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Schwarze Blüte, sanfter Tod

Schwarze Blüte, sanfter Tod

Titel: Schwarze Blüte, sanfter Tod Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Harry Thürk
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Wettscheinabschnitts überreichte, als wäre es eine Ford-Aktie, lobte mich so sehr, daß es mir beinahe unheimlich wurde.
    Besser war meine Laune dann, als ich mit dem Scheck des Anwalts in der Tasche am späten Nachmittag in der Cameron Street anlangte, draußen in Aberdeen, wo meine Dschunke vor Anker lag, mein ständiger Wohnsitz. Zuvor ging ich noch auf einen Sprung in das Büro, das ich an Land zusammen mit einem Bewährungshelfer gemietet hatte, sozusagen als festen Geschäftssitz mit Telefon.
    Es gab keine Post, kein Fax, aber der Bewährungshelfer – das war das einzige Neue – hatte wieder mal ein zerkratztes Gesicht. Ich begrüßte ihn: »Dame, die auf Speed steht, wie?«
    Aber er ließ sich gar nicht auf Erörterungen ein. Schob mir das Telefon hin und drängte: »So schnell wie möglich Mister Hsiang anrufen! Sehr dringend!« Bobby Hsiang, der alte Freund aus den Jugendtagen und später aus dem Polizeidienst, ließ sich, als ich zu ihm durchgedrungen war, erst gar nicht auf die üblichen Begrüßungsformalitäten ein. Er rief mir über den Draht, den er immer noch dem Funktelefon vorzog, zu: »Ich höre gerade, du warst dabei, als da auf dem fliegenden Rasenmäher einer starb, stimmt das?«
    Ich fühlte mich überrollt und gab ihm zu bedenken: »Bobby, es gibt sogar Leute, die behaupten, ich hätte Buddha in der Minute seines Heimgangs mit dem Fliegenwedel gegen Mücken verteidigt ...«
    Er wurde barsch. Bei Bobby stets ein Zeichen, daß jemand auf seinen Nerven Pipa spielt.
    Â»Red keinen Stuß, Bruder. Du wirst gebraucht. Bist du abends auf deinem Eimer?«
    Â»Ich verbitte mir, meine Wohndschunke einen Eimer zu nennen«, knurrte ich ihn an. Dachte einen Augenblick daran, daß Pipi, meine Freundin, die im Hotel Excelsior (immerhin drei Sterne!) an der Rezeption Dienst tat, in etwa zwei Stunden frei hatte.
    Â»Wann kommst du?« fragte ich vorsichtig.
    Â»In zwei Stunden.«
    Â»Dachte ich es mir doch!«
    Â»Was ist?«
    Â»Ach nichts«, vermied ich weitere Erörterungen, »es wäre nur ganz gut, wenn du nicht gerade die halbe Abteilung mitbringst. Du weißt, Pipi läuft leicht angezogen herum, wenn man es so ausdrücken will ...« »Ich komme allein. Halte dir Zeit für einen Auftrag frei. Bis dann!«
    Meine Dschunke war äußerlich nicht von einem Museumsstück zu unterscheiden, aber die Inneneinrichtung hatte ich – je nach Einkünften – laufend modernisiert. Vor Aberdeen lagen außer den großen schwimmenden Restaurants unzählige Dschunken, Sampans, Segelboote aller Art, auch Motoryachten. Die Bucht steckte voller Leben. Wer hier vor zwanzig Jahren die Einsamkeit des Meeres und die Stille gesucht hatte, war von der Zeit überrollt worden.
    Ich fand trotzdem, daß man hier immer noch angenehmer lebte als in einem dieser Hochhäuser mit Dutzenden von Stockwerken und einem stets defekten Fahrstuhl. Für einen, der etwa im Zentraldistrikt auf den Straßen ging, entstand der Eindruck, über Hongkong gäbe es eigentlich keinen Himmel mehr. Erst hier draußen in der Bucht spürte man ihn wieder.
    Als ich mir im Laden der Familie Tsuen, unweit der Piers, das abholte, was der alte Tsuen mir am Anfang jeder Woche in eine riesige Papiertüte als »Ration« packte, entdeckte ich Lum, einen der pfiffigen Jungen, die sich hier herumtrieben, Geschäfte machten, Botengänge erledigten, gelegentlich Brieftaschen fingerten oder auf andere Ideen kamen, die nicht ganz im Einklang mit den Gesetzen Ihrer Majestät standen.
    Â»He, Lum!« Ich hielt ihm die Hand hin. Hatte ihn eine Weile nicht gesehen. Er hockte neben einer Blechbüchse mit Schlitz. Die Aufschrift lautete: SPENDEN SIE FÜR BSE-GESCHÄDIGTES KLEINSTKIND!
    Als ich grinste, sagte er schnell: »Geben Sie mal auch was, ich habe im Knast die ganze Woche immer nur englisches Rindfleisch gekriegt, wer weiß, was da mit mir passiert!«
    Â»Was war es denn diesmal?«
    Â»Illegale Kopien von Musik.«
    Der Junge machte mir langsam Sorgen. Dummköpfe brachten es als Gauner in Hongkong meist nicht weit, aber bei ihm war Grips vorhanden. Das konnte schlimm enden.
    Â»Hat mein Büroteilhaber dich wenigstens mal besucht?«
    Â»Leider«, gab er zu. »Ich mußte eine volle Stunde mit ihm beten. Die Ergebnisse vom Pferderennen in Happy Valley hat er mir trotzdem

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