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Schwarze Blüte, sanfter Tod

Schwarze Blüte, sanfter Tod

Titel: Schwarze Blüte, sanfter Tod Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Harry Thürk
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eines Gelehrten, der über genug Bildung verfügt, um etwa auf einen eigenen Swimmingpool gern zu verzichten.
    Ãœber der ebenfalls rotlackierten Eingangstür hing ein aus einem halben Dutzend hauchdünner Tonröhren bestehendes Windspiel. Es verbreitete zartes Geläut, als der Diener, der mich zum Eintreten aufforderte und darauf achtete, daß ich meine Straßenschuhe ablegte, die entsprechende Armbewegung machte.
    Innen roch es sehr leicht nach Räucherwerk, das um einen Hausaltar herum glimmte, und nach Blüten. Emerson Choi war ein beeindruckender Mann. Größer als Chinesen gewöhnlich sind, hielt er sich kerzengerade. Seine hellen Augen blickten mich prüfend an. Ich bewunderte die graue Haarfülle, die seinen imposanten Schädel bedeckte. Es fehlte ihm, so fiel mir auf, das Wahrzeichen vieler älterer, traditionsbewußter Chinesen, nämlich das dünne Büschel langgewachsener Kinnbarthaare. Sein Kinn war glattrasiert, es wirkte ernüchternd. Sein Händedruck ließ mich meine voreilige Meinung korrigieren, es handele sich bei Emerson Choi um einen älteren Herrn, dessen Kräfte nicht mehr überwältigend waren.
    Â»Ich danke Ihnen, daß sie meiner Einladung gefolgt sind, Mister Lim Tok ...«
    Er brachte die Eröffnungsfloskeln unseres Gesprächs geradezu elegant hinter sich. Das war nicht der trauernde Vater, dem immer noch die Sprache versagte. Als ich ihm eingestand, es tue mir leid, die Sache mit seinem Sohn, nickte er ein knappes Danke, und dann eröffnete er mir: »Ich bin an seinem Tode indirekt wohl auch schuld. Zumindest fühle ich so. Ich hatte ihn gebeten, mich hier zu besuchen. Es ging um die Zukunft meines Unternehmens, aus zwei Gründen. Ich erreiche in Kürze ein Alter, in dem man sich aus dem Geschäft zurückzieht, und ich habe zwei Söhne, von denen ich will, daß sie mich ersetzen. Wir haben zu beraten gehabt, wie sie beide das Geschäft in meinem Sinne nach der Vereinigung Hongkongs mit China weiterführen wollen.«
    Er machte eine Pause. Wieder einer, der sich einen amerikanischen Paß besorgt, um nach Kalifornien überzusiedeln, wenn ihm die Zustände hier nicht mehr gefallen, dachte ich. Inzwischen läuft das Geschäft über die Söhne weiter. Im Hongkong dieser Tage war das eine schon beinahe übliche Verfahrensweise. Allerdings nur bei betuchten Leuten. Die anderen warteten geduldig ab, was die Vereinigung bringen würde. Hatte er wirklich die Absicht, nach Amerika auszuweichen?
    Ein Diener erschien und servierte Tee. Ich registrierte im stillen, daß Emerson Choi in seinen Sitten gelegentlich wohl auch ein wenig von der Tradition abwich, denn eigentlich hätte der Tee serviert werden müssen, bevor das Palaver begann. Als der Diener sich entfernt hatte und Choi, nachdem er getrunken hatte, nichts sagte, fühlte ich mich verpflichtet zu bemerken, daß der Tee vorzüglich sei. Und ich knüpfte daran gleich die Frage: »War der ... Verstorbene auch im Teegeschäft?«
    Â»Seit der frühesten Jugend«, bestätigte Choi. Und dann erzählte er mir, was ich schon erfahren hatte, nämlich daß er selbst aus Shanghai weggegangen war, damals, als die Volksrepublik entstand. Frau und Sohn wollten eigentlich nachkommen, zogen es aber dann vor zu bleiben.
    Â»Ich konnte zu meiner Frau keinen Weg mehr finden«, gestand er mir, »aber ich konnte wenigstens erreichen, daß mein Sohn Lam sich für das Teegeschäft interessierte. Er wurde nach und nach zum geschätzten Kenner in Shanghai. Denn das Hinterland im Süden ist Teeland. Über Lam habe ich dann in der letzten Zeit aus dem Mutterland hervorragende Sorten Keemun und Oolong bezogen, auch Lung Ching. Ich habe sie hier abgepackt, und sie sind auf dem Weltmarkt populär geworden.«
    Er trank bedächtig aus der drachengezierten Tasse, dann fuhr er fort: »Der Besuch meines Sohnes, dessen Mutter nicht mehr lebt, ebenso wie die Mutter meines zweiten Sohnes, stand im Zusammenhang mit der Vereinigung Hongkongs mit dem Mutterland. Ich wollte, daß Lam mit seinen Fachkenntnissen das Geschäft weiterführt, weil ich mich zurückziehe.«
    Eine Familiengeschichte, die sich da vor mir auftat. Vater will seinen Erben einsetzen. Erbe stirbt. Wo war der Haken?
    Ich erinnerte mich an die Frage, die ich schon Bobby Hsiang gestellt hatte, und brachte sie so vorsichtig es ging an: »Mister

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