Schwarzbuch WWF: Dunkle Geschäfte im Zeichen des Panda (German Edition)
Jorge Rulli weiß es auch nicht: »Erhalten geblieben sind vor allem Wälder, die in den Bergen liegen und deshalb für die industrielle Landwirtschaft ungeeignet sind. Der WWF hat im Grunde für die Natur nicht viel erreicht und scheint sich mit den existierenden Nationalparks zufrieden zu geben. Schlimmer noch: Er unternimmt nichts gegen die Waldzerstörung zugunsten der Sojaindustrie.« Bei diesen Worten fischt er aus seiner Aktentasche einen Packen Papier. Es sind die Sitzungsprotokolle des Forums der 100 Millionen.
Eigentlich tagte die erlesene Runde aus Vertretern von WWF und Industrie unter Ausschluss der Öffentlichkeit. Aber »irgendjemand« habe ihm die Protokolle zukommen lassen. Sie beweisen, dass der WWF aktiv bei der Auswahl von Waldflächen mitgemacht hat, die zur Vernichtung freigegeben wurden. Auf der Sitzung des Forums vom September 2004 berichtet WWF-Vertreter Juan Rodrigo Walsh über die Arbeit der von ihm geleiteten Arbeitsgruppe Konversion. Die sollte Vorschläge machen, welche Wälder zugunsten der Sojaindustrie gerodet werden können. Im Protokoll heißt es wörtlich: »Juan Rodrigo Walsh berichtete über die Fortschritte der Initiative zur Waldumwandlung, die er in Argentinien und Paraguay mit Unterstützung des WWF über die FVS (WWF Argentinien) koordiniert. Er beschrieb die Methodik und die Schritte, die in diesem dialogischen Prozess gemacht werden. Er konzentrierte sich dabei auf das Thema Nachhaltigkeit der Sojaproduktion – und zwar weltweit.«45
Für Dr. Laurence, den damaligen Chef des argentinischen WWF, war die Opferung von Wald offenbar kein Problem. Denn dank der Sojaflächen sei die Pampa »heute grüner als vorher«, so Dr. Laurence. Viele Unternehmer würden außerdem zum Schutz vor der Bodenerosion Grünstreifen zwischen den riesigen Feldern stehen lassen: »Das sind grüne Korridore, durch die sich die Tiere weiträumig auf der Suche nach Sexualpartnern bewegen können. So wird die Artenvielfalt erhalten.«
Für Laurence ist der Soja-Boom ein großer Segen: »Er trägt dazu bei, unseren Planeten zu retten.« Denn beim Anbau von Gen-Soja müssen die Felder vor der Aussaat nicht mehr gepflügt werden. »Auf diese Weise«, so Dr. Laurence, »bleibt das Treibhausgas CO2 in der Erde und wird nicht in die Atmosphäre freigesetzt. Ein großartiger Beitrag zum Klimaschutz.« Die Sojaindustrie, angeführt von Monsanto, hat inzwischen beim Weltklimarat der Vereinten Nationen vorgesprochen und den Vorschlag gemacht, man solle diesen pfluglosen Ackerbau mit Emissionsgutschriften belohnen. Noch zögert der Weltklimarat, aber die Lobbyisten machen Druck, und nicht zuletzt auch der WWF.
Auf der Jahreskonferenz 2009 des Runden Tisches für Verantwortungsvolles Soja (RTRS) hielt Jason Clay für den WWF die Schlussrede und stellte den anwesenden Managern der Soja-Branche saftige Extraprofite in Aussicht: Der »pfluglose Ackerbau«, so Jason Clay, werde in Zukunft mit Emissionsgutschriften belohnt: »Neben Soja können die Produzenten dann auch Kohlenstoff verkaufen. Das ist eine Win-win-Situation. Die Produzenten hätten eine zusätzliche Einkommensquelle, Großhändler und Markenfirmen können verantwortungsvolles Soja einkaufen und damit ihre CO2-Bilanz verbessern. Erste Kalkulationen kommen zu dem Ergebnis, dass Produzenten in waldreichen Regionen mehr am Verkauf von CO2 verdienen können als an Soja.«46
Jason Clay ist auf den Verbandstagungen der Agrarindustrie inzwischen ein häufiger und begehrter Gastredner. Er streichelt die Seele der Manager und verleiht ihrem Kampf um Märkte einen tieferen Sinn: Wer mit dem WWF zusammenarbeitet und nachhaltig produziert, hilft der Natur und der Menschheit.
In Wirklichkeit ist der pfluglose Ackerbau eine höchst umstrittene Methode. US-amerikanische Langzeitstudien beweisen, dass er falsche Erwartungen weckt. Tatsächlich kann man mit dem Verzicht auf das Pflügen nur sehr wenig Kohlenstoff im Boden speichern.47 Die Speicherungsleistung wird durch die Nachteile beim pfluglosen Ackerbau mehr als ausgeglichen. Während beim normalen Pflügen das Unkraut untergegraben und damit zum Bestandteil der Bodenflora wird, muss es beim pfluglosen Anbau mit der chemischen Keule vernichtet werden. Schon bevor die Gensoja ausgesät wird, fliegen die Piloten Einsätze mit hochdosiertem Roundup, um die Äcker vorzubereiten, ein Rückfall in die Steinzeit der chemischen Landwirtschaft. Die ständige Berieselung mit Chemikalien führt dazu, dass das Leben im
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