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Schwarzbuch WWF: Dunkle Geschäfte im Zeichen des Panda (German Edition)

Schwarzbuch WWF: Dunkle Geschäfte im Zeichen des Panda (German Edition)

Titel: Schwarzbuch WWF: Dunkle Geschäfte im Zeichen des Panda (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wilfried Huismann
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gefährlich. Vor einem Jahr flog ich einen Insektizid-Einsatz, bei über 40 Grad Celsius Außentemperatur. Um nicht zu ersticken, habe ich die Kabinentür ein wenig geöffnet. Das Gift ist eingedrungen und ich verlor mein Orientierungsvermögen. Als ich die Hochspannungsleitung sah, war es zu spät und ich raste hinein. Ich schaffte es gerade noch, aus dem brennenden Flugzeug herauszukriechen. Glück gehabt, denn die Unfallermittler sagten mir, dass 95 Prozent der Piloten ähnliche Unfälle nicht überlebt haben.«
    Julio Molnar weiß, wie gefährlich seine Fracht für die Menschen ist, die unten wohnen, und er möchte, dass die Autoritäten den Luftraum in der Nähe von Dörfern sperren. Aber das ist schwer durchzusetzen, vor allem hier im wilden Norden, wo die Zentralregierung weit weg und das Recht auf der Seite der Starken ist: »Oft füllen sie uns einen so genannten Cocktail in den Tank. Das ist eine Mischung aus allen möglichen Giften: Herbizide, Fungizide, Insektizide. Das ist hochgiftig, man darf es eigentlich nicht machen. Die meisten tun es trotzdem, um die Kosten zu senken.«
    Immer wieder haben wir auf unserer Reise auf der Sojaroute Klagen von Dorfbewohnern gehört: Wenn die Sprühflugzeuge unterwegs sind, leiden viele Menschen an Hustenattacken, sie bekommen Hautausschläge oder Sehstörungen. Julio Molnar wiegt den Kopf: »Wir fliegen nicht direkt über die Dörfer, aber trotzdem ist es unvermeidlich, dass die Menschen etwas abbekommen. Eine einzige Windböe kann die Substanz über fünf Kilometer weit tragen.«
    In der kleinen Halle des Hangars wartet ein drahtiger Mann auf unseren Piloten, sein Flugschüler. Julio Molnar stellt ihn mir als einen Arzt aus der Region vor. Seinen Namen darf ich nicht nennen, denn das, was er zu sagen hat, könnte ihn den Job kosten: »Ich höre immer häufiger von Einwohnern, die Opfer der Spritzeinsätze sind. Das gefährlichste Gift aus medizinischer Sicht ist dabei Glyphosat, der Hauptbestandteil von Roundup. In den Krankenhäusern hier werden viele Säuglinge tot geboren oder kommen mit schweren Missbildungen zur Welt.«
    Nach den Zahlen der Gesundheitsbehörde gibt es im Sojagebiet des Chaco eine Steigerung bei Missbildungen um das Vierfache. Auch die Zahl der Krebstoten hat sich deutlich erhöht. Monsanto behauptet immer noch, Roundup sei ungefährlicher als traditionelle Pflanzenschutzmittel. Geprüft hat das niemand, außer Monsanto selbst.
    Vor meiner Recherchereise nach Argentinien habe ich bei einer Konferenz im belgischen Gent Prof. Andrés Carrasco getroffen. Er hatte gerade eine umfassende Testreihe an Amphibien durchgeführt, die in ihrer Genomstruktur dem Menschen sehr ähnlich sind. Er spritzte den Versuchstieren eine sehr niedrige Dosis von Glyphosat. Es kam zu vielen spontanen Fehlgeburten und Missbildungen. Der Wissenschaftler ist alarmiert: »Es gibt mit Sicherheit einen Zusammenhang zwischen den Roundup-Einsätzen auf dem Land und der steigenden Zahl von Missbildungen. Ich bin sehr besorgt und habe das auch unserer Präsidentin geschrieben. Ich kenne Frau Kirchner aus der gemeinsamen Studienzeit. Sie hat nicht einmal geantwortet. Die Regierung verschließt die Augen vor dieser Zeitbombe und führt keinerlei systematische epidemiologische Erhebungen durch. Sie hat Angst, dass dann das ganze Sojamodell auf dem Spiel steht.«
    Zurück auf den Soja-Highway. Am nächsten Tag erreichen wir auf der Landstraße Nummer 5 das Dorf General Pizarro. Ein Besuch, den uns der WWF-Patriarch Héctor Laurence sehr ans Herz gelegt hat. Dort könnten wir einen der »größten Erfolge« des argentinischen WWF bei der Verteidigung der Natur bewundern: den Nationalpark Pizarro. Der WWF, so Laurence, habe diesen »hochwertigen Wald« vor der Gier der Provinzregierung gerettet, die am Soja-Boom mitverdienen wollte. Sie »entwidmete« ein 20.000 Hektar großes Naturreservat und verkaufte es an die Sojaindustrie. Dieser Deal führte zu heftigen Protesten der Einwohner und rief die Naturschutzverbände auf den Plan, zuerst Greenpeace, später auch den FVS/WWF Argentinien. Die Umweltverbände verklagten den Provinzgouverneur – und siegten, wenn auch nur halb.
    Die Regierung musste als Folge des Richterspruchs einen Teil des ehemaligen Reservates von der Industrie zurückkaufen. Ganze 4000 Hektar sind von den ursprünglich geschützten 20.000 Hektar übrig geblieben. Den großen Rest durfte die Sojaindustrie behalten. Als wir gestern über den Nationalpark Pizarro geflogen

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