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Schwarzbuch WWF: Dunkle Geschäfte im Zeichen des Panda (German Edition)

Schwarzbuch WWF: Dunkle Geschäfte im Zeichen des Panda (German Edition)

Titel: Schwarzbuch WWF: Dunkle Geschäfte im Zeichen des Panda (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wilfried Huismann
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Boden abstirbt – in der Folge wird er unfruchtbar.
    Um den Verlust an organisch produzierten Nährstoffen auszugleichen, wird immer mehr gedüngt, Dünger aber produziert Lachgas. Der Chemie-Nobelpreisträger Paul Crutzen vom Mainzer Max-Planck-Institut hat ausgerechnet, dass der Düngereinsatz auf Sojafeldern drei bis fünf Mal so viel Lachgas (Dickstickstoffmonoxid) freisetzt, wie der Weltklimarat ursprünglich angenommen hat. Ein Rechenfehler mit fatalen Folgen, denn Lachgas erwärmt das Klima 300 Mal so stark wie das Treibhausgas CO2.
    Und der US-amerikanische Agrarwissenschaftler Prof. Miguel Altieri hat ermittelt, dass für die Herstellung von einem Liter Biosprit 1,27 Liter fossile Brennstoffe verbrannt werden: bei der Erschließung der Anbauflächen, für die Produktion des Soja-Öls und bei seinem Transport.48 Energie aus Pflanzen verschärft das Problem mit den Treibhausgasen, statt es zu lösen!
    Wir müssen Abschied von unserem Gefährten Jorge Rulli nehmen. Er will nach Buenos Aires zurück, eine Oppositionspartei hat ihn zu einem Hearing über die argentinische Nahrungsmittelkrise ins Parlament eingeladen. Außerdem muss er seinen wöchentlichen Kommentar im Radiosender Horizonte Sur zur Agrarpolitik der Regierung vorbereiten. Jorge wirkt beim Abschied müde. Vielleicht würde er lieber in seinem globalen Gemüsegarten in der Sonne sitzen, aber er kann keinen Kampf auslassen: »Obwohl es nicht normal ist, dass wir Alten die Schlachten der jungen Generation schlagen.«
    Das politische Wissen seiner Generation sei im Moment nicht gefragt, meint der alte Recke, denn alle rennen dem grünen Gold hinterher. Bei manchen Dorffesten in Argentinien werde inzwischen keine Schönheitskönigin mehr gewählt, sondern eine Sojakönigin, die reina de la soja. Der Goldrausch habe die Sinne seiner Landsleute verwirrt. Außerdem, so fügt Jorge Rulli hinzu, hat die Industrie billige Sojaschnitzel unters Volk geworfen, um die politische Kampfkraft der Opposition zu schwächen: »Denn Soja enthält eine große Menge weiblicher Hormone.« Er zwinkert zwar mit dem intakten Auge, aber ich bin mir nicht ganz sicher, ob sein Ausflug in die Hormon-Politik mehr war als ein kleiner Abschiedsscherz.
    Je nördlicher wir kommen, desto größer werden die Sojafelder. Hier gibt es keine kleinen Farmer mehr, nur noch Großgrundbesitzer. Überall ragen Baumstümpfe aus dem Boden. Das ganze Land war bis vor kurzem Wald; es ist von großen Sojaunternehmen gerodet worden, unter anderem von der Aktiengesellschaft La Moraleja, an der WWF-Gründer José Martínez de Hoz beteiligt ist. In der Ferne erkannt man die bewaldeten Höhen der Voranden. Bis an die Berge heran reicht die Sojawüste. Immer wenn wir nachts fahren, brennt irgendwo ein Wald. Die Rodungen gehen weiter.
    Pizarro
     
    Bei der Einfahrt in die kleine Stadt Orán entdecken wir einen Fliegerclub. Eine Cessna ist gerade im Landeanflug. Wir warten, und als der Pilot sich aus der engen Kanzel geschält hat, spreche ich ihn an. Sein Großvater ungarischer Herkunft kämpfte als Pilot im Weltkrieg auf der Seite der Deutschen, sein Vater war Verkehrsfliegerpilot – und Julio Molnar fliegt im Tiefflug über die Sojafelder, um Gift auf das Land zu sprühen.
    Wir wollen mit ihm Flugaufnahmen vom Vordringen der Sojafront machen. Er zögert ein bisschen und blickt besorgt auf die schwarzen Gewitterwolken, die in der Ferne aufziehen: »Vielleicht schaffen wir es noch.« Bei Windgeschwindigkeiten um die 120 km/h ruckelt die kleine Cessna heftig, aber der Blick im Abendlicht entschädigt für die Strapazen des Fluges. Die Sojafelder glühen wie Gold. Wir fliegen über einige schmale Waldkorridore, die stehen geblieben sind: Armselige Reste eines ökologisch wertvollen Waldes, der die Trockensavanne Chaco im Osten und den tropischen Regenwald im Westen miteinander verbunden hat – bis vor drei Jahren.
    »Hier gab es früher große Jaguar-Bestände«, schreit der Pilot in den Wind. Jetzt seien sie aus der Gegend verschwunden. Wir fliegen über das Dorf Pizarro – es ist von Sojafeldern eingekreist. Ich nehme mir vor, morgen die Menschen dort unten zu befragen. Wie erleben sie die Giftflieger, die über ihre Köpfe donnern?
    Nachdem wir wieder heil gelandet sind, nehme ich mir ein Herz und frage den Piloten, woher die vielen Brandnarben im Gesicht und auf seinem Arm stammen. »Es war ein Unfall. Wir fliegen in einer Höhe von nur drei Metern, mit 200 Stundenkilometern. Das ist sehr

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