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Schwarze Blumen auf Barnard Drei

Schwarze Blumen auf Barnard Drei

Titel: Schwarze Blumen auf Barnard Drei Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alfred Leman
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den OTA mit Bandmontagen über Funk zu korrigieren, wurde mehrmals geäußert. Man braucht der Sache wirklich nicht mehr nachzugehen.«
      »Bitte, haben Sie einen Recorder hier?« fragte Orlow. Er bemerkte, daß der Dozent mit ermüdeter Geduld nach der Uhr sah, während er seinen Sessel schwenkte und sich erhob. Orlow schwieg. Der Dozent rumorte hinter ihm in einem Wandschrank. Orlow hielt dann ein Tonband in der Hand, er fädelte es in den Recorder ein, und danach hörten sie, wie jemand ein Datum ansagte. Tag, Monat und Jahr. Damit war das kurze Bandende durchgelaufen.
      »Ja. Das ist die Stimme des Programmierers«, stellte der Dozent fest. Und plötzlich: »Wie? Er gab das heutige Datum an? Das heutige? Seit gestern ist er… Eine Montage?«
      »Nein«, sagte Orlow. Der Dozent hob fragend die Brauen.
      »Was Sie hören, ist das Geräusch von Wasser, das auf ein Blechdach prasselt«, sagte Orlow, »es ist Wind, Donner und das Zischen von Blitzen. Ich machte eine Fourieranalyse der Stimme des Programmierers, so wie sie der OTA auf Amor gemacht haben wird. Gestern gab es dieses Unwetter. Die Geräusche schienen mir geeignet, in der Kabine gab es nicht viele andere Möglichkeiten, und da nahm ich den Lärm mit dem Recorder auf ein Band auf. Ich gab dem Rechner die Fourieranalyse der Stimme und diesen Lärm, damit er sie verglich. Der Rechner machte für jede einzelne Millisekunde, während deren der Mann dieses Datum ansagen sollte, einen Filter. Der Filter las aus den Frequenzen der atmosphärischen Geräusche alle die heraus, die auch in der Stimme enthalten waren. Die Wiedergabe dieses Datums dauert sieben Sekunden. Der Rechner machte siebentausend Filter. Er ordnete sie in die richtige Reihenfolge. Aus der Substanz des Lärms machte er Wörter. Und nun sprechen der Wind, der Regen und der Donner. Sie sprechen dieses Datum so, wie es der Programmierer gesagt haben würde.«
      »Sie sind verrückt«, sagte der Dozent fast tonlos.
      »Es ist eine mühselige Arbeit«, fuhr Orlow fort. »Ich brauchte fast zwei Tage, und ich brauchte zwei Stunden am OTT für diese wenigen Worte. Für sieben Sekunden simpler Vokodersprache.« Er schickte einen raschen, prüfenden Blick zu seinem Mentor hin und breitete viele Blätter über die Bücherstapel und Papiere aus, die alle Horizontalen in der Kabine besetzt hielten, seine Mappe schien unerschöpflich.
      Orlow sprach rascher. Die Fülle der Einzelheiten, die er glaubte darlegen zu müssen, sprengte sein Vermögen, Wörter zu Sätzen zusammenzufügen. Seine Hände fuhren über die zahllosen Frequenzmuster, Diagramme, Formeln und über die langen Kolonnen der Programmwörter für die Maschine. Seine Augen glommen im schwarzstoppligen Gesicht, und er begann zu stottern.
      Der Dozent saß ein wenig abseits, ohne sich zu rühren. Seine Stirn furchte sich in der Art, wie sie für Menschen typisch ist, die fremde Sprachen und Symbole verstehen müssen, die verschlüsselten Ausdrucksmittel von Kindern oder Umstände, die unbegreiflich sind. Irgendein Bild bedrängte sein Bemühen, der Rede des Mannes zu folgen. Und plötzlich war dieses Bild da: Ein Mann allein mit einer Machete inmitten des feindlichen Dickichts einer unentdeckten und gewaltigen grünen Hölle. »Sie sind verrückt«, wiederholte er.
      Orlow sprach fort und fort. Er redete mit sich überstürzenden Worten und voller Verbissenheit, so als müsse er seinen Mentor um jeden Preis überzeugen und als wisse er schon, daß er es nicht vermöchte und seine Sache schon fast verloren sei. Draußen stach ein Schwert gleißenden Sonnenlichts durch die Wolken, Orlow blinzelte gegen das Licht, er sah den Dozenten wie eine dunkle Masse gegen das Fenster aufragen, vergeblich suchte er den Blick des Mannes.
      Nach dieser Sekunde des Atemholens fuhr er fort, Argumente aneinanderzureihen. Das Verzweigte, Verwickelte sei einfach. Auf die Weise, die er darzulegen versuche, sei es möglich, alle erdenklichen Wörter zu simulieren, alle Wörter, die die Korrektur des OTA auf Amor erfordere. Man benötige nichts als die Programme für die Herstellung der elektronischen Filter, es sei leicht, diese Programme über Radiowellen an den Rechner des Observatoriums zu übermitteln, man habe Maschinen dort, die geeignete Geräusche hervorbrächten. Turbinen sängen, Pumpen zischten, Wasser fließe, und der Rechner werde die Turbinen, die Pumpen und das Wasser zum Reden bringen, zum Sprechen mit der Stimme des

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