Schwarzbuch Bundeswehr - Überfordert, demoralisiert, im Stich gelassen -
offengelegt werden; nur so kann eine aufgeklärte Debatte darüber entstehen. In anderen Nationen ist dieser »Kosten-Nutzen-Faktor« durchaus üblich. Beispielsweise »kostet« ein gefallener US -Soldat im Irakkrieg 7,2 Millionen Dollar. Der Unterschied zum gefallenen deutschen Soldaten liegt einzig und allein darin, dass US -Gerichte für ein Menschenleben höhere Entschädigungszahlungen festsetzen als europäische Gerichte.
Nicht zuletzt durch die Handhabe der politischen und militärischen Führung der Bundeswehr, die es nicht versteht, Verschwendung abzustellen und die durchaus in großem Maßstab vorhandenen Sparpotenziale zu nutzen, fehlen den Streitkräften der Bundesrepublik Deutschland im Jahre 2011 die Mittel, die ihre Situation verbessern könnten – und die sie bei ihren lebensgefährlichen Einsätzen auch zu Recht einfordern.
Eine Berufsarmee wäre im Vergleich zum aktuellen Zustand auf jeden Fall besser ausgebildet, wünschenswert wäre, dass sie mit dem dafür zur Verfügung stehenden Geld zusätzlich besser ausgerüstet wird. Um sie aber auch einsatztauglich zu machen, wird man darüber hinaus auf einem ganz anderen Gebiet neue Wege beschreiten müssen. Hier kann sich die Bundeswehr von Vorgehensweisen leiten lassen, wie sie auch in zivilen Unternehmen in Krisenzeiten immer wieder zum Einsatz kommen: Man muss auf erfahrenes Personal zurückgreifen und so die gesamte intern verfügbare Erfahrung bei der Umgestaltung nutzen. Empfehlenswert wäre es, innerhalb der Bundeswehr effektive Arbeitsgruppen zu bilden.
Diese sollten ausschließlich aus ehemaligen und aktiven Soldaten aller Truppengattungen beiderlei Geschlechts und mit Einsatzerfahrung bestehen, die die Möglichkeit erhalten, jederzeit weltweit unangemeldet im Auftrag des Ministeriums Liegenschaften der Bundeswehr zu besuchen.
Nur so ergibt sich ein ungeschminktes Bild der Lage vor Ort, eine Zustandsbeschreibung der Mängel und Bedürfnisse der Soldatinnen und Soldaten in Bezug auf Ausbildung, Ausrüstung und Fürsorge.
Diese Arbeitsgruppen würden monatlich einen Bericht mit ihren Erkenntnissen direkt dem Verteidigungsminister übergeben. Die Umsetzung der Ergebnisse dieses Berichtes müsste im Falle einer positiven Bewertung oberste Priorität haben. Einer der Vorteile wäre, dass der Minister Monat für Monat einen aktuellen »Wasserstandsbericht« der Bundeswehr erhalten und er so in die Lage versetzt würde, die erkannten Mängel umgehend abzustellen. Die großen Umwege der Bürokratie wären außer Kraft gesetzt.
Im Klartext: Wo sofort Geld benötigt wird, um lebensnotwendiges Material zur Verfügung zu stellen, muss sofort finanziert werden – wo erkennbar Geld verschwendet wird, muss sofort gegengesteuert werden.
Die Angehörigen dieser Arbeitsgruppen stellen sich sowohl aus aktiven Soldaten aller Dienstgradgruppen als auch aus externen Beratern zusammen, wobei Letztere zwingend den aktiven Dienst bei der Bundeswehr absolviert haben müssten. Vorteil dieser externen Berater wäre es, dass sich in diesem Personenkreis keiner darum Gedanken machen müsste, in der militärischen Hierarchie Nachteile zu erleiden.
Andere Armeen ziehen schon seit Jahren externe erfahrene Berater hinzu.
Denn eines hat sich bei jedem Besuch eines deutschen Abgeordneten bei den Soldaten immer wieder gezeigt: Um die Bedürfnisse von Soldaten zu erkennen, muss man die Sprache der Soldaten sprechen, und das können nur aktive oder ehemalige Soldaten. Gefährliche und lebensbedrohliche Situationen können nur von denen richtig eingeschätzt werden, die selbst solche Situationen schon einmal erlebt haben. Dann wird mit großer Sicherheit auch nicht mehr das passieren, was Soldaten immer wieder von Politkern behaupten: »Die wissen weder, worum es geht, noch wovon sie reden, da sie es selbst nie erlebt haben.«
8.3 Bundeswehrreform, ein Rohrkrepierer?
Ein Arbeitsstab unter der Leitung des Staatssekretärs Walther Otremba befasst sich seit November 2010 mit den Reformplänen der sogenannten »Weise-Kommission«, deren Aufgabe und Ergebnisse im letzten Kapitel bereits auszugsweise wiedergegeben wurden. Walther Otremba und sein Arbeitsstab haben speziell die Aufgabe, den Gremien des Ministeriums Vorschläge zu unterbreiten, wie die Empfehlungen der »Weise-Kommission« umgesetzt werden können.
Die erarbeiteten Vorschläge zur Umsetzung sind noch nicht in vollem Umfang bekannt, und die Reaktionen darauf bleiben abzuwarten. Bereits im Vorfeld der Umsetzung
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