soldaten tut einfach ihren Dienst, versucht Ausbildungsgänge zu durchlaufen, die im späteren Zivilleben nützlich sein können, und hofft, um Auslandseinsätze herumzukommen. Manchmal ärgern sie sich zwar, vielleicht über schlechte Planung oder mangelhafte Ausstattung oder unverständliche Entscheidungen, doch mit dem Argument »Das gibt es überall« ist der Friede schnell wieder eingekehrt. Man hat sich mit und in den Verhältnissen arrangiert. Aufregen lohnt nicht. In der Ruhe liegt die Kraft. Der Krieg, schlimm natürlich, aber der gehört zum Soldatenleben doch dazu – und die Entscheidung, ihn zu führen und die Einsätze anzuordnen, das ging nun wirklich nicht von Soldaten aus. Wenn man sie gefragt hätte, wenn es nach ihnen ginge … Aber sie fragt ja keiner, nach ihnen geht es doch nie. Und so funktionieren sie, führen die Befehle aus – und hoffen auf ein baldiges Ende der ungeliebten Angelegenheit und der im Grunde verschenkten Zeit. Feten, Alkohol, der sichere Sold an jedem Monatsende und im besten Fall so etwas wie Freundschaften und Kameradschaften, das ist doch gar nicht so schlecht. Im Zivilleben wäre man wahrscheinlich schlechter dran, keinesfalls besser. Und die »großen Fragen«, mit denen sollen sich doch bitte die »großen Tiere« herumschlagen, das bringt einem einfachen Soldaten doch eh nur Ärger ein, auf jeden Fall schläft man schlechter, und auch das Leben wird ungemütlicher.
    So weit die eine Seite dieser Medaille. Aber auch sie hat eine zweite: Zynismus angesichts der Sorgen anderer, innere Emigration, Wurstigkeit, fehlendes Engagement, Fatalismus und tief reichende Unmotiviertheit. In den 70er-Jahren hatte die Bundeswehr den Spitznamen »Gammeltruppe«, der dieses Phänomen ganz gut auf den Begriff bringt. Aber woraus resultiert diese Haltung, was liegt unter dieser Oberfläche scheinbarer psychischer Ausgeglichenheit? Es ist die dritte Variante, mit einem angeschlagenen Selbstwertgefühl zurande zu kommen: Man behauptet einfach, sich mit Fragen der Selbstachtung zu beschäftigen, bringe nichts oder nur Unangenehmes, und deswegen halte man besser den weitestmöglichen Abstand zu dieser Thematik oder, richtiger, Problematik. Enttäuschung, Angst, Schmerz werden verdrängt. Die junge Generation unserer Tage wurde schon häufig mit Begriffen wie »Sinn für Realitäten, Pragmatik und Vernunft« in Verbindung gebracht. Mit ihrer Antwort auf die Frage, wie auf eine als ungenügend erkannte Lebenssituation am besten zu reagieren ist, scheinen sich zumindest jene Bundeswehrsoldaten, die innerlich bereits »gekündigt« haben, nicht an diesen Prinzipien zu orientieren. Denn, um es gleich in den Worten der Jugend auszudrücken, »wer sich nicht wehrt, lebt dauerhaft verkehrt«. Wer sich nicht einmischt, mit dem spielen andere das Spiel, und er bleibt eine Figur, die bewegt wird, statt selbst zu bewegen. Vielleicht ziehen Einmischung, Widerspruch und Engagement in eigener Sache nicht gleich eine Verbesserung der Gesamtsituation für die Soldaten der Bundeswehr nach sich, dennoch bleibt es die einzige Chance, erkannte Missstände anzugehen und sie zusammen mit anderen Soldaten, eventuell sogar mit den Vorgesetzten, abzuschaffen. Genau diese Chance wird in weiten Teilen vertan, denn sie würde von den Soldaten echtes Engagement und einen hohen Motivationsgrad erfordern – da ist es einfach bequemer, sich zu arrangieren und in seiner kleinen Welt den Mund nicht aufzumachen.
    Selbst aus einer übergeordneten militärischen Perspektive, und nicht der der einfachen Soldaten, wären ein solches Engagement und ein derartiger Einsatz für die Belange der Truppe auf jeden Fall willkommener als die Passivität, das Desinteresse und die kritiklose Angepasstheit des Großteils der aktuellen Soldatengeneration.
    Mit dieser Variante des Überspielens eigener Bedürfnisse, der Verdrängung des Bedürfnisses nach Selbstachtung und dem Rückzug in die innere Kündigung, wie man es wohl in einem Wirtschaftsunternehmen bezeichnen würde, ist niemandem gedient. Nicht einmal denen, die sich dieses Verhaltensmuster zugelegt haben. Das muss unmissverständlich und in aller Deutlichkeit gesagt werden. Wenn sie sich nicht wenigstens in eigener Sache engagieren, werden sie aushalten müssen, dass die Ereignisse sie stets von Neuem überrollen – dass immer wieder

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