Schwarzbuch Esoterik
echten Problem einer demokratisch-freiheitlichen Gesellschaft entwickeln.
Warnungen dazu gibt es schon länger, sie verhallen ungehört. So kann sich die Szene weiter und weiter entwickeln und sich Lobbyisten schaffen, die bei Kritik dafür sorgen, dass die Verharmlosung wieder greift. Im Zweifel wird das Argument hervorgeholt, es seien ja nicht viele Menschen.
Die Zielsetzung für die neu zu erschaffene Welt ist in den einschlägigen Veröffentlichungen nachlesbar. Die Ansprüche sind eindeutig formuliert. Als Entscheidungsinstanzen sind staatliche Institutionen nicht vorgesehen: »Hauptziel der magischen Arbeit ist der Kontakt mit dem Höheren Selbst, denn es ist die allerhöchste Gerichts- und Entscheidungsinstanz, der einzige wahre Meister und damit auch der eigentliche Magier.« 174
Der Politikwissenschaftler und Soziologe Hans-Gerd Jaschke stellte bereits 1998 fest: »Esoterik und Okkultismus könnte man als harmlose, politisch und gesellschaftlich wenig einflussreiche Spinnereien abtun, deren Schaden allenfalls darin besteht, dass die Leidensgeschichten ihrer Anhänger womöglich durch okkulte Praktiken noch verstärkt werden. […] Doch diese Einschätzung erweist sich als vorschnell, wenn man die historischen Zusammenhänge in diesem Jahrhundert (das 20. Jahrhundert – die Verf.) in Rechnung stellt. Die Vorgeschichte des Nationalsozialismus ist auch eine Geschichte der Attraktivität des Okkulten für die nationalsozialistische Ideologie. […] Begriffe und Ausgangs-punkte
wie der Glaube an die Volksseele, das organisch-biologistische Menschenbild, die Aufwertung quasi-religiöser Rituale sind philosophische Traditionsbestände, die das rechtsextreme antidemokratische Denken in der Weimarer Republik kennzeichnen und sich heute in der Esoterik und im Okkultismus mehr oder weniger wieder finden.« 175
Alle Religionen erheben Anspruch auf die einzige, beglückende, göttliche Wahrheit und würden nur zu gerne auf der Grundlage ihrer Wahrheit staatliches Handeln bestimmen. Aber keine freiheitliche Demokratie ist denkbar in einem Gottesstaat, auch nicht in einem christlichen. »Der Fundamentalismus im Namen des Christentums ist so alt wie das Christentum selbst. Er ist keineswegs, wie etwa der Fundamentalismus islamischer Migranten in Großbritannien, Frankreich oder der Bundesrepublik, eine historisch neuartige sich entwickelnde Erscheinung.« 176
Literaturnachweis
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Jones, Celeste, Kristina und Juliana: Nicht ohne meine Schwestern: Gefangen und missbraucht in einer Sekte – unsere wahre Geschichte. 5. Auflage. Köln: Bastei Lübbe 2010.
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Lambrecht, Oda und Baars, Christian: Mission Gottesreich. Fundamentalistische Christen in Deutschland. Berlin: Links 2009.
Nissen, Henri: Ein Gott, der Wunder tut. Lüdenscheid: Asaph 2004.
Nordhausen, Frank und von Billerbeck, Liane: Psycho-sekten. Die Praktiken der Seelenfänger. Berlin: Links 1997.
Riese, Berthold: Die Maya. München: Beck 2006.
Schellenkamp, Klaus: Geboren im Schatten der Angst. Ich überlebte die Colonia Dignidad. München: Herbig 2007.
Singer, Margaret Thaler und
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