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Schwarze Blüte, sanfter Tod

Schwarze Blüte, sanfter Tod

Titel: Schwarze Blüte, sanfter Tod Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Harry Thürk
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der Speisekarte stand!
    Ich ließ mir von Pipi fröhlich noch einen Tee einschenken. Dann, bevor sie zur Arbeit ins Excelsior aufbrach, machten wir aus, daß ich sie am späten Nachmittag dort abholen würde, und daß wir das Jumbo mit seinem Meisterkoch einmal so richtig genießen würden.
    Als ich, wie versprochen, bei Pipi erschien, war ich ziemlich müde, und die Aussicht auf einen Jumbo-Abend machte mich nicht gerade euphorisch. Ich hatte auf Bobby Hsiangs Fürsprache hin bei der Polizei ein paar Kästen mit Karteikarten von Leuten durchsehen dürfen, die in den letzten Jahren aus Shanghai nach Hongkong übergesiedelt waren. Legal. Eine Young Mo war nicht registriert. Der Name Bessie Young tauchte ebenfalls nie auf.
    Bobby Hsiang fragte für mich in der Abteilung nach, die Brandstiftungen bearbeitete, und erfuhr, daß der Brand von Ai Wus Haus dort mit bislang wenig Aussicht zur Aufklärung vorlag. Man tappte im dunkeln.
    Ich meldete mich bei John Lee an, dem Produktionsleiter des Streifens, in dem Ai Wu gegenwärtig einen Poeten zu spielen hatte, der im ausgehenden achtzehnten Jahrhundert vom Kaiser Chien Lung gefördert wird. Noch einer dieser Streifen, in denen die Verliebtheit eines chinesischen Herrschers in die schönen Künste und sein Hineinträumen in poetische Illusionen geschildert werden, während ringsum in der Welt Industrie und Technik ihren Siegeslauf antreten, den China glatt verschläft. Worauf es auf lange Sicht zum Spielobjekt der fortgeschritteneren ausländischen Mächte wird. Was um die Mitte des nächsten Jahrhunderts dann bekanntlich zum Opiumkrieg gegen England und zur Abtretung Hongkongs an die Engländer führte.
    Nichts Neues in der Filmbranche, aber eben einer der Streifen, mit denen, wenn man dem Produktionsleiter John Lee glauben sollte, die Leute hier wie im Mutterland geschichtsträchig unterhalten werden wollten.
    Ich nickte artig, als er mir das erläuterte. Ein dürrer, neurotisch wirkender Mann, der mir gleich zu Beginn unseres Gespräches andeutete, daß ihn die Unterhaltung mit mir Zeit kosten würde, die sich sehr gut auch in Dollars ausdrücken ließe. Worauf er allerdings verzichtete, natürlich, das wäre ja offen unhöflich gewesen, also ... was wäre da eigentlich mit dem Herrn Ai Wu?
    Nachdem ich ihn einigermaßen aufgeklärt hatte, machte er ein Gesicht, wie es Leute mit Magengeschwüren manchmal machen, nachdem sie ihre Diätvorschriften überschritten haben. Schließlich sah er mich ratlos an: »Was mache ich nächste Woche?«
    Und als ich wohl das etwas dumme Gesicht eines Unwissenden machte, rückte er heraus: »Nächste Woche ist Ai Wu auf dem Drehplan. Tagelang. Es sind Einstellungen, bei denen ich ihn nicht doubeln lassen kann. Ich muß mit ihm sprechen ...«
    Als ich ihm andeutete, das würde kompliziert werden, weil es handfeste Drohungen gegen den Schauspieler gäbe, die ihn zwängen, sich in einem sicheren Versteck aufzuhalten, schlug er mit der Faust auf den Tisch und begann zu fluchen: »Wo leben wir eigentlich? Was ist das für ein Zustand, in dem ein Mensch nicht mehr sicher ist, wenn er seiner Arbeit nachgeht?«
    Ich wartete, bis er sich einigermaßen beruhigt hatte. Dann erkundigte ich mich erneut, ob er sich irgendeinen Anlaß denken könne, aus dem heraus vielleicht ein Kollege Ai Wu so massiv grollte, daß er es fertigbrachte, einen Ganoven damit zu beauftragen, Ai Wus Nerven anzusägen.
    Aber der Produktionsleiter schüttelte energisch den Kopf. Die Kollegen, die er unter Vertrag habe, pflegten sich nicht gegenseitig zu terrorisieren! Nein, da falle ihm gar nichts dazu ein. Ai Wu sei übrigens ein sehr ruhiger Mensch, höflich, den Kollegen gegenüber stets hilfsbereit, es gäbe nicht den Schatten eines Streits, an dem er beteiligt sein könnte. Neid? Nun ja, das sei nicht auszuschließen in der Branche, aber aufgefallen sei ihm da nichts. Krasse Bevorzugungen Ai Wus habe es nicht gegeben ...
    Mir war klar, daß er mir das sagte, was seine Wahrheit war. Erfahrungsgemäß gab es auch noch andere.
    Aber als ich später mit einigen Kollegen Ai Wus sprach, erfuhr ich nichts, was den Mitteilungen John Lees so völlig widersprach, daß es Anlaß zu Zweifeln gegeben hätte.
    Mit dem Produktionsleiter verblieb ich so, daß ich bemüht sein würde, Ai Wu auf eine Weise abzusichern, die es

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