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Schwarze Blumen: Thriller (German Edition)

Schwarze Blumen: Thriller (German Edition)

Titel: Schwarze Blumen: Thriller (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Steve Mosby
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ich sie tauschen?«
    »Gegen mein kleines Mädchen.«
    Ich wollte etwas entgegnen – etwas sagen, irgendetwas sagen –, überlegte es mir aber anders. In Wisemans Buch war der Mörder entschlossen, seine weggelaufene Tochter zu finden, koste es, was es wolle. Barbara Phillips hatte die Vermutung nahegelegt, das Buch basiere auf realen Verbrechen. Mein kleines Mädchen. Liefen die Worte des alten Mannes darauf hinaus? Dass ich eine fiktionale Figur finde? Oder vielmehr die reale Person, auf der die fiktionale Figur beruht?
    Ich wiederholte: »Gegen Ihr kleines Mädchen?«
    »Sie wissen, von wem die Rede ist?«
    »Dem Mädchen aus Wisemans Buch.«
    »Genau.«
    »Aber die ist nicht real.«
    Der alte Mann lachte leise.
    »Sie ist so real wie Sie und ich.«
    »Wie soll ich sie finden?«
    »Woher soll ich das wissen? Wenn ich es wüsste, wäre der Handel ja nichts wert. Machen Sie es genauso wie Ihr Vater. Wenn Sie die Kleine hier wiedersehen wollen, werden Sie es genau wie er rauskriegen müssen. Und Sie werden auch nicht zur Polizei gehen. Sie werden niemandem von mir erzählen. Sie werden einfach mein kleines Mädchen finden, und dann tauschen wir vielleicht.«
    Genauso wie Ihr Vater. Ich verknüpfte die Bemerkung mit dem, was er vorher gesagt hatte: dass mein Vater ihm am Viadukt »in die Quere gekommen« sei. Was war passiert? War er mit jemandem dahin gegangen – mit einer Frau, die dieser Mann für seine erwachsene Tochter hielt? Und hatte sich, als sie angegriffen wurden, so lange gewehrt, bis sie entkommen konnte? Ich erinnerte mich an das bleiche, missgestaltete Gesicht, das mir durch die Windschutzscheibe entgegengeblickt hatte, die wuchtige Gestalt des Fahrers. Mein Vater war ein kleiner Mann, kein Kämpfer. Er hätte gegen die meisten Männer keine Chance gehabt, geschweige denn gegen einen so kräftig gebauten Kerl.
    Doch er hätte es versucht.
    »Ich geb Ihnen ein paar Tage.« Der alte Mann lachte wieder.
    »Danach gehört sie mir für immer. Dieses Handy landet jetzt im Wasser. Aber halten Sie Ihres immer griffbereit. Ich melde mich wieder.«
    »Lassen Sie mich mit ihr reden.«
    »Sie ist im Moment nicht in der Lage zu reden.«
    Ich hatte das Blut am Tischbein vor Augen, und mich packte die Panik.
    »Sie ist schwanger. Um Gottes willen …«
    »Ich weiß.«
    »Aber …«
    »Wissen Sie, wie Babys gemacht werden?«
    Ich schloss die Augen. Nein, nein, nein.
    Er wiederholte seine Frage: »Wissen Sie, wie Babys gemacht werden?«
    »Ja.«
    »Nein, das wissen Sie nicht. Sie erben die Hälfte von ihrem Vater und die Hälfte von ihrer Mutter. So viel wissen Sie. Aber haben Sie auch gewusst, dass eine Frau schon bei ihrer Geburt sämtliche Eier in sich hat? Schon als Baby? Ich wette, das wussten Sie nicht. Sie hat sie bereits im Unterleib. Ist das nicht erstaunlich, eh?«
    »Ja«, sagte ich.
    »Wissen Sie, was das heißt? Es heißt, dass Ihr halbes Baby bereits existiert hat, bevor Sie auf der Bildfläche erschienen sind. Mit dieser Hälfte ist sie bereits zur Welt gekommen. Und ihre Mutter wiederum wurde schon mit ihrer Hälfte geboren, das macht ein Viertel von Ihrem Kind aus. Und dann ihre Großmutter, und so weiter und so fort. Immer weiter zurück, in alle Ewigkeit.«
    Ich sagte nichts.
    »In Stein gemeißelt, lange vor Ihnen und mir. Das ist schön, wenn man mal drüber nachdenkt, nicht wahr? Ein Teil von Ihrem Kind war schon immer da. Frauen, die Frauen gebären, gehören zu den Kontinua der Welt. Die meisten Menschen sehen das nicht. Wollen es auch nicht sehen.«
    Ich erwiderte immer noch nichts.
    »Jedenfalls«, sagte er, »Sie müssen sich nicht unbedingt Sorgen machen, das wollte ich Ihnen sagen. Wenn es ein Mädchen wird, behalten wir es.«
    Und dann war die Leitung tot.

9
    H annah stand vor dem Haus ihres Vaters.
    Es war ein großer, freistehender Bau eine Meile von der Promenade entfernt, zur Straße hin eingezäunt, zu den Nachbarn mit einer Wand aus Bäumen abgegrenzt. Die Fenster im Erdgeschoss hatten ein schwarzes Gitterwerk, die im ersten Stock an der Oberkante hölzerne Spitzen. Zu beiden Seiten des Hauses führten dunkle Gehwege in den weitläufigen Garten. Ihr Vater war nicht reich gewesen, doch das Haus wäre vermutlich einiges wert, wenn sie es auf den Markt bringen würde.
    Falls sie es tat.
    Im Moment wohnte Hannah im Zentrum von Whitkirk in einer kleinen, schäbigen Wohnung, und sie wusste, dass in nicht allzu langer Zeit eine Entscheidung fallen musste, was sie mit dem Haus machen

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