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Schwarze Blüte, sanfter Tod

Schwarze Blüte, sanfter Tod

Titel: Schwarze Blüte, sanfter Tod Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Harry Thürk
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nicht verraten.«
    Â»Was gewonnen?«
    Der Junge schüttelte den Kopf. Einen Augenblick dachte ich, diese abstehenden Ohren müssen ihn doch eigentlich immer mit frischer Luft versorgen, wenn er seine wertvolle Kugel nur hin und her bewegt. Es war drückend schwül geworden. Möglicherweise zog da ein Gewitter auf.
    Ich ließ eine Münze in die Blechbüchse fallen. Er dankte mir: »Möge der Himmel Ihnen tausend schöne Engel schicken, wenn Sie sich zum Schlaf legen.«
    Der Himmel, christlich oder nicht, schickte mir Pipi, die wieder mal pünktlich hatte Schluß machen können, was gar nicht so oft vorkam. Kein Spezialgast, dem sie noch im Interesse des Hotels halb Wanchai zeigen mußte, und dann klarmachen, daß sie trotz ihres Mikro-Minis nicht für One-night-stands zu haben war. Schwer fiel es den Europäern schon, das zu glauben, denn das Mädchen hatte einen Hintern, der einen buddhistischen Einsiedler aus dem Himalaya bis nach Chung Wan hätte locken können. Bobby Hsiang nannte so was einen Jahrhundert-Knallarsch. Ordinäre Leute, die Hongkonger Polizisten.
    Wir hatten, als Bobby vor dem Boot den Fahrer des Polizeiflitzers dreimal tuten ließ, eine halbe Stunde auf der Matte hinter uns, und Pipi sprang erschrocken auf, wickelte sich in ein Handtuch und ließ dann die Strickleiter herunter, bevor sie unter Deck verschwand, wo sie, wie ich sie kannte, eine Weile unter der Dusche verbringen würde.
    Ja, die bewohnten Dschunken, das sollte ich Ihnen erklären, haben einen großen Wassertank an Bord, der regelmäßig gefüllt wird, nicht daß Sie denken, wir lebten hier am Rande des Elends, was die hygienischen Verhältnisse angeht – nein, es ist vielmehr ein nostalgisches Hobby, auf einem Boot zu wohnen. Eine ganze Menge relativ begüterter Leute aus der Kolonie macht die Mode mit.
    Bobby Hsiang gefiel mir heute nicht besonders. Er war sehr groß, und es kam mir so vor, als schlotterten seine nicht mehr ganz hellen Hosen heute ärger als sonst um die Beine, als hätte er Hemd und Jackett ebenfalls zu groß gekauft. Aber er kletterte sportlich wie immer die Strickleiter hoch. Vielleicht zu viel Arbeit in der letzten Zeit?
    Er winkte ab. Tat genau das, was ich befürchtet hatte, griff sich aus der blauen Bastos -Packung einen dieser schwarzen Stinker und blies den Qualm in das über der Bucht wabernde Gemisch von einfacher Luft und Gerüchen von Tang, Kochfeuern und gebratenem Fisch.
    Â»Arbeit und Idioten«, verriet er mir. »Wenn wir bei der Polizei noch Typen wie dich hätten, wären wir glücklicher dran. Im Augenblick seilen sich eine Menge guter Leute ab.«
    Ich erinnerte mich an die »Newsweek« und erkundigte mich beiläufig: »Wo bunkerst du eigentlich deine Millionen?«
    Er lachte, aber es klang nicht sonderlich heiter. Er blickte sich um, sah dann mich an. Wir kannten uns lange genug, so daß ich ihm die unausgesprochene Frage beantworten konnte.
    Â»Pipi duscht.«
    Er wirkte nicht wie ein Polizist am Feierabend, eher wie einer zwischen zwei Dienstaufträgen. Das Boot, das ihn gebracht hatte, umkreiste langsam meine Dschunke. Ruhelosigkeit lag in der Luft.
    Â»Was ist los?« ging ich die Sache direkt an. »Hast du Probleme?«
    Er griff nach dem Glas Bier, das ich ihm hinstellte, gutes, im Thermosbehälter gekühltes »Star«, nahm einen respektablen Zug, und als er Luft geholt hatte, sagte er: »Die Leiche. Du warst dabei. Was war da los?«
    Ich hatte den toten Mann von heute mittag schon fast vergessen. Ein Mann, der aus einem Grunde, über den die Mediziner zu urteilen hatten, gestorben war, neben mir, zufälligerweise, sonst nichts. Beunruhigte das Bobby?
    Â»Nein«, gab er unwillig Auskunft. »Wir kriegen vermutlich noch viel Ärger damit.«
    Das überraschte mich. Ich hatte dem Tod des Unbekannten keine so große Bedeutung beigemessen. Aber nun korrigierte mich Bobby: »Du wirst dich noch wundern. Er heißt Choi Lam. Kommt aus Shanghai. War kerngesund. Auch nach Meinung der Ärzte, die ihn jetzt noch auf dem Tisch haben, um herauszukriegen, woran er einschlief ...«
    Ich wandte ein: »Bobby, du weißt selbst, dafür kann es Gründe geben, die so leicht nicht aufzudecken sind. Jedenfalls hat ihn niemand erschlagen oder erstochen, er saß neben mir, ich hätte es gemerkt.« Bobby schüttelte bekümmert den Kopf. Die

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