Schwarzbuch ÖBB
höherem Nutzen für die Wirtschaft als die monströsen Tunnelprojekte. Aber weil die Ostbahnstrecke nach Marchegg weitgehend gerade und eben verläuft, könne man hier keine Tunnel bauen.
Im Frühjahr 2013 verkündeten die ÖBB einen Investitionsplan für diese Strecke. Da hieß es, die Ostbahnstrecke über Stadlau und Marchegg zur Staatsgrenze werde ausgebaut und elektrifiziert. Der Fertigstellungstermin ist jedoch in weiter Ferne – 2030. ÖBB im Schneckentempo.
Auf der südlich der Donau gelegenen Bahnverbindung zwischen Wien und Bratislava/Petržalka gibt es ein anderes Problem. Ein Großteil der Strecke wurde bereits vor vielen Jahren für Geschwindigkeiten bis 250 km/h ausgebaut. Die dort eingesetzten Regionalzüge sind jedoch nur für Geschwindigkeiten bis 140 km/h geeignet. Die ÖBB folgen hier offenbar dem Grundsatz: Nur nicht zu schnell fahren!
Aus Prinzip verspätet
Auch wir – Friedrich Z. , unser Lokführer und ich – müssen uns diesem Grundsatz beugen. Unseren Zielort Matzleinsdorfer Platz in Wien erreichen wir mit sechs Minuten Verspätung.
7. Güter hin, Güter her
Straße statt Schiene
»Der LKW überzeugt durch Geschwindigkeit und Flexibilität. Unabhängig davon, ob gekühlte Ware nach Kroatien, Papier nach Griechenland, Haushaltsartikel von Süd- nach Nordeuropa befördert werden sollen – wir haben die passende Lösung.«
Diese Werbung für Straßentransporte stammt nicht von einem LKW -Unternehmen, sondern von einer Tochterfirma der ÖBB , die in diesem Fall offenbar auf »Straße statt Schiene« setzt. Und zwar nicht nur in Europa, sondern auch in »Zentralasien«, wie die Homepage der »Express Interfracht« voller Stolz verkündet. Gemessen am Umsatz – 640 Millionen Euro im Jahr 2011 – zählt diese ÖBB -Tochterfirma zu den ganz großen österreichischen Transportfirmen. Der Gewinn ist mit einer Million Euro zwar nur minimal, aber immerhin – es ist ein Gewinn. Denn im Jahr zuvor hatte die Firma einen Verlust von achtzehn Millionen Euro erwirtschaftet.
Die »Express Interfracht« ist auch im Ausland tätig und hat ihren Fuhrpark von 98 LKW im Jahr 2009 auf derzeit 250 vergrößert. Einer Firmen-Präsentation hochrangiger Güterverkehrsmanager der ÖBB vom April 2013 ist zu entnehmen, dass die »Express Interfracht« im Jahr 2012 insgesamt 22 Prozent ihres Umsatzes – also rund 200 Millionen Euro – nicht mit der Bahn erzielte.
In einer offiziellen Stellungnahme vom 9. Juli 2013 erklärten die ÖBB , dass lediglich acht LKW im Besitz ihrer Gütersparte stehen und deshalb auch kein entsprechender Umsatz mit LKW erzielt wird. Diese Aussagen stehen in krassem Widerspruch zu hauseigenen ÖBB -Veröffentlichungen.
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Gütertransport in Österreich – wohin geht die Reise? (laut Daten der Statistik Austria)
1.
Von 2000 bis 2008 gab es sowohl auf der Straße als auch auf der Schiene einen starken Anstieg des Güterverkehrs. Seit Beginn der Finanz- und Wirtschaftskrise im Jahr 2008 geht es in beiden Bereichen aber wieder eher bergab.
2.
Zwischen 2000 und 2012 ist der Gütertransport, gemessen in Tonnen, sowohl auf der Schiene als auch auf der Straße um insgesamt etwa zwanzig Prozent gestiegen. Das entspricht einem jährlichen Zuwachs von lediglich 1,7 Prozent. Sowohl auf der Straße als auch auf der Schiene werden derzeit aber weniger Güter transportiert als noch im Jahr 2006.
3.
2012 ist der Gütertransport, gemessen in Tonnen, im Vergleich zum Vorjahr auf der Schiene um rund acht Prozent und auf der Straße um rund drei Prozent zurückgegangen.
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»Express Interfracht«
Die »Express Interfracht« ist eine Firma mit schillernder Vergangenheit. Ursprünglich gehörte sie der Kommunistischen Partei Österreichs, bis sie 1999 an die ÖBB verkauft wurde. Der aktuelle Geschäftsbericht birgt eine Überraschung:
Die Firma steht nicht in alleinigem Eigentum der ÖBB -Gütersparte »Rail Cargo Austria«, sondern weist als Ko-Gesellschafterin die prominente Anwaltskanzlei »Lansky, Ganzger & Partner« aus, mit einem Anteil von 0,01 Prozent. Diese kam vor einigen Jahren ins Gerede, weil sie von den ÖBB einen Pauschalvertrag über 4,5 Millionen Euro für Rechtsberatung der ÖBB erhalten hatte (siehe »Millionen-Anwälte« ).
Was steckt hinter der ungewöhnlichen Beteiligung von Lansky und Co. an der »Express Interfracht«?
Rechtsanwalt Gabriel Lansky erklärte Ende Juni 2013, dass die Kanzlei grundsätzlich keine Stellungnahme zu
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