Schwarzbuch Kirche - Und führe uns nicht in Versuchung
anmahnen, dass das spezifisch Christliche für diese Länder in Asien »inkulturiert«, also an die dortigen Kulturen angepasst werden müsse.
Gegen den 1946 geborenen Vietnamesen Peter C. Phan, Theologieprofessor an der von Jesuiten geleiteten Georgetown University, der immerhin Direktor der Catholic Theological Society of America war, ermittelt seit 2004 unter dem Aktenzeichen 537 / 2004 - 21114 die Glaubenskongregation. Er hatte ein Buch veröffentlicht unter dem Titel Being Religious Interreligiously: Asian Perspectives on Interfaith Dialogue (»Religiös sein auf interreligiöse Weise: Asiatische Perspektiven auf den interreligiösen Dialog«), in dem er das Problem des Dialogs zwischen Christen mit Buddhisten oder Hindus behandelt. Die Untersuchung der Glaubenskongregation ist noch nicht abgeschlossen. Wie wird sie ausgehen? Eine Organisation, die seit 500 Jahren auf Fehlersuche eingeschworen ist, wird Fehler finden. Überall, wo sie sucht. Und es steht zu befürchten, dass sie – wie seit 500 Jahren gewohnt – aus Angst um die Autorität der Kirche jede kleine Freiheit des Gläubigen in seiner Haltung zur Lehre der Kirche auch hier zu unterdrücken versucht. Sollte es schon ein Hoffnungsschimmer sein, dass in der bisher fünfjährigen Amtszeit von Papst Benedikt XVI . die Glaubenskongregation unter ihrem neuen Präfekten Kardinal Levada erst eine einzige Beanstandung ausgesprochen hat, und zwar gegen den Jesuiten und Befreiungstheologen Jon Sobrino, jedoch ohne ein Lehrverbot oder sonstige Strafmaßnahmen zu verhängen? Oder ist diese Entwicklung – wie ein Zyniker meinen könnte – nur dem Umstand geschuldet, dass die Kongregration mit der Bearbeitung der vielen Fälle sexuellen Missbrauchs von Kindern durch Priester derzeit überlastet ist?
9.
Der Kampf der Kirche gegen die Moderne
Kirche und Moderne, das scheint nicht zusammenzupassen, bestenfalls als ein Gegensatzpaar. Doch warum eigentlich? Wo liegt die Wurzel dieses Konflikts? Tatsächlich bereits in der Verurteilung Galileo Galileis, wie Benedikt XVI ., oberster Repräsentant der katholischen Kirche, meint? Unter negativen Vorzeichen habe damals ein langes Streitgespräch zwischen moderner Vernunft und christlichem Glauben begonnen, so der Papst in seiner Weihnachtsansprache 2005 . Das Verhältnis von Kirche und Moderne, so der Papst weiter, »hatte mit dem Prozess gegen Galilei einen sehr problematischen Anfang genommen. Es war im Folgenden vollkommen zerbrochen, als Kant die ›Religion innerhalb der Grenzen der bloßen Vernunft‹ beschrieb und als in der radikalen Phase der Französischen Revolution ein Staats- und Menschenbild Verbreitung fand, das der Kirche und dem Glauben praktisch keinen Raum mehr zugestehen wollte.« Diese Einschätzung des Papstes ist zwar nicht falsch, sie trifft dennoch nicht den Kern des Problems. Der Fall Galilei, der im Kapitel »Erzwungene Einsichten« näher dargestellt wurde, verdient Kritik wegen der darin gezeigten Anmaßung der Kirche, die Freiheit der Gedanken einzuschränken. Dass die Kirche Galileos Theorie, wonach die Erde sich um die Sonne dreht und nicht umgekehrt die Sonne um die Erde, für falsch hielt, ist verzeihlich. Denn dieser Auffassung waren damals auch andere Naturforscher. Mit der Moderne hatte der Konflikt zwischen Kirche und Galilei nichts zu tun.
Die beiden anderen vom Papst benannten Faktoren, Kants Philosophie und die radikale Liberalität der Französischen Revolution waren durchaus geistige Wegbereiter der Moderne, und als solche nimmt sie der Papst ernst. Nur bedenkt die Kirche bei ihrer Analyse offenbar nicht, dass es die Moderne nie gegeben hätte, wäre sie nur in der Welt der Ideen fundiert. Moderne hieß für den Normalbürger um 1800 Dampfmaschinen, Produktivitätsfortschritt, Welthandel und daraus ergab sich eine konkrete Hoffnung auf Verbesserung der Umstände des täglichen Lebens. Die Attraktivität der schönen neuen Welt wuchs noch, seitdem eine naturwissenschaftlich fundierte Medizin breiteren Bevölkerungskreisen verfügbar wurde und damit Krankheit und Siechtum viel von ihrem bisher rein schicksalshaften Charakter verloren. Es schwand also der »Mehrwert« der Religion für den Alltag des Einzelnen und die alten Sinnstiftungen und ihre Vertreter verloren an Bedeutung und Glaubwürdigkeit.
Aber wesentlicher noch, obwohl das den meisten Zeitgenossen gar nicht bewusst wurde, war die Schnelligkeit, mit der die Entwicklung der Technik, der
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