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Schwarze Blüte, sanfter Tod

Schwarze Blüte, sanfter Tod

Titel: Schwarze Blüte, sanfter Tod Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Harry Thürk
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Schweinskeule in Sherry, mit frischem Ingwer und Koriander, trat ein Jongleur auf, der zum Schluß seiner Darbietung drei schwere, goldverzierte Porzellanvasen gleichzeitig in der Luft hatte und jeweils eine davon immer mit dem Kopf abfing, ohne während des Aktes nach einem Hirnchirurgen zu rufen. Es war ein gelungener Abend. Nicht so, wie Europäer sich vielleicht eine solche chinesische Gala aus der Entfernung vorstellen, sondern genau so locker und wenig von angeblicher Exklusivkunst gequält, wie das bei uns eben üblich ist, falls wir das ganze Theater wirklich für uns selbst veranstalten und nicht für Touristen, die »ihr China« erleben wollen.
    Zum Schluß, als ich gerade meine kandierten Apfelspalten in Arbeit nahm, traten im Schatten des Meisterkochs zwei Komiker aus Peking auf, wo, wie man uns aufmerksam machte, diese Art des humoristischen Dialogs auf der Bühne heimisch ist, und erzählten sich gegenseitig Witze. Mir gefiel am besten der von dem Mönch im Freudenhaus, den Pipi allerdings pikiert als geschmacklos bezeichnete. Aber das störte unser Einvernehmen nicht: es war ein gelungener Abend!
    Wenn da nicht der junge Mann aus der Garderobe angelaufen gekommen wäre, gerade als ich die Finger in die Wasserschüssel steckte, um den kandierten Zucker abzuwaschen, und Pipi nach dem feuchtheißen Tuch griff, das eines der Mädchen anbot.
    Â»Die Dame hat eine Jacke bei uns auf dem Haken?«
    Hatte sie. Aber das Handy darin gehörte mir. Und – so klagte der junge Mann – es vollführte seit zehn Minuten ununterbrochen eine Jaulerei, die das Garderobenpersonal zu der Ansicht brachte, hier handle es sich entweder um eine Staatsaffäre oder um einen Anruf, der über Tod und Leben entscheiden könnte.
    Â»Du machst den Leuten unnötige Arbeit!« schimpfte Pipi. »Hättest das Ding auch abstellen können. Oder zu Hause lassen. Da wäre ...«
    Den Rest hörte ich nicht mehr. Mich beschlich ein eigenartiges Gefühl. Ich hatte eigentlich um diese Zeit bei Ai Wu sein wollen. War er vielleicht ungehalten geworden? War etwas passiert, das nicht mehr rückgängig zu machen ging?
    Das Polizeiteam, das sich im Regent an die Arbeit gemacht hatte, tat sie mit einer Diskretion, die man gar nicht gewöhnt war. Es mußte an der Preislage des Hotels liegen, daß sie so dezent vorgingen. Als ich mit Joshua Singh, der aus dem Schlaf geklingelt worden war, das Appartement betrat, das Ai Wu bewohnte, zischte einer der zivil gekleideten Leute, die hier herumschwirrten, wir sollten uns gefälligst zur Hölle scheren. Mich veranlaßte das zu der Bemerkung, daß dieses Appartement, so wie es jetzt war, die beste aller Höllen abgäbe.
    Es war schwarz, um es auf einfachste Weise zu sagen. Geschwärzt. Was war hier geschehen?
    Von den Polizisten war keine Auskunft zu bekommen. Aber Joshua Singh setzte mich schließlich ins Bild: »Schlimme Sache, die da passiert ist. Jemand muß gewußt haben, daß Ai Wu hier logiert. Ein als Regent-Boy verkleideter Fremder knackte den Zugang von der Garage her und lieferte Ai Wu ein Päckchen aus. Verschwand unerkannt. Zu seinem Glück schöpfte Ai Wu gerade noch zeitig genug Verdacht, nachdem er schon dabei war, das Päckchen zu öffnen. Verließ das Appartement. War höchste Zeit, daß er aus dem Zimmer flitzte. Das Päckchen muß Sprengstoff enthalten haben. Sagte mir unter vier Augen der Spezialist, den die Polizei dabei hat. Aus irgendeinem Grund hat es aber keine Explosion gegeben, sondern das Zeug ist einfach mit einer Art Stichflamme abgebrannt. Er sagt, das gibt es, wenn es nicht genügend verdämmt ist – weiß der Teufel, jedenfalls hätte Ai Wu draufgehen können ...«
    Â»Wo ist er?«
    Der Hausdetektiv verstummte. Zuckte hilflos die Schultern.
    Â»Als ich nach dem Alarm hier ankam, stand er im Korridor. Ich besah mir die geschwärzte Bude, die noch voll Qualm war. Öffnete die Fenster und sah zu, daß es keinen Schwelbrand gab. Als ich herauskam, war er weg.«
    Es war wohl nichts mehr daran zu ändern. Wer sollte wissen, wohin Ai Wu in seinem Schreck geflohen war?
    Der Täter hatte also gewußt, wo er sich verbarg. Ich zerbrach mir darüber nicht weiter den Kopf. Bei nüchterner Betrachtung ist es für einen gewieften Kerl nicht allzu schwer, dahinter zu kommen, wo sich jemand versteckt.
    Irgend jemand hatte ihn

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