Schwarzbuch WWF: Dunkle Geschäfte im Zeichen des Panda (German Edition)
Regimegegner ermordet.«
Unklar bleibt, ob die WWF-Spitze auch von diesen Kriegsverbrechen wusste, die unter dem Deckmantel des Naturschutzes von der Spezialeinheit KAS begangen wurden. Dowling kann es nur vermuten: »Schließlich waren hochrangige WWF-Funktionäre in der Leitung des Krüger-Nationalparks. Im Park wurden die Sondereinheiten trainiert, und es gab dort auch ein Geheimgefängnis für Apartheidgegner.« Ein schwerwiegender Vorwurf, zu dem ich John Hanks befragen möchte. Er ist immer noch einer der führenden Naturschützer in Südafrika. Er sei zu einem Interview über die Geschichte des WWF in Südafrika bereit, schreibt er zurück. Das Interview wird vereinbart. Aber dann lässt er es platzen, er habe »gehört«, dass ich ihn auch über die Operation Lock befragen wolle. In der schriftlichen Absage heißt es: »Ich bin nicht bereit, über die Operation Lock zu sprechen, bitte streichen Sie das Interview von ihrem Plan.«
Die Akteure der KAS-Kampftruppe rekrutierten sich nach Dowlings Recherchen nicht nur aus Veteranen der britischen Eliteeinheit SAS. Von Zeit zu Zeit tauchten auch aktive Offiziere aus London auf. So lud die Operation Lock eine Spezialistin der britischen Armee für biologische und chemische Kriegsführung zu einem Arbeitsbesuch nach Südafrika ein. Colonel Ian Crooke hatte nämlich eine pfiffige Idee: Er wollte die Hörner der Rhinozerosse mit Gift imprägnieren. Die Schmuggler des Horns, aber auch die Endverbraucher in Asien würden daran sterben. Dieser Giftkrieg sollte Angst und Schrecken verbreiten und den Schmuggel zum Erliegen bringen. Soweit bekannt ist, wurde diese hinterhältige Kriegslist nicht bis zur Praxisreife entwickelt.
Kevin Dowling stieß bei seiner Recherche auf immer neue grauenhafte Details der Operation Lock, kam aber nicht auf die Idee, dass er selbst langsam, aber sicher zu einem politischen Problem wurde. Er habe sich sicher gefühlt, weil ihm niemand unterstellen konnte, je ein »Linker oder Radikaler gewesen zu sein«. Während des Rohschnittes kam das Aus für den Film: »Der Adjutant von Prinz Philipp machte dem Direktor des Kanals in mehreren Telefonaten klar, dass dieser Film der Nationalen Sicherheit schaden könnte. Das war es dann.«
Der WWF hat die Operation Lock jahrelang vertuscht und kleingeredet. Erst im Jahr 2011 gestatte die WWF-Führung dem Schweizer Historiker Alexis Schwarzenbach Zugang zu den Archiven. Schwarzenbach ist Autor der offiziellen WWF-Biografie, die zum 50. Geburtstag der Organisation erschienen ist. Im Kapitel »Operation Lock« räumt er nach Sichtung der internen Briefe und Dokumente ein, dass nicht nur südafrikanische WWF-Funktionäre und Prinz Bernhard in das verdeckte Vorgehen involviert waren, sondern auch der WWF International. Anfang 1989 sei auch Präsident Prinz Philip als WWF-Präsident informiert worden.
Lob gebührt dem Historiker Schwarzenbach auch deswegen, weil er in einem weiteren Punkt die jahrelange Praxis des Leugnens und Verdrängens aufgibt. Er räumt ein, dass es bei der Operation Lock wohl um mehr als um die Jagd auf Wilddiebe ging. Ian Crooke, der Kommandeur der WWF-Spezialeinheit, habe mit der südafrikanischen Armee bei ihrem Kampf gegen die Befreiungsbewegung kooperiert: »Er bot den südafrikanischen Streitkräften zudem Hilfe bei ihrem Kampf gegen den ANC und andere Gegner des Apartheid-Regimes an.«25
Für Kevin Dowling kommt die Selbstkritik des WWF zu spät. Seine brisanten Interviews verschwanden im Giftschrank von Channel 4, möglicherweise auch an einem anderen Ort. Es wäre gut, wenn der Sender das Material jetzt endlich freigeben würde. Denn trotz der stückweisen Teilgeständnisse des WWF sind viele Dinge noch ungeklärt. Offen bleibt die Frage, wie tief der WWF und die von ihm beauftragte Spezialeinheit KAS tatsächlich in den brutalen Krieg des südafrikanischen Regimes gegen den ANC, aber auch gegen seine Nachbarländer involviert war und ob und ggf. wie viele Menschen als Folge dieses WWF-Abenteuers getötet wurden. Die tiefe Verwicklung in das Terrorregime Südafrikas bleibt auf alle Fälle ein schweres Erbe für die Afrika-Politik des WWF. Als Kevin Dowling sein Wissen den großen britischen Zeitungen in der Fleet Street anbot, stieß er auf taube Ohren. Niemand hatte mehr Lust, die brisante Geschichte zu veröffentlichen. Und Kevin Dowling hatte nicht die Kraft, sich von ihr zu lösen. »Er war von der Story besessen«, erinnert sich sein Freund René Zwaap – »am Ende hat
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