Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Schwarze Blumen auf Barnard Drei

Schwarze Blumen auf Barnard Drei

Titel: Schwarze Blumen auf Barnard Drei Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alfred Leman
Vom Netzwerk:
sich wunderbar, und es reizte ihn, die Kamera zu fangen. Er löste die Gurte.
      Beim achten oder zehnten Versuch fand sich Giron selbst schon beunruhigend weit von seinem Sitz entfernt und die Kamera einige Sektionen weiter bugwärts und in sanfter Drehung um sich selbst. Er fluchte, aber lachend. Er behielt den Kopf oben.
      Dann kam es zu jener Erscheinung, die er haßte: Die Maschine kippte um. Auf allzu lautlose und geisterhafte Weise vollzog sich irgendeine Inversion. Giron, bäuchlings wie ein Schwimmer, sah sich plötzlich auf dem Rücken liegen, das Ziel hinter sich. Gleich darauf war er sicher, daß nicht die Maschine, sondern er selbst verkehrt im Raum hing. Er folgte Gefühlen, die er für Instinkt hielt, und als er sich endlich aufrichtete, fand er alle Ziffern und Symbole an den Geräten auf dem Kopf stehend vor. Die Vertikale kehrte in immer kürzer werdenden Intervallen um, drehte sich in rechten und danach in beliebigen Winkeln.
      Der Verlust des Oben und Unten, die fortwährende Umkehrung des Hergebrachten verursachten Übelkeit. Widerwillig tippte er mit Fingerspitzen, strampelte, warf mit Dingen aus seinen Taschen, brachte all diese Kniffe zuwege. Endlich bekam er seinen Sitz zu fassen, schlüpfte hinein und schnallte sich fest.
      Giron entdeckte die Kamera in der äußersten Bugsektion. Weit vorn. Er genoß die topographische Verbindlichkeit. Dann traf sein Blick auf die Schlaufen einer Leine, die vorher nicht dagewesen war. Er sah genau hin: ein Stück Fangleine, eine zugehörige Haspel. Die Kamera mochte sich während ihres Umhervagabundierens in einer Schlinge verfangen und die Leine hinter sich hergezogen haben. Wunderbarer Zufall. Wunderbare Handhabe, um das Ding zu fassen. Giron lächelte.
      Indessen befand sich die Leine gerade so weit entfernt, daß er sie nicht ergreifen konnte, ohne den Sessel zu verlassen. Girons Lächeln wirkte jetzt grimmig. Er blickte lange zum Bullauge hinaus, saturnwärts, daraufhin zum Chronometer. Er dachte scharf nach. Als Resultat seines Überlegens setzte er einen Mechanismus in Gang, der rasch und äußerst eigenwillig herunterratterte und in seltsamer Weise zur Entdeckung der Giron-Inversion beitrug.
      Giron drückte einige Tasten des Kursrechners, rote, die es erlaubten, die automatische Kurssteuerung durch solche Manöver zu ergänzen, die er, der Stratege Salman Giron, selbst wollte. Zwei Boosterdüsen an Heck und Bug spien kurze transversale Materiestrahlen in den Raum. Die Schübe versetzten die Maschine in Rotation, so daß sie sich fortlaufend überschlug und Bug und Heck umeinanderkreisten. Zentrifugalkräfte simulierten Gravitation. Giron spürte sie augenblicklich. Poltern im Heck, andere unerfreuliche Geräusche. Aber die Bugsektion verlagerte sich eindrucksvoll und unmißverständlich von vorn nach unten.
      Abermals löste Giron die Gurte, turnte mit nunmehr sicheren Griffen zwei oder drei Meter an der Wand aufwärts auf die Haspel zu, legte die Leine darüber, die Haspel als Rolle benutzend, dann zog er das Ende der Leine nach unten und auf sich zu, die räumlichen Verhältnisse erwiesen sich als über jeden Zweifel erhaben.
      Die Kamera, einige zwanzig Meter vom Schwerpunkt des rotierenden Systems entfernt, unterlag beträchtlichen Fliehkräften, hohem simuliertem Gewicht. Übrigens sah Giron sie tief unter sich auf der Sohle des Schachtes liegen, denn der Zentralgang der Maschine bot sich jetzt dar wie ein senkrecht abfallender Schacht. Giron zog kräftiger. In der Tat vermochte er die Kamera anzuheben. Er arbeitete mit einer Hand über die andere greifend, und im Schwung des Erfolgs überschritt der mechanische Hergang einen kritischen Punkt, dessen Wirken Giron vorherzusehen versäumt hatte: Mit der Verkürzung der Strecke zwischen Rolle und Last ging ein Schwund des Gewichts dieser Last einher.
      Viel schneller, als Giron hätte denken können, wurde die Kamera leichter als er selbst. Sie stieg, er fiel. Die einschlägigen Beschleunigungen entwickelten sich außerordentlich. Apparat und Mann sausten aneinander vorbei. Ein Hieb unters Kinn. Dann krachte Giron auf das Bugschott, die momentan tiefste Position. Die Kamera, dort oben leicht wie Luft, umrundete die Rolle ein halbes Mal und fiel zunächst langsam, alsbald aber mit wachsender Wucht abwärts. Mit hohem Gewicht endlich schmetterte sie mitten auf Giron, es war kein anderer Ort übrig, auf den sie hätte treffen können.
      Daraufhin trat Ruhe ein. Giron

Weitere Kostenlose Bücher