Schwarzbuch WWF: Dunkle Geschäfte im Zeichen des Panda (German Edition)
sind, wirkte er winzig, ein grüner Streifen, der sich an die Berge im Westen schmiegt, daran links und rechts zwei grüne Schenkel. Das Filetstück in der Mitte ist herausgerissen, dort wächst jetzt Soja. Besser als nichts, sagt der WWF. Wir suchen die Parkverwaltung.
Pizarro ist ein langgestrecktes Dorf mit staubigen Pisten. Seit Monaten hat es nicht mehr geregnet. Daran sind die Rodungen schuld, sagen die Bewohner. Das Klima habe sich verändert. Die Bahnstrecke durch den Ort ist seit langem stillgelegt. Auf den Gleisen gehen schwarze Schweine und Ziegen spazieren. Im halb zerfallenen Bahnhof hat sich die Parkverwaltung eingerichtet: Ein Zimmerchen mit einem Holztisch und einem windschiefen Regal mit Aktenordnern – das ist alles.
Rangerin Soledad Rojas grinst, als sie unsere erstaunten Blicke sieht: »Willkommen in Argentinien! Wir haben nicht mal ein Fahrzeug, um in den Nationalpark hineinzufahren. Dazu müssen wir ein Fahrrad nehmen.« Seltsam – hat nicht der WWF kräftig in dieses Vorzeigeprojekt investiert? Soledads Grinsen wird noch breiter: »Der WWF hat sich der Protestbewegung angeschlossen, als sie fast schon vorbei war. Wir, die Einwohner dieser Gemeinde, haben um unseren Wald gekämpft und gewonnen. Der WWF hat sich angehängt und von einer internationalen Organisation Geld dafür bekommen.« Der WWF-Verantwortliche Ulises Martínez Ortiz bestätigt per E-Mail, dass der WWF 167.000 Dollar vom Global Environmental Fund bekommen habe, um einen »Management-Plan« für Pizarro zu entwickeln. Das Geld sei »sachgerecht« ausgegeben worden, überwiegend für Honorare an »Berater«. Soledad Rojas wundert sich ein wenig: »Wir zumindest haben davon nichts mitbekommen.«
Die älteren Bewohner des Dorfes erzählen uns, dass José Martínez de Hoz, WWF-Gründer und Wirtschaftsminister der Diktatur, früher häufig zur Jaguarjagd nach Pizarro kam. Die Jagd haben die Jaguare überlebt, die Sojaindustrie wurde ihnen zum Verhängnis. Soledad Rojas und die anderen Ranger haben bislang keine Jaguarspuren wiedergefunden: »Er ist offenbar ausgestorben hier. Für ihn ist das Gebiet des Nationalparks zu klein – und es ist abgeschnitten. Der Jaguar wandert lange Strecken zwischen dem Chaco-Trockenwald im Osten und dem Yunga-Regenwald im Westen. Das kann er nun nicht mehr; dazu müsste er schon ein paar hundert Kilometer durch Sojafelder laufen.«
Wir entschließen uns, noch einen Tag in der Nähe dieses wundersamen Nationalparks zu bleiben und quartieren uns im einzigen Hotel der Gegend ein. Es heißt Ruta 5 und ist eine trostlose Bleibe für Fernfahrer, Techniker und Wanderarbeiter, die auf den Sojafeldern arbeiten. Auf dem langen Flur wimmelt es von Kakerlaken und man muss über drei halb verweste Hunde steigen, um in sein Zimmer zu gelangen. Die Luft ist schwarz von Moskitos, das Thermometer steigt auf 44 Grad, das Fernsehgerät ist kaputt und im winzigen Swimmingpool findet sich kein Tropfen Wasser, nur ein kaputter Gartenschlauch.
Am nächsten Morgen besuchen wir den Bauern Moisés Rojas. Er hält ein paar Schweine, hat kleine Maisfelder zwischen den Bäumen und in einem Gewächshaus züchtet er Tomaten für den Markt in der Provinzhauptstadt Salta. Seine Schweine leben von den Früchten des Algarrobo-Baumes, Kraftfutter braucht er nicht. »Wir sind die wahren Ökologen«, sagt er, »wir nutzen den Wald, aber wir zerstören ihn nicht.« Moisés hat den größten Teil seines Landes verloren. »Mein Land gehört jetzt einer Aktiengesellschaft aus Buenos Aires. Der Staat hat es an sie verpachtet, obwohl in Argentinien das Gewohnheitsrecht gilt. Der Wald gehört zwar dem Staat, aber wer in ihm lebt und arbeitet, darf nicht einfach vertrieben werden.« Zwar hat die Bezirksregierung ihm Ersatzland gegeben, aber die neue Landfläche ist nur noch halb so groß wie die alte und der Boden von schlechter Qualität. Viele Bauern haben das ihnen zugewiesene Ersatzland inzwischen sogar verkauft. Es ist nicht groß genug, um ihre Tiere zu ernähren. Sie leben jetzt als Sozialhilfeempfänger im Ort.
Moisés’ Nachbar Carlos Ordoñez kommt auf ein Schwätzchen vorbei. Er wartet seit drei Jahren vergebens auf Ersatzland. Auch die versprochene Entschädigungszahlung ist ausgeblieben. Um zu überleben, hat er im Dorf einen kleinen Supermarkt aufgemacht. Seiner Meinung nach hat der WWF die Bauern nicht gut behandelt: »Er kooperiert mit den großen Firmen und sagt, dieser Wald sei ›degradiert‹, nur weil wir ihn
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