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Schwarzbuch Kirche - Und führe uns nicht in Versuchung

Titel: Schwarzbuch Kirche - Und führe uns nicht in Versuchung Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bastei Lübbe
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– Blüte der Inquisition
     
    Am Ostersonntag des Jahres 1478 wurde während der Messe im Florentiner Dom ein Mordanschlag auf die Brüder Lorenzo und Giuliano de’ Medici verübt. Lorenzo überlebte verletzt, sein Bruder verblutete in dem Gotteshaus. Bekannt ist dieses Attentat als Pazzi-Verschwörung, nach der mit den Medici konkurrierenden Familie. Doch die Pazzi waren nicht die alleinigen Verschwörer: Mit ihnen und weiteren Adligen verbündet hatte sich auch Papst Sixtus IV ., der für seinen Neffen oder Sohn, so genau weiß man das nicht, Girolamo Riario della Rovere eine standesgemäße Herrschaft suchte. Lorenzo, der Stadtherr von Florenz, sollte ermordet werden, seine Stelle sollte Girolamo einnehmen.
    Nach dem missglückten Anschlag wurde der Erzbischof von Pisa, auch er ein Verwandter des Papstes und in den Anschlag verwickelt, von aufgebrachten Florentiner Bürgern gelyncht. Der Papst wollte deshalb zur Wiederherstellung der Ehre der Kirche und seiner Familie Krieg gegen die Republik Florenz führen, er benötigte dazu aber die militärische Unterstützung des Königs Ferdinand von Neapel. Dessen Cousin, Ferdinand II . König von Aragón, verheiratet mit Isabella der Katholischen von Kastilien und damit de facto Herr über ganz Spanien, Sardinien und Sizilien, sollte ebenfalls dem Papst zu Hilfe kommen. Das spanische Königspaar nutzte diese Lage, um im Gegenzug vom Papst die Lizenz zu erhalten, in ihren Ländern die Inquisition auf eigene Rechnung organisieren zu dürfen. Sie sollte sich in erster Linie gegen Mauren und Juden richten, die zwangsweise zum Katholizismus konvertiert waren, aber im Verdacht standen, heimlich doch ihrer alten Religion treu geblieben zu sein. Die spanische Inquisition war, wie auch ihre kurz darauf entstandene portugiesische Entsprechung, also eine staatliche Institution, die allerdings auf kirchlicher Erlaubnis beruhte und von Geistlichen, meistens Dominikanern, betrieben wurde. Königin Isabellas Beichtvater, der Dominikaner Tomás de Torquemada, wurde von Sixtus IV . zum ersten spanischen Großinquisitor ernannt.
    Torquemada war noch vollkommen von mittelalterlichem Denken geprägt und glaubte unerschütterlich an die wörtliche Wahrheit der Bibel. Nach der Entdeckung Amerikas rettete er dieses Weltbild mit der These, die in Amerika vorgefundenen Menschen und Tiere seien nach der Sintflut von Engeln über das Meer auf den neuen Kontinent transportiert worden. Der Inquisitor war ein Organisationstalent und gründete eine eigene Behörde, den Rat der Heiligen und Höchsten Generalinquisition, um die Verfolgung von Ketzern und abtrünnigen Christen zu systematisieren. Der institutionalisierte Terror, der mit Torquemadas Wirken in Spanien seinen blutigen Weg begann, prägt den Begriff der Inquisition bis heute, und Torquemada wurde in der späteren Literatur zum Urbild des schrecklichen Ketzerjägers und Foltermeisters, womit seine Bedeutung wohl überschätzt wird. Gesichert ist für seine Amtszeit die Zahl von 826 getöteten Opfern, vielleicht waren es bis zu 2000 Menschen. Wie viele Beschuldigte freilich sonst schwer geschädigt wurden, oder wie viele Juden der Inquisition nur deshalb entgingen, weil sie – Perfidie der Geschichte – 1492 ausgewiesen wurden, ist schwer zu sagen.
    Die sprichwörtliche Strenge der Spanier in Formfragen, die auch das besonders steife spanische Hofzeremoniell geprägt hatte, machte sich auch bei der Ausgestaltung einer Besonderheit des Inquisitionsprozesses bemerkbar, des Autodafés. Mit diesem Namen, der eigentlich »Akt des Glaubens« (portugiesisch: auto da fé ) bedeutet, wurde erstmals 1242 in Paris ein besonderer Gottesdienst bezeichnet, in dem das Urteil der Inquisition gegen Verfolgte verkündet wurde. Oft schritt man nach der Feier der heiligen Messe gleich zur Urteilsvollstreckung. Diese Form bildete sich aus, als die Zahl der Verurteilungen immer zahlreicher wurde und man nicht mehr für jeden einzelnen Delinquenten eigens Zeit aufwenden wollte. Immer wieder sonntags lud man also die Gläubigen in die Kathedralen, um ihnen zur Abschreckung und frommen Ergötzung die Prozession der überführten Ketzer zu zeigen, die in Büßerhemden und mit spitzen Ketzerhüten – nach jahrelanger Haft oft krank und halb verhungert – auf eine eigens errichtete Bühne geführt wurden. In der Hand hielten sie ausgeblasene Kerzen als Zeichen der Verwirkung ihres Lebens. Die Gläubigen konnten durch Teilnahme an der feierlichen heiligen Messe in

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