Schwarze Blumen auf Barnard Drei
Sessel und sagte: »Sprechen Sie.«
»Ich erkundigte mich nach dem Typ des Prozeßrechners, den sie dort oben haben. Es ist ein OTA«, sagte Orlow. Er hielt eine Mappe in den Händen und suchte nach einer Möglichkeit, die Mappe irgendwo hinzulegen, überall waren eine Menge Bücher und Papiere aufgestapelt.
Damit sei das Verhalten des Rechners ziemlich plausibel, daß er nur die Stimme des Programmierers annehme, erklärte er weiter. Jeder OTA müsse sehr gut mit akustischen Schwingungen umgehen können, damit er gesprochene Programmwörter verstehe. Man habe diesen Typ daher so ausgestattet, daß er Fourieranalysen bewältigen könne, was an sich nicht nötig sei, es gebe simplere Lösungen, aber die Dinge lägen nun einmal so. Dieser, von dem die Rede sei, habe das, was man ihm beibrachte, erweitert, nach seinem Vermögen und bis an die Grenze seiner Leistung, bis auf die Millisekunde und auf den gesamten einschlägigen Frequenzumfang.
Gewiß habe niemand der Maschine einen solchen Auftrag gegeben, aber auch niemand habe ihr eine derart genaue Analyse verboten. Warum auch? Sie dürfte die Stimme, die sie programmierte, hernach weder besser noch schlechter verstanden haben, diese eine Stimme, die Stimme des Programmierers. Die Maschine habe nichts anderes geschaffen als Redundanz, schmückendes Beiwerk, sie habe gespielt. Über dem Spiel sei ihr indessen etwas abhanden gekommen, das allzu lange niemand von ihr verlangt habe: das Vermögen, Wörter zu verstehen, Wörter schlechthin. Sie habe vergessen, was sie über Stimmen wußte. Vielmehr: Sie habe vergessen, daß sie zuvor nichts von Stimmen gewußt habe. Das Timbre, die persönliche Eigenart, mit der einer spreche, sei für die Maschine nichts anderes als eine bedeutungslose Überbestimmung des Informationsgehalts der Wörter. Das eben habe sie vergessen.
Der Dozent nickte. »Sie haben Gründe, diese Dinge darzulegen?«
Orlow beschäftigte seine Hände eine Weile mit der Mappe, endlich legte er diese auf einen der Bücherstapel. Ob hier nicht der nächstliegende Angriffspunkt zur Korrektur dieses Falles gesucht werden müsse, fragte er dann.
»Das stimmt«, antwortete der Dozent. »Und haben Sie einen solchen Angriffspunkt gefunden?«
»Nein«, sagte Orlow. »Die verhängnisvolle Selbstprogrammierung des Rechners muß gelöscht werden, eine ganze Menge muß mit dem OTA geschehen. Es ist niemand dort, der das kann.« Er hielt einige Sekunden inne. »Doch. Ja«, fuhr er fort. »Es ergibt sich eine zwingende Konsequenz: Die Stimme des Programmierers muß auf die Station.«
»Nun…«, sagte der Dozent und nahm seinen Blick von Orlow weg, als sei ihm peinlich, was der Mann hier äußerte. Daraufhin sagte Orlow: »Es gibt Bänder, die der Programmierer besprochen hat. Einige Kopien befinden sich hier im Haus.«
»Sie denken an Montagen?«
»Ja. Das ist ein verlockender Irrweg«, sagte Orlow. Der Dozent nickte wieder, diesmal nachdenklich und zustimmend.
»Ich habe dennoch einige Berechnungen versucht«, erklärte Orlow, nach seiner Mappe greifend. »Wenn die Anweisungen an den OTA aus diesen Bändern zusammengestückelt werden, müßte man eine Distanz von fast vierhundert Millionen Kilometern mit Radiowellen überbrücken, um sie dorthin zu bringen. Die Stimme wird dann wirklich bis zur Unkenntlichkeit verzerrt. Der OTA würde sie niemals wiedererkennen.« Er nahm einen Packen Blätter aus der Mappe und begann, seine rechnerischen Ansätze zu erläutern.
»Sagen Sie«, unterbrach der Dozent, nachdem Orlow kaum einige Sätze vorgebracht hatte, »woher nehmen Sie die Kenntnis, daß es sich um Amor handelt?«
Orlow schien von weit her zurückzukommen. »Ja…«, sagte er gedehnt, und plötzlich schroff: »Ich wußte das sofort. Als ich Sie dann anrief, sah ich Jelisaweta Steina auf Ihrem Monitor. Die Ärztin. Ich kenne die Frau.«
»Ach«, sagte der Dozent, es klang nicht überrascht. Aber er nahm seinen Zwicker ab und blickte Orlow aufmerksam an.
»Und… Es ist ein zu durchsichtiger Zufall, daß sich so viele Kopien mit der Stimme des Programmierers in unserem Hause finden.«
Der Dozent langte nach den Papieren, legte die Hand auf eine der Seiten und fragte: »Sie haben das mit dem OTT gemacht?«
»Nein.«
»Nicht?« Der Dozent sah einige der Seiten durch, die mit Orlows nervöser, ausladender Schrift bedeckt waren. »Das ist interessant«, sagte er entgegenkommend. »Die Idee,
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