Schwarze Diamanten (Bruno Bd 3)
kam.“
„Warum dauerte es so lange, bis die beiden geschieden wurden?“
Der Baron zuckte mit den Schultern. „Damals war es nicht so leicht, sich
scheiden zu lassen, zumal wenn über das Sorgerecht eines Kindes entschieden werden
musste. Sie hatte den Jungen mit nach Paris genommen, und damit wollte sich
Pons nicht abfinden. Pons klagte auf böswilliges Verlassen, aber ihr Anwalt
konnte trotzdem eine anständige Abfindung für sie aushandeln.“
„Wie ging es weiter?“
„Sie unterrichtete noch eine Weile. Später war sie Geschäftsführerin
eines Hotels in der Nähe der Opera, ehe sie ein eigenes Restaurant eröffnete.
Ich habe ihr ein bisschen unter die Arme gegriffen, aber der Laden lief nicht
so recht. Dann erkrankte sie an Brustkrebs, und alles ging den Bach hinunter.
Der Junge machte sich als Rucksacktourist nach Asien auf und schaffte es nicht
einmal, zu ihrer Beerdigung zu kommen.“
Es war kurz vor sieben, als sie den Markt erreichten. Bruno kletterte
aus dem warmen Auto und zog fröstelnd seinen alten Militärmantel an. Er hielt
nach ersten Anzeichen der Dämmerung am östlichen Horizont Ausschau, doch es
war noch stockdunkel. Er holte einen kleinen Korb vom Rücksitz. Diesmal war die
Ausbeute recht bescheiden, und er hatte nur ein paar Trüffeln zweiter Wahl
anzubieten, sogenannte brumales. Der echte
schwarze Diamant, tuber melanosporum oder
Perigord-Trüffel genannt, würde erst Ende Dezember auf den Markt kommen. Die
allerbesten, für die mehr als tausend Euro pro Kilo gezahlt wurden, waren
selten vor Januar im Handel.
Bruno hatte die Allee von Weißeichen auf seinem Grundstück kurz nach
seiner Ankunft in Saint-Denis angelegt, wohl wissend, dass es einige Jahre
dauern würde, bis er die erste richtige Ernte einbringen konnte. An diesem Morgen
waren es sechs kleine Wintertrüffeln unterschiedlicher Form und Größe. Drei
hatte er unter den eigenen Bäumen gefunden, die anderen auf Streifzügen durch
den Wald hinterm Haus. Zusammen brachten sie rund zweihundert Gramm auf die
Waage. Der größte war etwas dicker als ein Golfball. Mit Glück würde er für
alle sechs um die hundert Euro bekommen, doch darüber entschied letztlich der
aktuelle Tagespreis. Bruno steckte seine Nase in den kleinen Korb, um den
intensiv erdigen Geruch genüsslich einzuatmen, wickelte dann die Knollen in
einer Seite der Sud-Ouest ein und stopfte sie in die
Manteltasche. Wenn sie warm gehalten wurden, entwickelte sich ihr Aroma noch
viel besser.
Die beiden schönsten Exemplare hatte er, in feinstes Olivenöl
eingelegt, zu Hause gelassen, denn die wollte er sich selbst gönnen.
Normalerweise ging er nie vor Ende Dezember auf den Markt, aber der Baron
hatte ihm mitgeteilt, dass Hercule, dem Bruno einen großen Gefallen schuldete,
ihn gern sehen würde.
Als ihm zum ersten Mal die winzigen Fliegen am Fuß eines seiner Bäume
aufgefallen waren, die als Hinweis dafür galten, dass sich Trüffeln angesiedelt
haben mussten, hatte er sich seine Zukunft schon in rosigen Farben ausgemalt.
Der Baron hatte ihn mit einem alten Kameraden aus dem Algerienkrieg bekannt
gemacht, Hercule Vendrot, der in der Nähe von Sainte Alvere lebte, einer Stadt,
die für ihre Trüffeln so bekannt war wie das Château Petrus für Weine.
Bei einem Mittagessen bei Bruno zu Hause hatte Hercule ihm Ratschläge
gegeben und erklärt, wo welche Bäume am besten gepflanzt werden sollten.
Seitdem kam er jedes Jahr, genoss Brunos Gastfreundschaft und suchte dann im
Laub unter den jungen Eichen nach den tanzenden kleinen Fliegen. Dabei
tauschten sie Kriegsgeschichten aus, bewunderten gegenseitig ihre Hunde und
wurden schließlich Freunde.
Vor drei Jahren hatte Hercule dann die ersten Anzeichen einer terre brûlee unter Brunos Eichenbäumchen entdeckt, einen Ring schwarzer Erde, die
wie verbrannt wirkte. Bruno hatte nun seine Trüffeln und konnte im ersten Jahr
zweihundert Euro einnehmen, doch im Jahr darauf war es weniger als die Hälfte.
Für dieses Jahr erhoffte er sich weit mehr und für die Zukunft eine sichere
Einnahmequelle, die am Finanzamt vorbeisprudeln könnte.
Der offizielle Markt begann um acht Uhr, wenn sich die Tore zu der
modernen, verglasten Halle neben dem Friedhof öffneten. Inzwischen gab es
sogar einen Onlinemarkt, doch Bruno wusste von Hercule, dass die besten
Geschäfte abgewickelt wurden, bevor der Markt
öffnete, und zwar draußen vor der Halle. Männer in altertümlichen Mänteln mit
geduldigen Hunden an ihrer Seite zogen diskret
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