Schwarzbuch Bundeswehr - Überfordert, demoralisiert, im Stich gelassen -
und auch vor der Öffentlichkeit verschwiegen. Doch so bleibt man auch den Soldatinnen und Soldaten die Antwort auf dieses Problem schuldig. Alle wissen im Grunde, dass das vorgegebene Sparziel des Kabinetts von 8,3 Milliarden Euro in den nächsten vier Jahren nicht erfüllbar sein wird, und Ex-Verteidigungsminister Karl-Theodor zu Guttenberg plädierte denn auch bereits für eine Kürzung dieser Vorgaben um etwa 4 Milliarden Euro, also dafür, das Sparziel um die Hälfte zu senken. Es bleibt die berechtigte Befürchtung, dass selbst diese enorm reduzierten Sparanstrengungen niemals Realität werden.
Unbestreitbar würden allerdings zwei Möglichkeiten zur Verfügung stehen, um Sparwillen zumindest zu demonstrieren, denn wenn von allen in der Gesellschaft der Gürtel enger geschnallt werden soll, wird sich die Bundeswehr davon nicht ausnehmen können.
Erstens wird man nicht umhinkommen, sich von fragwürdigen Investitionen zu trennen, die in der Vergangenheit in Rüstungsprojekte gesteckt wurden. Auf diesem Gebiet sind nachweislich viel zu häufig und viel zu lange enorme Geldsummen verschleudert worden. Es bleibt nur der Ausweg, Rüstungsgüter zukünftig auf dem internationalen Markt und erst nach harten Preisvergleichen und Verhandlungen einzukaufen – und zwar von der Stange, nicht mehr als Maßanfertigung.
Zweitens sind Standortschließungen trotz zu erwartender Proteste der Lokalpolitik in großer Anzahl durchzusetzen. Das mag für einzelne Regionen bitter sein, aber hier nachzugeben, wäre für das zu erreichende Sparziel hochgradig kontraproduktiv. Eine Armee mit fast halbierter Kopfzahl hat auch nur den halben Bedarf an solchen Ausbildungsstätten. Inoffiziellen Zahlen zufolge ist von achtzig bis hundert Standorten die Rede, die in den nächsten sechs bis acht Jahren dichtgemacht werden könnten. Die Vorteile einer kleineren Armee, nennen wir sie »Berufsarmee«, liegen gerade bei der Standortfrage auf der Hand.
Letzten Endes geht es bei allen Plänen für neue Strukturen und Umsetzungen immer um das gleiche Problem: Es kostet Geld. Geld, das im Falle der Bundeswehr eigentlich vorhanden ist, aber auf anderen Gebieten sinnlos verschwendet wird. Den Beweis für diese Behauptung kann jeder ohne große Mühe nachlesen und nachvollziehen: Im Bericht des Bundesrechnungshofes wird Jahr für Jahr dokumentiert, wie üppig fast sämtliche Ministerien mit ihren Aufgaben zurande kommen könnten, wenn sie sich die dort aufgezeigte Verschwendung öffentlicher Mittel zu Herzen nehmen würden.
Nach Aussagen und Analysen des Bundesrechnungshofes werden aktuell etwa 25 Milliarden Euro jährlich verschwendet, ein nicht geringer Teil davon bei der Bundeswehr. Da wirkte es schon etwas seltsam, als Karl-Theodor zu Guttenberg 1,2 Milliarden Euro verlangte für den Umbau der Bundeswehr. Dieses Geld sei vorgesehen für »attraktivitätssteigernde Maßnahmen«, etwa für Prämien für Freiwillige, und um zusätzliche Kosten abzudecken. Solche Summen müssten doch ohne große Anstrengungen allein durch sorgsameren Umgang mit den zur Verfügung stehenden Mitteln zukünftig aus eigener Kraft aufgebracht werden können. Man wird abwarten müssen, wie der am 3. März 2011 ernannte, neue Verteidigungsminister Thomas de Maizière mit der Situation umgeht.
Ganz kurios und in hohem Maße zynisch wird es aber, wenn sogar der Tod eines jeden Soldaten als Kostenfaktor ins Kalkül genommen wird. Ein toter deutscher Soldat kostet nach tatsächlich existierenden Berechnungen den Steuerzahler 2,3 Millionen Euro. Nachdem Ökonomen den Afghanistan-Einsatz auf 36 Milliarden Euro hochgerechnet haben, ist der Anteil von 2,3 Millionen Euro für jeden zu erwartenden toten deutschen Soldaten als eher gering einzustufen.
Das Verteidigungsministerium selbst hat den Afghanistaneinsatz auf jährlich 1 Milliarde Euro veranschlagt. Das Deutsche Institut für Wirtschaftsforschung liegt mit seiner Schätzung dreimal höher. Die Differenz liegt darin begründet, dass das Institut die Kosten, die anderen Ministerien durch gefallene und verwundete Soldaten entstehen (zum Beispiel durch Pensionsansprüche), mit einbezieht. Selbst die Zinskosten werden berücksichtigt. Sollte der Einsatz in Afghanistan also ungünstig verlaufen, könnten sich die Ausgaben locker verdoppeln.
Zugegebenermaßen ein makabres Beispiel, aber es gehört in dieses Buch, da endlich ehrlich mit allen Kosten der Bundeswehr umgegangen werden muss. Die Kosten eines Krieges müssen
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