Schwarzbuch WWF: Dunkle Geschäfte im Zeichen des Panda (German Edition)
viele Gewehre haben, um eine Million Elefanten zu töten? Bevor der Film fertig war, wusste ich: Diese Zahl war falsch. Der WWF hätte es eigentlich besser wissen müssen. Ich halte es für möglich, dass er mich damit gefüttert hatte, um Stimmung für eine härtere Gangart gegen Wilddiebe zu machen. Ich brachte den Film trotzdem zu Ende und erhielt für ihn vom WWF sogar einen Preis. Aber meine Zweifel wogen schwer.«
Kevin Dowling brach erneut nach Afrika auf, diesmal mit dem Ziel, die Geheimnisse des WWF aufzudecken. 1992 strahlte der britische Sender ITV das Ergebnis der Recherchen aus: Ten pence in the Panda, eine erste Auseinandersetzung mit dem kolonialen Erbe des WWF. Dieser Film ist nur einmal gesendet worden, dann verschwand er im Archiv. Ich habe versucht, zumindest eine Ansichtskopie vom Sender zu erhalten – vergebens. Der Dokumentarfilm ist auch 20 Jahre nach seiner Ausstrahlung gesperrt. Es ist wie verhext: Niemand hat eine Kopie, er steht in keiner Bibliothek. Die politischen und medialen Freunde des WWF haben offenbar gründlich sauber gemacht, denn für den WWF waren Dowlings Recherchen Dynamit. Unter anderem glaubte er, Beweise dafür gefunden zu haben, dass Spendengelder zweckentfremdet wurden. Vor Renés Kamera holt Kevin Dowling einen Aktenordner aus dem Wohnzimmerschrank und öffnet ihn. Laut Dowling handelt es sich um einen internen und geheimen Untersuchungsbericht des WWF, den so genannten Phillipson-Report.
1987 hatte der WWF den Oxforder Ökologen John Phillipson mit einer umfassenden Unternehmensprüfung beauftragt. Die WWF-Geschäftsführung dürfte von der Prüfung nicht gerade begeistert gewesen sein, aber sie geschah auf ausdrücklichen Wunsch von Anton Rupert. Der südafrikanische Tabaktycoon hatte die Macht dazu, denn er zahlte laut Dowling das Gehalt des Generaldirektors des WWF aus eigener Tasche. Auch dies wurde jahrelang vom WWF als Geheimnis gehütet. Rupert wollte wissen, wie effizient die internationalen Projekte des WWF waren und was am Management verbessert werden konnte.
Das Ergebnis der damaligen Prüfung war unzweideutig: Langfristige Erfolge des WWF gebe es »wenig«, und in der Dritten Welt werfe man ihm vor, »egozentrisch und neokolonialistisch« zu handeln. Lokale WWF-Mitarbeiter in Entwicklungsländern würden oft diskriminiert. »Sie ärgern sich darüber, dass sie nicht gefragt, ja nicht einmal informiert werden, wenn es um Naturschutzprojekte in ihrem eigenen Land geht.« Auch das Finanzgebaren des WWF sei insgesamt nur als »entsetzlich« zu bezeichnen. Nur der persönliche Druck von Prinz Philip, der zu dieser Zeit bereits Präsident von WWF International war, konnte Prüfer Phillipson dazu bewegen, dieses Urteil in »es lässt zu wünschen übrig« abzuschwächen. Über das Rechnungswesen und damit über die Verwendung der Spendengelder fällte Phillipson ein vernichtendes Urteil, das er etwas prosaisch so umschrieb: »Ein emsiger Prüfer, angesetzt auf die Akten mit den Projektabrechnungen, würde einen Schrank voll mit Skeletten öffnen.« Über viele Feldprojekte fand Phillipson überhaupt keine Berichte, bei anderen gab es keine Abrechnungen darüber, wohin die Gelder geflossen waren.
Prinz Philip war vermutlich »not amused« über das Treiben des Prüfers und schrieb dem Generaldirektor des WWF, Charles de Haes, einen geharnischten Brief: »Ich hatte keine Ahnung, dass wir damit in so einer Patsche landen würden! Was immer wir auch damit anfangen, wir werden Ärger bekommen. Wenn wir es nicht vollständig veröffentlichen, wird man uns anklagen, dass wir irgendetwas vertuschen. Wenn wir es veröffentlichen, dann haben alle Miesmacher einen Festtag.«20 Der Prinz gab den Rat, den brisanten Bericht nicht im Stiftungsrat des WWF zu verteilen. Von den 208 Seiten der Prüfung wurden am Ende ganze 9 Seiten verteilt. Zu Recht befürchtete Philip einen Spendeneinbruch, sollten die Erkenntnisse des Prüfers bekannt werden, einige davon waren reines Dynamit. Über die WWF-Kampagne zur Rettung des Pandas urteilte Phillipson zum Beispiel: »Der WWF hat nicht ernsthaft versucht, sein Panda-Programm erfolgreich umzusetzen ... die Spender wären bestürzt, erführen sie, dass die Kapitaleinlagen praktisch abgeschrieben werden müssen.«
Mit seinem Film Ten Pence in the Panda fügte Kevin Dowling dem Bild des WWF ein paar dicke Kratzer zu, aber die öffentliche Debatte ebbte schnell wieder ab. Dowling gab sich damit nicht zufrieden – er hatte noch mehr
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