Schwarzbuch ÖBB
unter Verschluss hält?
Hohe Kosten für kurzes Abbremsen
Die Kosten von Langsamfahrstellen – egal, ob es sich um Befehle handelt oder ob sie in der Broschüre oder im »Buchfahrplan« aufscheinen – sind enorm. Denn jedes Abbremsen und wieder Beschleunigen ist mit hohem Energieverbrauch verbunden und damit teuer. Bezahlt wird das aber nicht vom Verursacher – der ÖBB -Infrastruktur AG –, sondern von allen privaten und staatlichen Unternehmen, welche die Strecke benützen.
ÖBB – Bremsen und Gas geben
Halten wir fest: Die ÖBB können sich manchmal nicht entscheiden, was sie wollen: bremsen oder Gas geben. Einerseits fahren sie meist langsamer als notwendig. Andererseits gibt es Pläne für winzige Streckenbeschleunigungen, die Milliarden Euro kosten.
1,65 Milliarden für fünf Minuten Beschleunigung
Im April 2013 gaben die ÖBB in einer Pressekonferenz den Plan für eine zwanzig Kilometer lange Strecke von Salzburg in Richtung Osten bis Köstendorf bekannt, die großteils in einem Tunnel verläuft. Kosten: 1,65 Milliarden Euro. Zeitersparnis: lediglich fünf Minuten.
Man reibt sich die Augen und fragt sich: Sind die verrückt geworden? 1,65 Milliarden Euro, um fünf Minuten schneller zu sein? Ja, es ist wahr! Weil man aus Erfahrung weiß, dass die Baukosten am Ende oft sehr viel höher sind, kann man realistischerweise von Kosten in der Höhe von zwei bis drei Milliarden ausgehen.
Laut Helmut Mödlhammer, Präsident des Österreichischen Gemeindebundes und Bürgermeister der vom Streckenverlauf profitierenden Gemeinde Hallwang, ist das eine Situation, bei der alle gewinnen: die ÖBB , die Anrainer und auch die Umwelt. Die richtig großen Gewinner – Planungsfirmen, Baukonzerne, Banken – erwähnt er genauso wenig wie die großen Verlierer. Das sind die Steuerzahler, die das finanzieren.
Von der EU gefördert
In der Pressekonferenz zur Bekanntgabe dieses Milliarden-Projekts wurde auf die europäische Bedeutung dieses Streckenabschnitts verwiesen. Es handle sich um einen »Teil der Linie Paris–Bratislava«. Das heißt, es wird von der EU auf Teufel komm raus gefördert, mit bis zu vierzig Prozent aller Kosten. Ob das sinnvoll ist, spielt keine besondere Rolle. Sehen wir uns an, welchen Nutzen die Bahnstrecke von Paris über Wien nach Bratislava hat.
Die EU träumt – von Wien nach Paris
Weil die ÖBB -Homepage Scotty ein einziges Ärgernis ist, rufe ich die zentrale Service-Telefonnummer an. Ohne Wartezeit lande ich bei einem freundlichen, kompetenten Mitarbeiter. Und frage nach einer direkten Zugverbindung Wien–Paris.
Nein, erklärt er mir, so etwas gibt es schon seit fünf Jahren nicht mehr. Ich müsse zumindest einmal umsteigen, in München. 400 Euro kostet die Fahrt hin und retour mit Vorteilscard, wenn man ab München den Schlafwagen benutzt. Aber wer tut das schon? Heutzutage fliegt man – das ist schneller und billiger.
Offenbar hat die EU diese Entwicklung verschlafen. Warum, so fragt man sich, legt die EU so viel Wert darauf, den Ausbau von Bahnstrecken zwischen so weit auseinander liegenden europäischen Städten mit vielen Subventionsmilliarden voranzutreiben, wenn es keinen Bedarf dafür gibt? Man kann sich jede beliebige transeuropäische Strecke ( TEN-T ) herauspicken, und es ist überall dasselbe:
Die EU träumt von durchgehenden schnellen Bahnverbindungen, die Europa von einem Ende zum anderen verbinden, die kein Mensch braucht. Für so weite Strecken benutzt man das Flugzeug.
Von Wien nach Bratislava – bitte warten
Die hehre Idee von schnellen europäischen Bahnverbindungen funktioniert ja nicht einmal zwischen Wien und Bratislava. Obwohl diese beiden Hauptstädte nur 54 Kilometer voneinander entfernt sind, benötigt man dafür eine Stunde.
Wenn die ÖBB wollten, könnten sie auf dem nördlich gelegenen, 35 Kilometer langen Streckenteil zwischen Stadlau und Marchegg wieder ein zweites Gleis verlegen und alles elektrifizieren. Das würde drei Jahre dauern, und man wäre in einer Dreiviertelstunde in Bratislava. Und zwar für einen Bruchteil jener 1,65 Milliarden Euro, welche die ÖBB für eine Dreißig-Kilometer-Strecke bei Salzburg planen.
Andreas Malath*, viele Jahre hochrangiger Manager der ÖBB , erklärt, dass die Sozialdemokraten immer dagegen waren, mit dem Argument: »Wir wollen die Tschuschen net a no herholen mit einem attraktiven Verkehrsangebot!« Malath findet das dumm. Denn so ein Projekt hätte man in sehr kurzer Zeit realisieren können – mit weit
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