Schwarze Blumen: Thriller (German Edition)
die in einer Waldschneise in riesigen Stapeln lagen – diesmal ordentlich gefällt, wie Heuballen gelagert und mit schmutzigen Tauen zusammengehalten.
Hannah trat auf die Lichtung und roch das alte, nasse Holz. Auf der anderen Seite des Zauns standen immer noch Bäume, doch sie glaubte, dazwischen, ein Stück entfernt, etwas anderes sehen zu können. In der Dunkelheit war es schwer auszumachen. War es Wellblech? Wie die Rückseite einer Fabrik oder vielleicht eine Scheune.
Hannah hörte das Klirren von Glas.
Instinktiv zuckte sie zusammen und duckte sich. Das Geräusch klang gedämpft und kam aus der Ferne, irgendwo aus dem eingezäunten Bereich, und in der Stille, die darauf folgte, pochte ihr Herz heftig, und ihre Haut begann zu prickeln.
Und dann schrie jemand.
Nicht vor Schmerz, sondern aus Wut. Sie verharrte geduckt im Unterholz und konnte sich vor Entsetzen nicht rühren. Es war kaum ein menschlicher Laut, sondern eher wie das Geheul eines wilden Tiers. Ihr lief ein Schauder durch den ganzen Körper; ihre Haut fühlte sich eiskalt an. Und sie hatte Gewissheit.
Das hier war nicht ihr Hof … aber irgendwie doch.
Sie war wieder zu Hause.
Als ich die Rückseite des Gebäudes erreichte, sah ich wieder Sterne. Noch vor Minuten schien der Schmerz in meinem Bauch erträglich zu sein, doch jetzt, da ich mich richtig bewegte, flammte er immer stärker auf. Bei jedem Schritt glitzerte meine Umgebung. Als ich das Gelände hinter dem Bauernhaus vor mir hatte, zwang ich mich, stehen zu bleiben und mich mit der Hand an einen Holzbalken zu stützen.
Tief durchatmen, Neil.
Langsam und tief durchatmen.
Ein paar Sekunden später klärte sich die Welt wieder auf, die glitzernden Lichtkristalle in der Luft verblassten.
Hier endete das Grundstück. Zwanzig Meter vor mir war eine lange Reihe Apfelbäume, und ich konnte gerade eben den Maschendrahtzaun zwischen ihnen und dem dunklen Wald dahinter erkennen. Rechts stand, auf halbem Wege zwischen dem Haus und den Bäumen, so bleich wie ein Totenschädel, ein Bunker.
Ich stolperte das ein wenig abschüssige Gelände hinunter und musste, als ich ankam, die Hand ausstrecken, um mich festzuhalten. Aus der Nähe sah ich, dass der Bunker aus Porenbeton bestand – jeder Stein sauber auf den anderen gefügt. Ich lehnte die Schulter an die Mauer und tastete mich die Seite entlang, indem ich behutsam einen Fuß vor den anderen setzte, da ich mich nur mühsam aufrecht halten konnte.
»Ally?«
Ich sprach zu leise, doch ich hatte panische Angst davor, Lärm zu machen. Auf der anderen Seite des Hauses hörte ich eine Autotür zukrachen: ein scheuerndes, quietschendes Geräusch, das durch das Rauschen in meinen Ohren drang.
Ich schaffte es um die Ecke des Bunkers und blickte dabei noch einmal zum Garten zurück. Genau in dem Moment, als etwas zersplitterte. Und dann hörte ich jemanden schreien. Es war die Stimme eines Mannes. Mit einem Schrei, der Schock, Verlust und blanke Wut zum Ausdruck brachte.
Komm schon, Neil.
Ich schleppte mich auf der dem Haus abgewandten Seite die Bunkerwand entlang, indem ich mit der Schulter über den rauhen Beton schürfte. Ich entdeckte eine Tür, einen Weg, hineinzukommen. Ich hatte keine Ahnung, ob sie Ally hier eingesperrt hatten, ich wusste nicht einmal, ob sie noch am Leben war, doch wohin hätte ich sonst noch gehen sollen? Mit der Linken hielt ich mir den Bauch und spürte, wie mir das Blut zwischen den Fingern hervorquoll. In der Mitte war mir glühend heiß, während ich am übrigen Körper immer mehr zu zittern begann.
Wohin auch sonst noch?
Wohin hätte ich es auch sonst noch geschafft?
Die Tür bestand aus Stahl und schloss bündig mit der Bunkerwand. Sie war rundum mit Metallnieten befestigt und hing an massiven, im Beton verbolzten Zylinderscharnieren. Auf meiner Seite war eine über die Kante der Betonsteine hinausreichende Metallschiene angeschweißt und an einem vorstehenden Eisenring festgemacht. Das Vorhängeschloss war riesig, der Eisenring etwa so dick wie mein Finger.
Ich packte das Schloss und zog daran. Es bewegte sich kaum.
»Ally?«, flüsterte ich.
Ein Stück hinter der Tür befand sich ein Fenster. Ich wankte hinüber. Es war kein richtiges Fenster, sondern nur eine quadratische Öffnung im Beton mit drei senkrechten schwarzen Eisenstangen. Kein Glas. Ich spähte hinein und versuchte, drinnen irgendetwas zu sehen. Die Wände und der Boden schienen mit weißen Kacheln gefliest zu sein. Es weckte Assoziationen mit
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