Schwarze Blüte, sanfter Tod
aufgeschweiÃt wird!«
Wir tranken an der Anlegestelle noch ein Bier auf meine Kosten. Das war ich Bobby schuldig, nachdem er meinen Verfolger so elegant aufs Kreuz gelegt hatte. Auf seine Nachfrage in Kowloon erfuhr er endlich, daà der Ford aus den New Territories stammte. Er gehörte einem Mann, der seit einer Woche im Krankenhaus lag. Gestohlen. Das brachte uns vorerst nicht viel weiter. Aber Bobby vertröstete mich. Die beiden Insassen des Wagens seien unbemerkt fotografiert worden, bevor sie endlich weiterfahren konnten. Der Wagen würde, so rechnete Bobby, sehr bald irgendwo verlassen aufgefunden werden. Aber wenn der Polizeifotograf gut gearbeitet hatte, würde man wenigstens die beiden Verfolger kennen.
Auf dem Heimweg fuhr ich trotz der von Fahrzeugen wimmelnden StraÃen doch noch nach Sheung Wan hinüber, um mir Hsu Kwans Residenz anzusehen.
Früher hatte es hier im Westdistrikt noch ein paar Plätze gegeben, die für die Touristen Alt Hongkong darstellten. Aber wenn Sie nun denken, die Ladder-Street wäre heute noch das, was sie einmal war, dann irren Sie ebenso wie viele andere Besucher, die heute noch hier die Geheimnisse der glorreichen Vergangenheit entdecken wollen und dann meist ziemlich enttäuscht wieder abziehen.
Der Man Mo Tempel tröstet wenigstens ein biÃchen, weil er wie ein Fels in der Brandung steht und man ihn nicht völlig zugebaut hat. Doch gar nicht so weit davon recken sich eben die steilen Fassaden der Wolkenkratzer in den Himmel. Man Mo ist einer von Hunderten Hongkonger Tempeln, und trotzdem etwas Besonderes. Schon als ich noch zur Schule ging, hatte meine Mutter mich hierher geführt und mir erklärt, daà es die wohl älteste taoistische Kultstätte der Kolonie war. Das ist aber nicht die einzige Besonderheit. Mich verblüffte als Kind damals schon das seltsam vielsagend zusammengesetzte Quartett der Götter, die hier im Nebel von Räucherstäbchen, umstellt von den originellsten Liebesgaben, von der Rückenkratze bis zum Glas Sekt, zusammenhocken.
Man Mo, der den Namen liefert, ist der Gott des Krieges, des Schwertgeklirrs und des Pulverdampfes, den ja, glaubt man den Historikern, die Chinesen überhaupt als erste rochen. Man Cheong, dem militanten Herrn gegenüber, ist der Gott der Literatur und der anderen schönen Künste. Dann ist da noch Bao Gong, der Gott der Gerechtigkeit, eine echte Bereicherung der gewià nicht ohne Ironie zusammengestellten Runde, die dann schlieÃlich durch Shing Wong komplettiert wird, den Tempelheiligen Hongkongs.
Ob die Stifter andeuten wollten, ohne Kriegsgott gibt es weder Gerechtigkeit noch Künste in Hongkong? Oder: wer Gerechtigkeit und Künste ausüben will, muà vorher vom Kriegsgott begünstigt sein? Ich bin bis heute zu keinem Schluà gekommen.
Das beeindruckende Gebäude, in dem Mrs. Hsu Kwan gemäà der Aufschrift auf einer riesigen bronzenen Tafel ihr Domizil hatte, die Galerie Opal, lag einige hundert Meter ostwärts des Tempels, auf der Hollywood Road, und wie ein Stück Hollywood sah es auch aus. Gleichsam die Taschenausgabe einer kalifornischen Bank, auf deren Dach sich in einem Film zwei Gangster mit drei Polizisten herumschieÃen.
Geschossen wurde allerdings nicht. Ein groÃes Transparent über dem Eingang verkündete, daà hier gegenwärtig Malereien einer kambodschanischen Künstlerin gezeigt würden, die auf wundersame Weise der Ausrottung durch Pol Pot entgangen war. Sie hatte versucht, die Geheimnisse Angkors mit dem Pinsel zu ergründen.
In einer Zeit, in der es schon genügte, ein verrostetes Fahrrad an die Wand zu nageln, und den Leuten zu empfehlen, sie sollten das gefälligst als groÃe Kunst betrachten â gar nicht zu reden von den Gaunern, die öffentlich in eine Wanne piÃten und das als hochkünstlerische Leistung für den Weltfrieden deklarierten â zweifellos eines der lobenswerteren Unternehmen.
Ich würde mir das Reich der Mrs. Hsu Kwan bei Tage näher ansehen, nahm ich mir vor.
In Aberdeen hielt ich mich nur kurz bei dem kleinen Bauchladengauner Lum auf, der trotz der späten Stunde von einem eben per Bus angekommenen Schwarm überseeischer Touristen umringt war, die ihm die letzten Unterhosen des ehemaligen Gouverneurs und die leicht angestaubten Taschentücher des Thronfolgers Charles (mit Monogramm!) abkauften, als wären es gewinngarantierte
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