Schwarze Blumen auf Barnard Drei
gerichtet.
Anas Körper spannte sich zu einem Bogen. Von irgendwoher scholl Geknatter. Ana schrie: »Die wollen reden!« Und mit überschnappender Stimme: »Die wollen… Nein! O nein!« Sie rannte hinab, auf die Mitte zwischen Tschuk und den Boolies zu.
Plötzlich blähte sich eine funkelnde Wolke, wo Tschuk stehengeblieben war. Es knallte wie ein Schuß. Ana schrie, während sie rannte. Das Wasser zerprellte sofort zu Staub, als es aus dem Rohr auf die Luft traf, zu hoch aufstiebendem schillerndem Nebel. Ana war schon dort, Glätte riß ihr die Beine vom Boden, die nassen Schieferplatten waren schlüpfrig geworden wie gefettetes Glas. Ana kugelte genau zwischen Tschuks Rohr und den Boolies über den Schiefer. Noch zwei Leute rannten auf die Wolke zu, Rahel Bruceau und jemand in grotesken Sprüngen: Jermakow, dessen Kommen niemand bemerkt hatte.
Jermakow stürmte zu Tschuk, schlug ihm das Kupplungsrohr aus der Hand, holte zu einem Faustschlag aus, Tschuk stürzte, Jermakow fiel seiner eigenen Kraft zum Opfer. Giron sah, wie er sich sonderbar träge in der Luft überschlug, ehe der Nebel die Szene verschlang.
Wind hätte aufspringen sollen, kalte, scharfe Stöße, die den Nebel zerrissen, die das Feld reinigten vom Dunst des Geschehens, das darüber hin gegangen war.
Der Nebel zog nur träge davon. Rahel und Ana wurden sichtbar, auf den Steinen liegend, sie hielten einander umschlungen. Sonnenreflexe zuckten wie über rote Spiegel. Boolies und Painies waren verschwunden.
Giron blieb stehen wie festgewurzelt und wartete auf etwas. Er wußte nicht, worauf. Er blickte zurück und sah, wie gewalttätig sich die gerade Linie der Leitung ausnahm auf diesem unberührten Land, wie eine Sonde in lebendem Fleisch… Der Spaß, den sie gehabt hatten – eine widerliche Schizophrenie… Die Leitung schmiegte sich in die Mulden und Stufen des Gesteins, aber wenn er sich aufrichtete, sah sie schnurgerade aus, und niemals berührte oder durchschnitt sie einen einzigen der verstreuten Flecken schwarzer Vegetation. Ein seltsamer Zufall. Plötzlich fiel ihm ein, worauf er wartete. Er wartete auf die Stimmen, die, von nirgends kommend, in der Luft gehangen hatten, auf das Klingen von zerbrechendem Glas.
Statt dessen hörte er etwas anderes. Tschuks Stimme hämmerte auf die Walkie-talkie-Membranen und auf seine Ohren ein: »Was für ein Unsinn, Andrej! Was für Unsinn du redest! Jeder weiß, was Wasser macht bei null Komma zwei g. Auch wenn es aus einem Schlauch spritzt wie dem da. Es macht Staub, Nebel. Pft! macht es, ein Nebelwölkchen, ist doch normal, oder? Nicht mal Regen macht es, und den werden die Viecher wohl kennen. Irgendwer mußte es doch zu Ende bringen, das Kunststückchen. Dein Kunststückchen. Wolltest du diese Leitung, oder wolltest du sie nicht?«
Einsilbig und mit stereotypen Handgriffen schloß man die in der roten Ader verbliebene Lücke. Es war schon wieder Routine. Niemand hatte Lust, mit dem Jeep zur Station zurückzufahren. Außer Jermakow und Blicher gingen alle zu Fuß.
Dann hörte man Gelächter vom Ende der dahintrottenden Reihe. Ana glitt mit ausholenden Schritten über den Schiefer zurück zu Tschuk, zu schwungvoll, Tschuk fing sie auf, Überraschung wischte Heiterkeit aus seiner Miene.
»Halt den Mund«, schrie ihm Ana ins Gesicht, »halt deinen dummen Mund! Es gibt nichts zu lachen. Du kotzt mich an. Du glaubst nicht, Ernest, wie du mich ankotzt.«
12.
Giron ging zu Orlow. In halber Höhe hingen Girlanden nackter, provisorisch zusammengehefteter Winzigkeiten wie Moos und Flechten: Proms, Multitraks und Widerstände, ein Filz silbern und golden glimmender Drähte. Das Gestrüpp der Chassis und Schnüre war noch dichter verwachsen, er hätte eine Machete handhaben mögen, um den Mann zu finden.
Unversehens blitzten weiße Zähne aus dem grünbefunkten Dämmer, Orlow grinste, Giron begriff sofort, daß er den Mann unterschätzt hatte, der Wirrwarr war Absicht. Er sah vier Hocker unter Türmen von Tabellenwerken und Papier, drei zuviel für einen Eremiten, Indizien für Konspiration. Giron erinnerte sich des Satzes: »Das sind doch wir!« Soweit war es also gediehen: Heimlichkeit. Ach was, Betrug! Orlow suchte nach zugänglichen Horizontalen, um einen der Sitze frei zu machen. Giron richtete sich auf beschwerliches Zuhören ein.
Er erfuhr, daß der Gegenstand, den er Orlow gegeben hatte, wie eine Kältemaschine arbeite. Die aus der Umwelt
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