Schwarze Blumen: Thriller (German Edition)
auf.
Nein.
Du wirst nicht sterben.
Ich wand mich um die Leiche des Jungen herum und trat auf die Veranda. Wieder verschwand die Welt für einen Moment hinter einem Sternennebel, so dass die Bäume vor mir in der Dunkelheit funkelten. Ganz langsam lösten sich die Kristalle in meinem Blickfeld wieder auf. Im selben Moment war das Geräusch deutlich lauter als zuvor, und es war eindeutig ein Fahrzeug. Ein Motor, der in der Ferne hochgejagt wurde.
Inzwischen eindeutig auf dem Grundstück.
Na schön.
Ich war auf den untersten Stufen der Treppe und stolperte ein wenig, als ich auf weichen Boden trat. Ich hatte gar keine bewusste Entscheidung getroffen weiterzugehen, es passierte wie von selbst.
Der Garten. Ich lief um die Seite des Hauses.
Ally, dachte ich.
Ich werde dich finden.
30
D as hier war nicht ihr Hof.
Als sie an der Ecke des Zauns stand, war sich Hannah sicher. Sie hatte Bilder – Erinnerungen – im Kopf. Und wenn die Geschichte ihres Vaters gelogen war, dann mussten diese Bilder aus der Wirklichkeit stammen. Sie passten nicht zu diesem Ort. Selbst wenn die Erinnerungen verzerrt waren, würde sie doch untrüglich den Ort wiedererkennen, an dem sie als kleines Mädchen aufgewachsen war? Wenn ihr schon der Anblick nichts sagte, dann wenigstens ein untrüglicher Instinkt, der ihr die Brust zusammenschnürte? Trotzdem.
Irgendetwas stimmte hier nicht.
Als sie auf der Wiese stand, hörte sie das leise Tuckern eines Generators irgendwo auf der anderen Seite des Zauns, und der stand ganz offensichtlich unter Strom. Sie sah nicht nur die Verbindungsstücke im Maschendraht und die Leitung, die zwischen den Bäumen abzweigte, sondern auch tote Vögel auf dem Boden.
Für ein gewöhnliches Gehöft eine aufwendige Vorrichtung.
Von der Zaunecke ein kurzes Stück weiter den Pfad entlang kam etwas, das nach einem Tor aussah. Es bestand aus demselben Maschendraht und war vermutlich genauso gefährlich, wenn man es berührte, doch sie konnte auch einen Pfosten und Scharniere erkennen. Es war fest verschlossen. Öffnete und schloss sich vermutlich per Fernbedienung. Von dem roten Lieferwagen, der hier entlanggekommen sein musste, keine Spur. Sie schätzte, dass er schon drinnen war. Und Neil Dawson auch.
Als der Lieferwagen ohne zu blinken auf den Feldweg abgebogen war, hatte Hannah zu ihrem Glück genug Abstand gehalten, um an dem Eingang vorbeizurauschen, ohne Aufmerksamkeit zu erregen. Ein Stück weiter hinten stand ein Wagen an der Straße, wahrscheinlich der von Neil Dawson, und so war sie ein kurzes Stück weitergefahren, hatte gewendet und war zurückgekehrt, um dahinter zu parken.
Als sie schließlich am Feldweg ankam, war der rote Transporter weg, und die Wiese hüllte sich in Dunkel und Schweigen. Sie hatte versucht, Neil Dawson auf seinem Handy zu erreichen, doch er hatte sich nicht gemeldet. Es klingelte nur endlos. Wahrscheinlich hatte er ihren Rat missachtet und war dort hinuntergegangen. Nervös hatte sie eine Weile überlegt. Doch was sonst konnte sie tun? Und so war sie zu Fuß an den Bäumen entlanggelaufen und hatte dabei die scheinbar verlassenen dunklen Wiesen links von ihr im Auge behalten.
Jetzt spähte sie wieder über das stockdunkle Gelände. Es war nichts zu sehen. In dieser Richtung klang es sogar verlassen. Wenn man horchte, war es, als hielte man eine Muschel ans Ohr. Und doch fühlte sie sich, auch wenn sie die Hand fest um ihren Schlagstock legte, in Gefahr und hilflos ausgeliefert.
Hier stimmte etwas nicht.
Hannah drehte sich wieder zum Zaun um.
Schau mal, ob es noch eine andere Möglichkeit gibt, da reinzukommen.
Dazu musste sie in den Wald. Den Schlagstock in der Linken, während sie mit der Rechten an den Stämmen Halt suchte, begab sie sich dort ins Dickicht. Unter ihren Füßen knackten leise die abgefallenen Zweige. Sie arbeitete sich, in gebührendem Abstand zum Zaun, langsam voran und versuchte, die Ruhe zu bewahren. Nach einer Minute gelangte sie an einen alten gefällten Baum, der zwischen den anderen schräg lag. Jemand hatte am unteren Ende so lange mit der Axt einen Keil getrieben, bis er gekippt war, aber nur bis auf halbe Höhe zum Boden. Er war immer noch durch riesige Wurzeln gleich kräftigen Sehnen im Erdreich verankert. Der Maschendraht verlief quer über die Oberseite des Stumpfs. Der Baum war halb gefällt worden, um für den Zaun Platz zu machen.
Sie kauerte sich hin und kroch darunter hindurch. Ein Stück voraus konnte sie weitere Stämme sehen,
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