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Schwarze Blumen: Thriller (German Edition)

Schwarze Blumen: Thriller (German Edition)

Titel: Schwarze Blumen: Thriller (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Steve Mosby
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einem Ort, an dem man Rinder schlachtet.
    »Ally?«
    Im Innern hallte es höhlenartig, als wenn man das Ohr an eine Muschel legt und das Meer rauschen hört. Einen Moment war nur das Echo meiner Stimme zu hören, und es kam keine Antwort. Dann ein scharrendes Geräusch.
    Und ein Flüstern:
    »Neil?«
    Trotz der Sterne in meinem Gesichtsfeld und der Schmerzen im Unterleib erfasste mich eine Woge der Erleichterung. Ich schöpfte neue Kraft. Für den Augenblick fühlte sich sogar meine Haut wieder warm an. Und ich konnte sie jetzt sehen. Sie stand im Schatten direkt beim Fenster.
    »Ally«, sagte ich. »Ich bin’s.«
    Ihre Hände schossen zwischen den Gitterstangen heraus: kleine weiße Fäuste, die ich packte und die sich öffneten, um mich an den Händen zu fassen.
    »O Gott«, sagte sie. »O Gott, o Gott.«
    »Es wird alles gut.«
    Sie klammerte sich an meine Hände. Sie konnte die eigenen nicht weiter hinausstrecken, weil sie an den Gelenken mit dickem schwarzem Klebeband gefesselt waren.
    »Du blutest«, sagte sie. »Mein Gott, du blutest.«
    »Es ist nicht meins«, log ich und merkte, dass es inzwischen deutlich mehr war. Ich hatte eine blutende Schusswunde, und es fiel mir immer schwerer, mich auf den Beinen zu halten. Doch ich drückte ihre Hand. »Das ist nichts weiter, keine Sorge. Bist du verletzt?«
    »Nein. Nicht richtig – ist es jetzt sicher? Ist die Polizei da?«
    Ihre Stimme klang plötzlich hoffnungsvoll, und die Energie, die ich eben noch empfunden hatte, verpuffte. Zweifellos hatte sie die ganze Zeit keine Ahnung gehabt, wo sie war und was mit ihr geschah; wahrscheinlich hatte sie fest damit gerechnet zu sterben und sich vielleicht schon in ihr Schicksal gefügt. Und nun war ich gekommen, und sie glaubte, der Alptraum wäre vorbei.
    »Die Polizei ist auf dem Weg hierher«, sagte ich.
    Ich wusste nicht mehr, ob das stimmte oder nicht. Ich griff nach meinem Handy. Verschwunden. Ich dachte an den Sturz die Treppe hinunter. Aus der Richtung des Hauses hörte ich es wieder krachen. Dann Geschrei.
    Ich nahm wieder ihre Hand. »Es dauert bestimmt nicht lange. Bis dahin müssen wir die Ruhe bewahren und leise sein.«
    »O Gott.«
    »Das wird schon.«
    »Kannst du die Tür von da draußen öffnen?«
    »Ich versuch’s.«
    Sie ließ meine Hand los, und ich kehrte vorsichtig zur Tür zurück. Doch es war von vornherein ein hoffnungsloses Unterfangen – unmöglich, das Schloss mit den bloßen Händen aufzubekommen. Selbst mit der Grabgabel wäre es nicht gegangen, doch ich hatte sie nicht einmal mitgenommen. Aber was sonst?
    Einen Moment lang starrte ich einfach nur hilflos auf das Schloss.
    Was zum Teufel sollte ich nur machen?
    In derselben Sekunde hörte ich ein neues Geräusch und fuhr mit dem Kopf herum. Wumm.
    Wumm.
    Wumm.
    Wumm.
    Plötzlich war der ganze hintere Gartenteil von gleißendem Licht überflutet. Erschrocken zuckte ich zurück.
    Der Mann im Haus hatte offenbar auf dem ganzen Gelände Licht gemacht. Er würde jede Sekunde herauskommen und nach demjenigen suchen, der den Jungen getötet hatte.
    Und doch stand ich einfach nur da und starrte geradeaus.
    Auf den Garten, der mit einem Schlag zu sehen war.

    Hannah blieb am Rand der Lichtung hocken und horchte. Seit dem Schrei hatte es keine Geräusche mehr gegeben.
    Sie wusste nicht, was sie machen sollte. Es war, als wartete sie auf jemanden, der sie bei der Hand nahm und ihr zeigte, wo es langging. Jede Spur von Hochgefühl war längst verflogen. Das war eine bizarre Illusion gewesen, an die sie sich nicht einmal mehr erinnern konnte, seit das hier real und sie tatsächlich da war. Sie hatte keinen sehnlicheren Wunsch, als an jedem anderen Ort der Welt, nur nicht hier zu sein.
    Doch im Moment wagte sie sich nicht zu rühren.
    Dann:
    Wumm.
    Wumm.
    Wumm.
    Wumm.
    Irgendwo in der Nähe des Wellblechgebäudes ging ein Flutlicht an. Es richtete sich nach innen, doch es sickerte genügend Licht durch den Zaun und auf die Lichtung, wo Hunderte schwarzer Blumen wuchsen. Hannah starrte in absolutem, ohnmächtigem Entsetzen darauf. Sie hatten sich wie eine Armee von Ameisen, die sich stetig durch den Waldboden frisst, vom eingezäunten Teil des Geländes bis hierher ausgebreitet.
    Sie bildete sich ein, dass die Blütenblätter zirpten, während sie sich öffneten und schlossen, und plötzlich hatte sie ein Bild vor Augen – keines aus der Geschichte ihres Vaters, sondern eine echte Erinnerung. Eine Frau, die unter einem Haus bis zum Hals eingegraben

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