Schwarze Blumen auf Barnard Drei
Bau.
Nicht alle hatten die gleiche Meinung von dieser Sache, und man hielt mit ihr zurück. Man hatte diese Meinungen nicht zu Ausbrüchen gedeihen lassen, sondern verborgen, sie lebten unter den Leuten weiter fort. Auch er hatte seinen Anteil daran, daß der Hausfrieden erhalten blieb: Toxikologische Sicherheit sei dringlicher als je zuvor, seitdem es Boolies gebe. Man habe die Abwässer absolut zu entgiften, absolut, was ein gehöriges Pensum sei, solange niemand wisse, was hier als Gift gelte. Das hatte er vorgebracht, schwer angreifbare Argumente, die Jermakow entgegenkamen, eine umgetriebene Mannschaft würde genau das sein, wessen der Mann bedurfte.
Während sich seine Gedanken um Jermakow mit solchen über Tschuk vermischten, wurde er seines Standorts inne: Er stand vor der Kabine der Bean und Bruceau. Lampoo lauschte und trat ein.
Er fand die Kabine wirklich verlassen. Es roch gut. Er sah ein Gemenge von Zucht und Lässigkeit, übereinandergebaute Schlafkojen, begegnete dem Blick eines karierten Schlumpfes, der aus einem Winkel hervorglomm. Zwei winzige Schreibflächen. Stifte in einem Becher aus Delfter Fayence, der eine gelbe Identikatskarte beschwerte, die Karte von Signaturen überfüllt, Informationstableaus – er erkannte das Stichwort »Restriktionsenzyme« –, Leseprojektor, Ketten aus Holzperlen, an der Wand darüber Bilder enorm gut aussehender Jungs in Fliegermonturen. Die zweite Fläche war fast leer, einsam lag da ein Brocken kanadischer Travertin. Lampoo wußte, welcher der Frauen er die Dinge zuzuordnen hatte, und wandte sich ab. Er sog den Duft der Kabine ein, trat dann auf einen der Spinde zu, öffnete das Rollo und ließ seine Hände über die Wäsche gleiten. Eine Sekunde schloß er die Augen. Dann riß er sich los, Fluchten dieser Art endeten allzu deprimierend.
Lampoo bedurfte der Hebung seines Selbstgefühls. Er stieß seine Hände in die Taschen des Overalls und machte sich auf zu Boris Orlow. Dort unterschied er die Stimmen von Orlow und Giron, es gelang ihm, sich unbemerkt in der Kabine und in den Durchschlupfen zu bewegen, und während er die hin- und hergehende Rede belauschte, fand er, wonach er gesucht hatte. Er richtete sich auf, trat hervor, um sich den Männern zu erkennen zu geben, und sagte leutselig: »Ich hörte notgedrungen ein wenig zu. Ihr zerbrecht euch den Kopf. Recht so.« Dann legte er ein wenig Bedauern in seine Stimme. »Fragen, Antworten… Ich habe keine Meinung dazu, ich habe mein Pensum und weiß, wie’s weitergeht. Meine Nerven sind mir lieber als immer eine Meinung zu alldem.«
»So. Notgedrungen«, sagte Orlow. »Wir machen schon Pause. Notgedrungen. Denkpause.«
Ein Hauch von Unaufrichtigkeit und Minze breitete sich in Orlows Höhle aus.
13.
Die Ingenieure bissen sich an ihren Problemen fest und verloren den Blick für Nebendinge. Technik überwucherte Ressentiments und entrückte Erinnerungen der peinlichen Gegenwart. Man hockte im Flimmern von Displays und redete, man montierte, verwarf, sprach sich ab über Video oder auf den Korridoren, kaum blieb Zeit zum Essen übrig. Gebrauchtes Wasser aus ihrem Gehäuse zu entfernen war schwieriger, als frisches zu beschaffen. In dem schier unüberschaubaren Arsenal raffinierter Sensoren, die zum Forschen bestimmt waren und die man ihnen mitgegeben hatte, herrschte schmerzlicher Mangel an Dingen zu gewöhnlichem Gebrauch. Lampoos Saat ging auf. Giron vergrub sich in sein Ressort. Ana drang in sein Wetterlabor ein und befragte ihn über Jermakows Ortersystem. »Sieht er wirklich, wenn jemand nach draußen geht?« »Dafür ist das Ding erfunden.«
»Es ist nicht so perfekt, wie es aussieht, nicht wahr? Es ist zu perfekt. Er braucht ein zweites, das ihm die Daten vorverdaut.«
»Das stimmt«, gab Giron zu, »am besten fragst du ihn selbst.«
»Nein.«
»Ihr hattet Krach?«
»Eben nicht. Er hält sie für Schimpansen.«
»Die Boolies?« Giron musterte Anas Gesicht, das Mal neben der Nase, den zu großen Mund und die Lachgrübchen daneben. »Ich höre dich jetzt selten lachen«, sagte er, »die Art Stille bekommt mir nicht.«
»Er beschießt sie mit Wasser.«
»Beschießt? Übrigens war das Tschuk.«
»Ist das nicht dasselbe?«
Aus einer anderen Kabine fiel Tschuks durchdringende Stimme herein, ein Schwall hart abbrechenden Gelächters.
»Du bist gekränkt, Ana. Warum? Weil Andrej die häßlichen Kerlchen nicht so zu lieben bereit
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