Schwarze Diamanten (Bruno Bd 3)
die Mühe, einen Blick hier hereinzuwerfen. Abends kommt die übrig
gebliebene Ware unter den Hammer, und ich wette, bei diesen Auktionen ist
irgendwas faul.“
Hercule schlenderte um die Tische herum, auf denen die Verkäufer ihre
Waren in kleinen Körben anboten. Gelegentlich beugte er sich darüber und schnupperte.
„Riech mal“, sagte er. „Nicht schlecht, vielleicht sogar ein bisschen besser
als deine.“ Er kehrte dem Verkäufer den Rücken zu und flüsterte Bruno ins Ohr:
„Er verlangt fünfzig Euro für hundert Gramm. Du hast für deine mehr
rausgeschlagen und dir obendrein die Marktgebühr erspart.“
Er zupfte Bruno am Ärmel, nickte mit dem Kopf in Richtung Ausgang und
führte ihn und den Baron nach draußen. Sie gingen einen Hügel hinauf, am Turm
der Burgruine vorbei, deren Mauern dank einer mit Hingabe durchgeführten
Reinigungsaktion erstaunlich hell geworden waren und inmitten frischer
Rasenflächen einen unwirklichen Anblick darboten. Hercules Hund blieb stehen
und hob ein Bein am Sockel der Ruine, während sein Herrchen sportlich schnell
vorausschritt und die beiden Freunde über einen Feldweg zu seinem Haus führte.
Jedes Mal, wenn Bruno Hercules Haus betrat, staunte er, wie jemand wie
er, der immer wie ein Tölpel auftrat, tatsächlich lebte. Die Wände standen
voller Bücherregale. In vielen Bänden steckten kleine Notizzettel und
Lesezeichen, was darauf schließen ließ, dass sie häufig benutzt wurden. In den
wenigen Lücken zwischen den Regalen hingen Zeichnungen und Grafiken mit fremden
Schriftzeichen, die Bruno inzwischen einigermaßen unterscheiden konnte, weil Hercule
ihm die Eigenarten der in Vietnam, Kambodscha, Thailand, Laos oder China
verwendeten Schriftzeichen erklärt hatte.
Die Möbel waren alt, schwer und behaglich, durchweg aus dunklem, hartem
Holz und vietnamesischer Herkunft, wie Bruno inzwischen wusste. Vor dem Fenster
stand ein riesiger Schreibtisch voller Zeitungsausschnitte, mit einem Laptop
und gerahmten Fotos einer Asiatin mit Kind sowie einigen Bildern von
französischen Soldaten in altmodischen Uniformen. Der Baron nahm eines dieser
Fotos zur Hand und hielt es ans Licht.
„Bab el-Oued - zu einer Zeit, als wir dort noch willkommen waren. Hier,
diese Ecke am Saint-Eugene-Friedhof erkenne ich wieder“, sagte der Baron, als
Bruno ihm über die Schulter schaute. „Rechts, das ist General Massu höchstpersönlich.
Die Aufnahme muss 1957 gemacht
worden sein, als er den Algerienkrieg führte. - Ich wusste gar nicht, dass du
Massu so gut kanntest, Hercule.“ Er stellte das Foto zurück und betrachtete
seinen alten Freund. „Du hast doch irgendetwas auf dem Herzen. Erzähl schon.“
„Ja, es gibt da ein Problem. Ich glaube zwar nicht, dass ihr mir helfen
könnt, aber ich muss es einfach loswerden.“ Er ging in die Knie und zündete mit
einem Streichholz das Zeitungsnest unter dem Anmachholz im Kamin an, stand
wieder auf und beobachtete das Auflodern der Flammen.
„Etwas zu trinken? Kaffee?“ Sie schüttelten die Köpfe. „Es ist wegen des
Marktes. Da passieren merkwürdige Sachen. Einer der renifleurs - nicht der,
den ihr getroffen habt - sagt, einige seiner Großkunden in Paris hätten bemerkt,
dass ihnen Fälschungen angedreht worden sind, billige Chinatrüffeln und
beigemischter Ausschuss, der sich allenfalls für Trüffelöl und zum Würzen
gebrauchen lässt.“
„Gab's noch keine offiziellen Beschwerden?“, fragte Bruno.
„Damit halten sich die großen Hotels zurück, weil es ihrem Ruf schaden
könnte. Das sind Häuser, die für eine edle schwarze Perigord-Trüffel gut und
gerne bis zu anderthalbtausend Euro zahlen. Aber wenn sie sich betrogen
fühlen, werden sie nichts mehr kaufen.“
„Hast du irgendjemandem davon erzählt?“, erkundigte sich Bruno.
„Ja, dem Marktmanager Didier, doch der sagte, ich sei verrückt.
Daraufhin habe ich den Bürgermeister informiert. Aber auch der hat mich
abblitzen lassen mit den Worten, er habe eine Menge Geld in den Markt und eine
neue Ausstattung gesteckt, die sicherstellen solle, dass so etwas nicht vorkommen
könne. Nicco habe ich damit nicht behelligen wollen, er steht kurz vor seiner
Pensionierung. Darum wende ich mich an euch, vor allem an dich, Bruno. Du kennst
dich mit Trüffeln aus und weißt, wie wichtig sie für unsere Region sind.“
„Wie könnten diese chinesischen Trüffeln hierhergekommen sein?“
„Direkt vom dreizehnten Arrondissement an der Place d'Italie in Paris,
dem größten
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