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Schwarzbuch Kirche - Und führe uns nicht in Versuchung

Titel: Schwarzbuch Kirche - Und führe uns nicht in Versuchung Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bastei Lübbe
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Kongregation lag darin, die durch die Entwicklung des Buchdrucks sintflutartig zunehmende Zahl der veröffentlichten Werke durchzusehen und solche Bücher zu verbieten, die falsche Meinungen propagierten oder unmoralische Inhalte aufwiesen. Das Meinungs- und Medienmonopol, das die Kirche beanspruchte, sollte wenigstens in den katholisch gebliebenen Ländern und hier vor allem an den Universitäten erhalten werden. Eine Idee war gefährlicher als ihr Urheber, das hatte man in Rom inzwischen verstanden, deshalb nahm die Verfolgung einzelner Personen dort nur einen geringen Raum ein. Damit die Gläubigen wussten, welche Bücher sie nicht lesen durften, wurden diese Titel in einem Katalog bekannt gemacht, dem erstmals 1559 erschienenen Index Librorum Prohibitorum (»Verzeichnis verbotener Bücher«). Vierhundert Jahre lang sollten im Abstand von mehreren Jahren Neuausgaben erscheinen, dazu wurden jährlich Nachträge veröffentlicht. Die immer größer werdende Zahl von neu erscheinenden Büchern, die noch dazu in immer mehr Sprachen veröffentlicht wurden, ließen freilich das gesteckte Ziel im Lauf der Zeit immer unrealistischer erscheinen. 1965 wurde der Index schließlich abgeschafft. Zuletzt waren darin immerhin etwa 6000 Werke verzeichnet, zwar nur ein winziger Bruchteil aller erschienenen Titel in der langen Zeit, seit es gedruckte Bücher gibt, aber es befanden sich wichtige Autoren darunter, etwa Kant, Luther, Zwingli oder Heinrich Heine, um nur einige deutschsprachige anzuführen. Insgesamt war in der gesamten Zeit der Geltung des Index ein kleines Heer von über 3600 Zensoren damit beschäftigt gewesen, Neuerscheinungen zu lesen und darüber zu entscheiden, ob sie für Katholiken geeignet seien oder nicht. Es ist nicht ganz klar, ob die Entscheidung von 1965 , den Index aufzuheben, von rein praktischen Erwägungen geleitet war. War Rom nun überzeugt, dass ein Christ eigenverantwortlich entscheiden durfte, was er lesen wollte? Oder hatte man schlicht eingesehen, dass kirchliche Bücherverbote angesichts der Flut von Neuerscheinungen ohnedies illusorisch waren?
     
    Die römische Inquisition hat wenig gegen einzelne Irrlehrer unternommen, allerdings spielten zwei spektakuläre Fälle bis in die jüngste Gegenwart eine Rolle. Da ist zunächst das Schicksal des ehemaligen Dominikanermönchs Giordano Bruno, der mit unorthodoxen Ideen von sich reden machte und ein unstetes Wanderleben durch viele europäische Universitäten führte. Viele Lehrstühle hatte er nur kurze Zeit inne, weil er sich überall mit den Autoritäten anlegte. Nachdem ihn die Evangelischen aus ihrer Kirche ausgeschlossen hatten, kehrte er nach Italien zurück. Die Republik Venedig ließ den Gelehrten verhaften und lieferte ihn an den Kirchenstaat aus, wo er sieben Jahre im Gefängnis der Römischen Inquisition, der Engelsburg, saß.
    Wegen dreier Behauptungen, von denen er nicht abschwören wollte, wurde Bruno der Prozess gemacht. Er hatte gelehrt, dass Christus nicht Gottes Sohn gewesen sei, dass es kein Jüngstes Gericht am Ende der Welt gebe und dass die am Himmel erkennbaren Sterne Sonnen wie die unsere seien, es folglich nicht nur diese Welt, sondern noch viele weitere Welten geben müsse. Die Kardinäle sprachen Bruno wegen dieser Thesen schuldig und übergaben ihn dem »weltlichen Arm«, der im Kirchenstaat allerdings wiederum vom Papst abhing. Der weltliche Gouverneur des Papstes verurteilte den Ketzer zum Tod auf dem Scheiterhaufen. Das Urteil wurde am 17 . Februar 1600 vollstreckt, der erst 52 -jährige Expriester starb unter frommen Gesängen des Publikums auf dem Scheiterhaufen.
    Der zweite Prominente, der in die Fänge der Römischen Inquisition geriet, Galileo Galilei, kam glimpflicher davon. Allerdings legte man ihm nur zur Last, die Theorie zu vertreten, wonach sich die Erde auf einer Kreisbahn um die Sonne bewege. Diese Idee hatte schon 1543 der katholische Geistliche und Domherr im damals preußischen Bistum Ermland Nikolaus Kopernikus veröffentlicht, nur war das damals niemandem in Rom aufgefallen. Galilei war jedenfalls bereit, seiner Lehre abzuschwören, die das damalige Weltbild der Kirche infrage stellte. Denn die Kirche hielt es für eine unumstößliche, in der Bibel geoffenbarte Wahrheit, dass die Erde der feststehende Mittelpunkt des Weltalls sei, um den sich alle anderen Himmelskörper drehten. Aufgrund seines Widerrufs wurde Galilei nicht zum Tod verurteilt, sondern begnadigt, er musste allerdings den Rest seines

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